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Mehr als ein HilfskonvoiEhrenamtler aus Rhein-Berg helfen bei Spielefesten im Krieg

Lesezeit 5 Minuten
Eine Ordensschwester steht mit Engelsflügeln und Heiligenschein inmitten von ukrainischen Kindern.

Engel für Geflüchtete: Ordensschwester Viktoriya organisiert mit ihrem Team Feste für Kinder in der Ukraine, unterstützt wird sie dabei auch von Hilfstransporteuren der Humanitären Hilfe aus Bergisch Gladbach und Overath.

Mit einer Ordensschwester im Tarnanzug haben Helfer aus Overath und Bergisch Gladbach in der Ukraine Spielefeste für geflüchtete Kinder gestaltet.

Was macht eine Ordensschwester im Krieg? Sie trägt militärische Tarnkleidung, Engelsflügel und einen Heiligenschein. Ordensschwester Viktoriya Andrushchyshyna steht in einer heruntergekommenen Turnhalle umringt von Kindern, lächelt und beginnt, mit den Kindern zu tanzen. Viele von ihnen haben ihre Väter bereits im Krieg verloren, fast alle mussten aus ihren Heimatorten im Osten der Ukraine flüchten.

An diesem Nachmittag in der Turnhalle unter den teils nur noch an einem Kabel von der Decke baumelnden Lampen aber scheint das für einen Moment weit weg zu sein, zaubert Schwester Viktoriya mit ihrem „Engel“-Team ein Lächeln aufs Gesicht. An diesem Nachmittag mit besonderer Unterstützung. Die Fahrerinnen und Fahrer des 13. Ukraine-Hilfskonvois der Humanitären Hilfe aus Overath und Bergisch Gladbach sind in das kleine Dorf gekommen, in dem heute das „Engelsfest“ stattfindet, und helfen mit.

Hilfstransporteur Alfons Clasen tanzt mit einem ukrainischen Kind beim „Engelsfest“ von Ordensschwester Viktoriya Andrushchyshyna (l.) für geflüchtete Kinder in der Ukraine.

Hilfstransporteur Alfons Clasen tanzt mit einem ukrainischen Kind beim „Engelsfest“ von Ordensschwester Viktoriya Andrushchyshyna (l.) für geflüchtete Kinder in der Ukraine.

Bobbycars haben die Brummi-Piloten, die gerade vier 40-Tonner-Sattelzüge mit Lebensmitteln, Medikamenten und weiteren Hilfsgütern, sowie einen Bus für weitere Evakuierungen von Menschen in den umkämpften Gebieten im Osten des Landes gebracht haben (siehe „Hilfe für Menschen, die alles verloren haben“), dabei.

Unglaublich, was die hier bewegen. Und sie zaubern den Kindern wirklich ein Lächeln ins Gesicht.
Thomas Migenda, Hilfstransporteur

Waren sie zwei Tage mit maximal Tempo 80 in ihren Hilfskonvoi-Lkw die 1600 Kilometer in die Ukraine gefahren, so geben die ehrenamtlichen Helfer nun mit den Kindern richtig Gas. Es gibt ein Wettrennen um kleine Pylone in der Turnhalle. Das macht auch den Kindern Spaß, die vergnügt, eines um das andere das kleine Auto besteigen und losflitzen.

Dann heißt es wieder: Tanzen. Trucker Alfons Clasen fasst ein Kind an den Händen, es könnte sein Enkel sein. Beide strahlen ohne die Sprache des jeweils anderen zu sprechen. In solchen Momenten ist das unwichtig. „Unglaublich, was die hier bewegen“, sagt Hilfskonvoifahrer Thomas Migenda, tief beeindruckt von der Arbeit von Ordensschwester Viktoriya und ihrem Team: „Und sie zaubern den Kindern wirklich ein Lächeln ins Gesicht.“

Es tut so gut, dass Ihr an uns denkt und zu uns kommt.
Viktoriya Andrushchyshyna, Ordensschwester in der Ukraine

Ob Sackhüpfen, Tanzspiel, Vater Unser beten oder ein ukrainisches Lied singen – Hand in Hand feiern die geflüchteten Kinder aus der Ostukraine und die Hilfstransporteure aus dem Bergischen in jenem kleinen Dorf ein Fest. An der Popcornmaschine, die ihnen der letztjährige Gladbacher Karnevalsprinz Andreas Kaldenbach für den Kinderfesteinsatz zur Verfügung gestellt hat, spielen Sprachbarrieren längst keine Rolle mehr.

Kinder fahren auf Bobbycars durch eine ukrainische Turnhalle.

Auch ein Bobbycar-Rennen haben die Helfer aus dem Bergischen  für die vor dem Krieg geflüchteten Kinder in er Ukraine organisisert.

„Es tut so gut, dass Ihr an uns denkt und zu uns kommt“, sagt Ordensschwester Viktoriya Andrushchyshyna, nachdem ihr der örtliche Bürgermeister zum Dank für ihren Einsatz eine Urkunde überreicht hat. Unterstützung aus Deutschland hat sie bislang noch nie gehabt. Aber es soll nicht die letzte sein. Das haben sich die Helferinnen und Helfer der Humanitären Hilfe fest vorgenommen.

Menschen in Rein-Berg haben Kamelle für die Kinderfeste in der Ukraine gesammelt

Und ein bisschen Kulturverständigung haben sie auch im Gepäck mitgebracht. Als es ans Verteilen der Süßigkeiten als Preise dafür die Wettspiele geht, erzählen sie mit Hilfe von Dolmetscher Paul Sowa den Kindern vom Karneval in Deutschland – und davon, dass zahlreiche Menschen nach den tollen Tagen im Bergischen die bei Karnevalszügen gesammelten Kamelle gespendet haben für die Kinderfeste in der Ukraine.

Die ukrainischen Kinder haben's sofort verstand und rufen am Ende begeistert „Kamelleee“. Keine Frage, dass sie von denen auch einige mit nach Hause nehmen dürfen – zurück in den Alltag abseits der Engelsfeste von Viktoriya Andrushchyshyna und ihrem Team. In einem Land, in dem der Krieg längst zum Alltag geworden ist – und noch mehr als Hunger, Frieren und Verlust des eigenes Zuhauses die Trauer schmerzt, so viele Eltern, Verwandte und Freunde durch den Krieg bereits verloren zu haben.

Wer die Ukraine-Hilfe der Humanitären Hilfe Bergisch Gladbach und Overath unterstützen möchte, kann sich an Norbert Kuhl von der Humanitären Hilfe Overath, 0170 / 350 30 40, oder Ulrich Gürster von der Humanitären Hilfe Bergisch Gladbach, 0179 / 458 24 44, wenden. Weitere Infos auch hier im Internet.


Hilfeersuchen in Klitschkos Rathaus

Zehn bis 24 Stunden Warten auf eine Ausreisemöglichkeit für die leeren Hilfskonvoi-Lastwagen aus der Ukraine sind keine Seltenheit, manchmal dauerte es sogar mehrere Tage.

Deshalb hat Norbert Kuhl von der Humanitären Hilfe Overath jetzt über den in Overath lebenden ehemaligen Boxer Henry Maske einen Kontakt zu dessen Weggefährten Vitali Klitschko geknüpft, der seit 2014 Bürgermeister von Kiew ist.

Norbert Kuhl sitzt mit Vertretern der Kiewer Stadtverwaltung bei einem Termin im Kiewer Rathaus auf der Suche nach einer Lösung fr die langen Wartezeiten auch für leere Hilfskonvoi-Lkw an der ukrainisch-polnischen Grenze.

Termin im Kiewer Rathaus auf der Suche nach einer Lösung fr die langen Wartezeiten auch für leere Hilfskonvoi-Lkw an der ukrainisch-polnischen Grenze.

Klitschko selbst trafen die Hilfstransporteure zwar nicht, seine Fachleute für internationale Beziehungen und das Transportwesen aber sagten Unterstützung bei einem Antrag an das zuständige ukrainische Ministerium zu, um die Grenzwartezeit für Hilfskonvois zu verkürzen. „Wenn das nicht klappt, finden wir bald keine ehrenamtliche Fahrer mehr“, ist Norbert Kuhl besorgt. (wg)


Abladen und über Butscha nach Kiew

Mit großer Unterstützung von Freiwilligen haben die Helfer die mehr als 66 Tonnen Hilfsgüter an der Kinderklinik im westukrainischen Lviv sowie in Chmelnyzkyj im Süden des Landes so schnell abgeladen, das nicht nur eine Delegation, sondern die komplette Gruppe ins Kiewer Rathaus fahren konnte, um für einen rascheren Grenzübergang vorzusprechen.

Männer entladen einen Bus in Chemlnyzkyj/Ukraine.

Beim Ausladen haben die Fahrerinnen und Fahrer des 13. Hilfskonvois von Humanitärer Hilfe Overath und Bergisch Gladbach zahlreiche Helfer im südukrainischen Chmelnyzkyj.

Ein Meer von kleinen Fähnchen steht auf dem Majdan von Kiew.

Für jeden in diesem Krieg für die Ukraine gefallenen Soldaten steht ein Fähnchen auf dem Majdan in Kiew.

Auf dem Weg dorthin besuchten die Hilfstransporteure auch die Bergisch Gladbacher Partnerstadt Butscha, die vor drei Jahren von russischer Besatzung wieder befreit worden war.

Hilfstransporteure aus de Bergischen schauen sich die 2022 beim Angriff auf Kiew gestoppten und ausgebrannten russischen Panzer bei Butscha an.

Betroffen sehen sich die Hilfstransporteure die 2022 beim Angriff auf Kiew gestoppten und ausgebrannten russischen Panzer bei Butscha an.

In der St.-Andreas-Kirche von Butscha werden die Humanitären Helfer aus dem Bergischen von Vertreterinnen der Stadt Butscha empfangen und begrüßt.

In der St.-Andreas-Kirche von Butscha werden die Humanitären Helfer aus dem ergischen von Vertreterinnen der Stadt Butscha empfangen und begrüßt.

Die Gedenkstätte an die zahlreichen zivilen Opfer von Gräueltaten der russischen Besatzer beeindruckte die bergischen Helfer ebenso tief wie das Meer von Fahnen auf dem Majdan in Kiew – jede steht für einen gefallen Soldaten. (wg)