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Fahrtwunsch schnöde ignoriertMitfahrerbänke-Projekt läuft in Kürten schleppend an

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Die Mitfahrerbank mit dem Zielanzeiger Dürscheid. Das Mitnahmesystem soll die Beförderung auf dem Land stärken.

Kürten – Der Renault-Fahrer winkt. Ja, danke dafür. Winken ist wie antäuschen, knapp vorbei. Halten tut er nicht. Vielleicht kennt der winkende Autofahrer die Mitfahrerbank in Kürten-Mitte ja noch nicht. Ist ja noch neu, diese rote Sitzgelegenheit an der Ecke Wipperfürther/Wermelskirchener Straße, in Sichtnähe zur Bushaltestelle. Seit Dezember warten sechs dieser Bänke auf Mitfahrer. Sie stehen in Kürten-Ort, in Eichhof, Olpe und Blissenbach. Im Frühjahr kommen noch neun dazu. Auch in Odenthal-Neschen steht eine.

So geht es

Für das Mitnehmen und Mitfahrer sollten einige Tipps beachtet werden: alles geschieht freiwillig, Mitfahrer sind über die Haftpflicht des Fahrzeughalters versichert, Mitnehmen und Mitfahren auf eigene Gefahr, es entstehen keine Verpflichtungen, Kinder unter 12 Jahren nur mit Kindersitz mitnehmen.

Projektpartner sind Kürten, Odenthal, Burscheid und Leichlingen, Leader Bergisches Wasserland und Kreis. Die Bänke hat Covestro gespendet. (cbt)

Die ältere Dame, die an diesem Vormittag auf den Bus nach Bergisch Gladbach wartet, hat die neue Bank auch schon gesehen. Aber sie weiß nicht, wie das Mitfahren funktioniert. „Ach, die Tafeln sind zum umklappen?“, fragt sie erstaunt. So ist es. Auf den Tafeln sind die Wunschziele angebracht, an dieser Station Dürscheid, Olpe, Bechen oder Wipperfürth. Für die kleinen Fahrten zwischendurch sollen die Mitfahrerbänke ideal sein.

Wer zufällig in die gleiche Richtung muss, hält an und lässt den Mitfahrer einsteigen. Biesfeld und Eichhof, die Orte, die zwischen Kürten und Dürscheid liegen, wären wohl auch nach Absprache erreichbar. Die Seniorin ist aber zunächst zurückhaltend. „In ein fremdes Auto einsteigen? Das ist mir zu gefährlich.“

Die Kürtener sind an diesem Morgen eher zurückhaltend, was das Mitnehmen betrifft. Das weiße Zielschild ist korrekt ausgeklappt, in Richtung Dürscheid soll es gehen. Aber der Fahrtwunsch wird schnöde ignoriert bei zwei Grad im Kürtener Nieselregen. Schnell werden die Finger trotz warmer Handschuhe kühl. Und überdacht ist nur die zehn Meter entfernte Haltestellen-Sitzbank, nicht die Bank für die Mitfahrer.

„Was es nicht alles gibt!“

Ein Herr mit zwei Gehhilfen kommt vorbei, er will auf den Bus warten. Die Umklapptafeln an der Mitfahrerbank begutachtet er interessiert. „Was es nicht alles gibt“, sagt er freundlich grüßend. Abgeneigt ist er nicht, dennoch nimmt er lieber den Bus. Der kommt hier immerhin tagsüber vier Mal stündlich vorbei, spätabends allerdings nicht mehr. Auf der anderen Straßenseite stehen drei weitere Bänke im Rücken von Stockhausen-(Park-)Platz und Rathaus.

Eine halbe Stunde warten wir auf freundliche Autofahrer, aber offenbar ist das Angebot auch bei ihnen noch nicht angekommen. Busse halten, sie öffnen und schließen ihre Einstiegstür. Die Busfahrer schauen fragend und fahren weiter. Olpe und Wipperfürth sind mögliche Mitfahrerbank-Fahrtziele ortsauswärts von Kürten. Aber nach Olpe und Wipperfürth will gerade kein Autofahrer. So ist es manchmal im Leben, nicht immer passt es.

Ein Klappschild ganz ohne Ziel gibt es in Kürten übrigens nicht. Eigentlich sollte eines vorhanden sein für alle, die sich einfach nur mal kurz auf die Bank setzen möchten.