GastronomieDie neuen Pächter des Hauses Oessenich in Kürten wahren die Tradition

Balkanspezialitäten und deutsche Klassiker gibt es bei (v. l.) Miroslav Bjelobrk, Uwe-Peter Ulrich und Savo Bjelobrk.
Copyright: Klaus Daub
Kürten – „Schönen Tag, mein Freund“, sagt Savo Bjelobrk, als sich die Schwingtür in die Gaststube öffnet. Ein neuer Gast ist hereingekommen, der Wirt begrüßt ihn herzlich.Wer zu Savo und zu seinem Sohn Miroslav kommt, spürt sofort die familiäre Atmosphäre. Savo macht den Service, Miroslav Bjelobrk ist Pächter in Haus Oessenich in Kürten-Dürscheid. In der Küche ist Peter Ulrich Herr über Pfannen und Töpfe. Balkanspezialitäten werden ergänzt durch eine Wochenkarte mit deutschen Klassikern.Im vergangenen Jahr hatten sich viele Dürscheider Sorgen gemacht. Ihr Traditionslokal hatte Knall auf Fall geschlossen, die Zukunft der Gaststätte nach fast 170-jähriger Wirtshausgeschichte schien ungewiss. Dann aber kam die Wende, mit neuen Eigentümern und neuen Pächtern. „Auch die Schneiders sind froh, dass wir wieder aufgemacht haben“, sagt Miroslav Bjelobrk. Die Schneiders – das sind die Brüder Christian und Sebastian – führen in Sichtweite erfolgreich den Dürscheider Hof, mit Theke, Speisewirtschaft und einem kleinem Hotel.
Nachbarn waren besorgt
Zwei alteingesessene Gasthäuser in Nachbarschaft: So etwas ist mittlerweile ungewöhnlich geworden in den bergischen Dörfern. In Dürscheid haben beide Lokale eine lange und gute Tradition, die gemeinsam bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreicht, früher noch bereichert um den Ziegelsteinbau von Haus Buchholz auf der anderen Straßenseite (heute Grill und Spielhalle) und zwei weitere Restaurants nahe Steeg. Der Dürscheider Hof hat sogar eine rund 350-jährige Tradition als Gasthaus. „Dürscheid ist heute groß genug für zwei Häuser“, sagt Savo Bjelobrk. Die Nachbarn vom Dürscheider Hof seien besorgt gewesen, dass Haus Oessenich nicht mehr aufmachen könnte.Zum Neustart im Dezember hat sich das Innenleben des Restaurants etwas verändert. Vieles in den beiden vorderen Gasträumen ist erneuert worden, der typisch-bergische Wirtshaus-Charme aber ist erhalten geblieben. Auch den Thekenbetrieb gibt es weiterhin. „Wir haben unsere Stammgäste hierhin mitgebracht“, sagt Miroslav Bjelobrk. „Aber hier gibt es im Vergleich zum Forellenhof mehr Laufkundschaft.“ Die letzten Jahre hatte die Familie das Restaurant Forellenhof im kleinen Odenthal-Höffe geführt, zuvor Haus Wollersheim an der B 506 zwischen Bechen und Wipperfürth. Zwei Jahrzehnte an Berufserfahrung bringt Savo Bjelobrk mit, sein Sohn ist gelernter Restaurantfachmann. Mit Uwe Peter Ulrich gibt es zudem einen Koch, der viele Jahre im Landhaus Kovelenberg in Solingen und zuvor auf dem Kürtener Gut Hungenbach bei Dr. Hildegard von Fragstein gearbeitet hat. Bis zum Frühling soll der Biergarten fertig umgestaltet und „betriebsbereit“ sein. Was aus der alten Kegelbahn (sie stammt von 1941) wird, ist derweil noch offen.
Organist und Küster
Im Gastraum steht auf dem Holzbalken die Jahreszahl „Anno 1847“. Ein Heinrich Oessenich senior gilt als Begründer des Gasthauses um die Mitte des 19. Jahrhunderts, auch als Organist und Küster war er im Dorf bekannt. Sohn Heinrich junior übernahm nach dem Tod des Vaters die Gastwirtschaft und richtete außerdem einen Kolonialwarenhandel ein. Das waren die goldenen Zeiten der Dürscheider Gastwirte. Besonders zu den Kirmestagen war in allen drei Häusern pralles Leben, als Tanzlokal diente Haus Buchholz, bei Oessenich gab es eine Sektbar, im Dürscheider Hof eine Weinlaube. Zelte vor den Lokalen gab es zusätzlich, auf den Straßen feierten die Dürscheider ihre Feste. Gerne hängten die Bauern den Montag ans Festwochenende an; auf dem Lande konnten sich die meisten Menschen ihre Hofarbeiten feiergünstig einteilen. Willy Oessenich, Gastwirt, Küster und Organist in dritter Oessenich-Generation und vielfältig im Dürscheider Vereinsleben aktiv, baute nach dem Zweiten Weltkrieg die Aktivitäten weiter aus. Kohlenhandel und Tankstelle kamen hinzu. Als Gründungslokal und langjährige Hofburg der Karnevalsgesellschaft Dürscheder Mellsäck schrieb das Haus kräftig an der Ortsgeschichte mit. Zuletzt hatte Heinrich Oessenichs Urururenkel Achim Oessenich in fünfter Generation das Traditionshaus geführt – bis zum Wechsel 2015. Mit Miroslav und Zabo Bjelobrk wird nun ein neues Kapitel aufgeschlagen.www.haus-oessenich.com