Neuanfang in Rhein-BergGebraucht, aber in gutem Zustand
Rhein-Berg – Der junge Mann kramt nervös in den Taschen seiner Jogginghose. Fünf Euro fehlen noch. Linke Tasche, rechte Tasche und noch einmal die linke. „Lass gut sein, nimm den Schrank mit“, sagt Karl Franken und klopft dem jungen Mann auf die Schulter. Franken leitet das Sozialkaufhaus Emmaus in Bergisch Gladbach. „Wenn wir merken, dass die Leute bedürftig sind, dann gehen wir auch schon mal mit dem Preis runter“, sagt er, als der junge Mann die rund 2 000 Quadratmeter große Lagerhalle verlassen hat. Für Viele, die in Bergisch Gladbach einen Neuanfang wagen, ist die Halle eine wichtige Anlaufstelle.
Jeden Tag kommen Flüchtlinge und Asylbewerber in den Kreis, in ihrer Heimat haben sie fast alles zurückgelassen: Häuser, Wohnungen, Möbel, Kleidung. Sie müssen hier quasi bei Null anfangen. Das ist nicht nur für sie, sondern auch für die Stadt, in der sie unterkommen, ein großes Problem. Abgesehen von dem Zwang, geeignete Räume zu finden, mangelt es den Kommunen in Rhein-Berg häufig an Einrichtungsgegenständen für Unterkünfte. Man ist angewiesen auf die Spenden aus der Bürgerschaft. Und diese Sachspenden fließen reichlich. Die überzählige Couch, der ausrangierte Kühlschrank oder auch ganze Schrankwände werden den Städten und Gemeinden angeboten. „Wir sind sehr dankbar für die Hilfen“, sagt Bergisch Gladbachs Pressesprecher Martin Rölen. Allerdings müssten Angebot und Nachfrage auch zusammenfinden: „Eine Vier-Meter-Schrankwand passt selten in eine Flüchtlingsunterkunft.“
Ohnehin dürfen die Kommunen in der Erstunterbringung nicht aufstellen, was sie gerade haben: „Es gibt genaue Richtlinien hinsichtlich der Erstausstattung“, sagt Rösraths Beigeordneter Ulrich Kowalewski. Stahlbetten sind vorgeschrieben – wahrscheinlich, um die Brandgefahr zu verringern – wie auch Kochutensilien und ein abschließbarer Spind für den persönlichen Bedarf. Wenn den Flüchtlingen oder anerkannten Asylbewerbern aber später eine feste Wohnung zugewiesen werden kann, dann kommen die Spenden aus der Bürgerschaft zum Tragen. Da passt auch schon mal eine Couch rein oder ein Schrank. Viele dieser Spenden landen im Sozialkaufhaus von Karl Franken. „Wir achten aber schon darauf, dass die Möbel intakt sind, Sperrmüll wollen wir nicht“, sagt er. Gut erhaltene Möbel holen seine Mitarbeiter zu Hause bei den Spendern ab. Das Konzept des Sozialkaufhauses funktioniert seit fünf Jahren, Träger ist der Kölner Verein Puto. Inzwischen ist die Einrichtung für die Stadtverwaltung in Bergisch Gladbach ein fester Ansprechpartner.
Ähnlich läuft es in den anderen Kommunen im Kreis. Auch sie haben das Einsammeln und die Verteilung der Möbelspenden mittlerweile an gemeinnützige Einrichtungen übergeben. In Rösrath kümmert sich der Verein „Arbeit für Rösrath (AfR)“ darum und in Overath die Einrichtung „Fundus“, hinter der die Stadt und die Caritas stehen.
Zurück ins Berufsleben
Derartige Projekte verfolgen meist zwei Ziele: Einmal wird dringend benötigtes Mobiliar beschafft. Andererseits kann versucht werden, Langzeitarbeitslose über handwerkliche Tätigkeiten in diesen Vereinen oder Organisationen wieder ins Berufsleben zu integrieren. „Die Eingliederung von Drogenabhängigen beispielsweise ist uns ganz wichtig“, sagt Franken vom Sozialkaufhaus Emmaus. Einige seiner 13 Mitarbeiter hätten auf dem normalen Arbeitsmarkt ihre Schwierigkeiten.
In der Gemeinde Odenthal hat sich ein „Arbeitskreis Asyl“ gegründet, der sich auch um die Akquise von Mobiliar kümmert. In Kürten gibt es die „Initiative Fluchtpunkt Kürten“. Allen gemein ist ein Problem: Für die Zwischenlagerung von Möbeln gibt es oft zu wenig Platz. In Kürten werden deshalb gleich die Hausmeister der Unterkünfte eingeschaltet, die am besten wissen, wo was gebraucht wird. „Am besten läuft die Grundausstattung Tisch, Bett und Schrank“, sagt Franken.
Bücher nimmt er inzwischen gar nicht mehr an. „Da haben wir mehr als 200 Kartons im Lager.“ Gern gesehen ist auch weiße Ware, also Kühlschränke, Waschmaschinen, Kochplatten. Sie müssen natürlich funktionsfähig sein.
Der Arbeitskreis Asyl in Odenthal nimmt allerdings keine Elektrogeräte an, wegen der Brandgefahr. Vereinzelt können aber funktionsfähige Fernseher weitervermittelt werden.
Kontakt Second-Halle Emmaus: (0 15 2) 28540306, Büro für Flüchtlingshilfe, Volberg 4, mittwochs 9-12 Uhr, (02205) 90 100 815