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Gasthaus in der DellingNeue Pächter wollen mit bergischer Gastfreundlichkeit punkten

Lesezeit 4 Minuten

Mit bergischer Gastfreundlichkeit wollen Shinu Kavelil und Nadine Schwarz punkten. Das Ehepaar war zuvor in einer Ferienanlage auf den Malediven tätig.

Kürten – Die schwere Holztür, die in die Gaststube führt, ist noch genauso wuchtig, wie sie Generationen von Wirtshausgästen erlebt haben. Das ist die Tradition im Ausflugs,- Wander- und Erholungsort Delling. Innovation findet sich hinter der Tür, im Gastraum mit der altbergischen Dröppelmina auf dem Tresen.

Neue, schicke Tische, fein eingedeckt, eine einladende Bestuhlung mit hellblauer Optik, eine Atmosphäre zum Ausspannen. Auch in den hinteren Gasträumen ist das Inventar ausgetauscht, das Innere umfassend erneuert worden. Und es gibt in der Delling ein Ehepaar, das in der Gastronomie aufgeht: Shinu Kavelil (27) und Nadine Schwarz (30). Seit kurzer Zeit hat das erste Haus am Platz wieder geöffnet. Anderthalb Jahre war geschlossen, kein Pächter traute sich in das bergische Fachwerk, das so traditionsreich ist.

Koch im Fünf-Sterne-Resort

Wir könnten auch ganz anders beginnen, weit entfernt von Kürten-Delling und dem Bergischen. Zum Beispiel in einem Urlaubsresort auf den Malediven. Shinu Kavelil, gebürtig aus der südindischen Provinz Kerala, arbeitete im Fünf-Sterne-Ferien-Resort als Koch. „Koch ist meine Berufung“, sagt er überzeugt. Nadine Schwarz, die im Klosterrestaurant von Maria Laach/Eifel Konditorin gelernt hat und aus der bergischen Stadt Burscheid stammt, war dort in der Patisserie tätig, zuständig für feine Kuchen.

Shinu Kavelis ist ausgebildeter Koch. Zusätzlich zu deutschen Gerichten gibt es immer auch ein Angebot aus seiner indischen Heimat.

Irgendwann liefen sich Nadine Schwarz und Shinu Kavelil über den Weg. Die beiden fanden einander sympathisch. Vor zwei Jahren wurde geheiratet. Weil aber „immer nur Thunfisch und Wasser“ auf Dauer langweilig ist (Nadine Schwarz), siedelten die beiden nach der Heirat nach Deutschland über, Shinu Kavelil fand eine Anstellung auf Gut Landscheid, dem Tagungszentrum in Burscheid. Dann kommt Nadine Schwarzs Mutter ins Spiel, die in Bergisch Gladbach arbeitet und eine Arbeitskollegin aus Lindlar-Linde hat.

Herzliche Aufnahme in Delling

Über Umwege drang die Kunde vom verwaisten Gasthaus In der Delling zu Koch und Konditorin. So nahmen die Dinge ihren Lauf. In Delling sind die „Neuen“ herzlich aufgenommen worden, von Eigentümerin Monika Irlenbusch, von Pastor Ralph Knapp, der beim ersten offiziellen Treffen dabei war und von den Dellinger Schönheiten schwärmte.

Dabei war der allererste heimliche Besuch fast ins Leere gelaufen. „Wir wollten mal schauen, was uns erwartet“, verrät Nadine Schwarz. Also fuhren die beiden, die in Wermelskirchen-Dabringhausen wohnen, mal hin nach Delling. Und standen vor verschlossener Fachwerkstür. Nix los in Delling. Vor der Tür aber fiel ihnen die kleine Kühlbox auf, die Monika Irlenbusch aufgestellt hatte. Wanderer konnten eine Erfrischung nehmen und auf Treu einen kleinen Obolus hinterlassen. „Wenn so etwas hier funktioniert, muss der Ort besonders sein“, findet Nadine Schwarz.

Alle Gasträume sind neu gestaltet worden. Das Ambiente wirkt einladend und freundlich.

Von Delling, gesteht die Konditorin, habe sie vorher nichts gewusst. Das hat sich schnell geändert in den vergangenen Wochen, die Dellinger haben die Neuen ins Herz geschlossen. Die Kirche in Blickweite, das evangelische Pfarrhaus, Pastorat, ein paar hingetupfte Häuschen: Der Dellinger Kosmos hat seinen ganz eigenen Charme. Davon schwärmt auch Shinu Kavelil. „Delling ist schöner als die Malediven“, meint er. Zwar gebe es keinen Strand, dafür aber viele grüne Wiesen und grasende Kühe. Schaue er aus dem Fenster, habe er direkt Idyllisches im Blick. Und mit dem Strand sei es auch nicht so toll gewesen auf den Malediven, alles abgesperrt für die Touristen.

Aushilfen für Küche und Service gesucht

Die Wanderer haben schon bemerkt, dass das Gasthaus wieder geöffnet hat, Radfahrer und Motorradfahrer auch. „Wir liegen ja direkt am Kürtener Mühlen-Wanderweg“, erklärt Nadine Schwarz, die anfangs noch fürchtete, Delling sei viel zu weit abseits. Falsch: Besonders an den Wochenenden hatte das Paar schon alle Hände voll zu tun, weshalb noch Aushilfen für Service und Küche gesucht werden.

Kleine Gerichte zu zivilen Preisen werden auf der Karte geführt. Von 12 bis 14 Uhr gibt es die Mittagskarte, bis 18 Uhr ist Kaffeezeit mit Kuchen und Waffeln, ehe es abends warme Küche gibt; montags ist Ruhetag. „Immer ein Gericht aus meiner Heimat ist auf der Speisekarte“ verrät Shinu. Aktuell Chicken Masala mit Basmati-Reis. Der Inder hält engen Kontakt zu seiner Familie und den Freunden in seiner indischen Heimat, die Verbindungen sollen bleiben. Mit dem ebenfalls aus Indien stammenden Pater Lijo Francis, der im Nachbarort Olpe wohnt, hat er sich schon in der Landessprache unterhalten. Was alles in Delling möglich ist . . .

Neubau im Jahr 1912

Der Vorgänger des heutigen Fachwerkhauses mit Gaststätte war einst Teil des Dellinger Pastoratguts. Schon 1620, zu Zeiten der Gegenreformation, feierten die reformierten Christen im Dellinger Gutshaus ihren Gottesdienst. 1707 gelang der Kauf des Gutes, die Landwirtschaft diente dem Unterhalt des Pastors. Als 1834 die Kirche gebaut wurde, verkauften die Christen das Gut.

Eigentümer Daniel Berkey soll als erster eine kleine Gaststätte eingerichtet haben. Berkeys Nachfolger Gustav Schmidt verursachte 1911 beim Räuchern von Wurst einen Großbrand. Die Überlieferung besagt, dass Schmidt die Nachbarn vom Löschen abhielt, um sicherzugehen, dass die Feuerversicherung ihn auszahlte. Nur die Bierfässer rettete er vor den Flammen.

1912 gelang Schmidt mit Hilfe der Versicherungssumme der Neubau das Fachwerkhauses. Die Wirtschaft blieb in der Familie, bis 2010 betrieben die Eigentümer Waltraud und Peter Haak die Gaststätte. Sie verkauften an Monika Irlenbusch, die anderthalb Jahre nach Pächtern suchte. (cbt)