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KindeswohlgefährdungenNRW-Statistiker bezweifeln Zahlen aus Rhein-Berg

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Bei Hinweisen auf Kindeswohlgefährdungen müssen die sechs Jugendämter in Rhein-Berg aktiv werden. 

Rhein-Berg – Das hat man auch nicht alle Tage: Das Statistische Landesamt, kurz IT.NRW, veröffentlicht eine Statistik, die die Arbeit der Verwaltungen in den 31 Landkreisen und 22 kreisfreien Städten widerspiegeln soll, versieht sie aber für genau eine der 55 Gebietskörperschaften mit dem Hinweis, dass es die Zahlen selbst nicht so ganz glaubt. Betroffen ist ausgerechnet der Rheinisch-Bergische Kreis, und es geht um das äußerst brisante Thema der Kindeswohlgefährdungen.

Geben Schulen, Nachbarn oder Justizbehörden Hinweise auf Misshandlung oder Missbrauch, müssen die Jugendämter tätig werden. Sind diese Verfahren 2021 mehr geworden oder weniger? Und warum? Landesweit gibt IT.NRW eine klare Antwort: Es sind mehr Verfahren geworden. „Im Jahr 2021 haben die Jugendämter in Nordrhein-Westfalen im Rahmen ihres Schutzauftrags in 55 363 Fällen eine Einschätzung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorgenommen“, schreiben die Statistiker. „Das waren 1,9 Prozent mehr als im Jahr 2020 (54 347) und 40,2 Prozent mehr als im Jahr 2017 (39 478).“

Unterm Strich Rückgang in Rhein-Berg?

In Rhein-Berg sieht das anders aus. Hier sind insgesamt sechs Jugendämter tätig. Laut Landesstatistik gaben sie 2021 nur noch 898 solcher Einschätzungen ab gegenüber 1135 im Jahr 2020. Und 2017 waren es in Rhein-Berg 1016 Verfahren gewesen. Jedoch erklären die Düsseldorfer Statistiker in einer Anmerkung für die Zahlen aus Rhein-Berg – und nur für diese - dass die „Aussage eingeschränkt“ sei: „Wert kann Fehler aufweisen.“ Woran das denn konkret gelegen hat, teilt IT.NRW nicht mit.

Um die Frage nach der Situation der Kinder und der Arbeit der Jugendämter im Kreisgebiet doch noch zu beantworten, hat die Redaktion am Mittwoch die Jugendämter direkt oder über die jeweilige Verwaltung gebeten, ihr die zuvor vom Land abgefragten Zahlen bis Freitagmittag zu übermitteln. Nicht alle haben Ämter haben zunächst darauf reagiert.

Weniger Fälle in Kürten, Odenthal und Burscheid

Für das Jugendamt des Rheinisch-Bergischen-Kreises, zuständig für die Gemeinden Kürten und Odenthal und die Stadt Burscheid, teilte Kreissprecherin Nina Eckardt mit, dass 2021 insgesamt 238 Gefährdungsmeldungen aufgenommen und bearbeitet worden seien: 99 in Burscheid, 95 in Kürten und 44 in Odenthal. Das entspreche einer Reduzierung von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.

2020 hatte es laut Kreis in Kürten 105, in Odenthal 50 und in Burscheid 101 Meldungen mit 411 betroffenen Kindern gegeben. In jeweils etwa einem Viertel der Fälle habe es eine akute Gefährdung, eine latente Gefährdung, Unterstützungsbedarf oder gar kein Handlungsbedarf festgestellt.

Overath hat mehr Fälle, Wermelskirchen unverändert

In Overath ist die Zahl der Überprüfungen laut Bürgermeister Christoph Nicodemus von 51 auf 86 gestiegen. Der Verwaltungschef: „Damit wurden im Jahr 2021 deutlich mehr (!) Fälle geprüft als 2020.“ Auch die Ergebnisse der Überprüfungen haben sich an Agger und Sülz geändert: Wurde 2020 nur sieben Mal vom Jugendamt eine akute Gefährdung bejaht und zu Schutzmaßnahmen gegriffen, stieg die Zahl 2021 auf 22 Fälle.

Beinahe unverändert blieb die Zahl der Verfahren in Wermelskirchen: 66 Verfahren im Jahre 2020, 65 im Jahre 2021, wobei die Zahl der akuten Gefährdungen laut Amtsleiterin Barbara Frank von sechs auf acht stieg.

Zunächst keine Antworten auf die Anfrage der Redaktion gab es aus Bergisch Gladbach, Rösrath und Leichlingen.