NRW-WahlAbgeordnete aus Rhein-Berg wollen Fokus auf ÖPNV legen
Rhein-Berg – Der Tag nach der Wahl ist einer zum Aufräumen. Nicht nur an den Straßenrändern, wo gestern Morgen bereits die ersten Großplakate eingesammelt wurden. „Regierung ist aufwendiger als Opposition, aber auch schöner“, sagt Holger Müller in seinem CDU-Wahlkreisbüro.
Noch vor der ersten Sitzung der CDU-Fraktion am Dienstagvormittag hat der zweite rheinisch-bergische Wahlsieger Rainer Deppe die bergischen Abgeordneten zu einem Treffen nach Düsseldorf eingeladen. „Die bergische Regionalgruppe wird mit 14 von 72 Abgeordneten künftig die stärkste Regionalgruppe in der CDU-Fraktion sein“, sagt der Politiker. Das dürfte der Region innerhalb der stärksten Fraktion ein gehöriges Gewicht verschaffen. Genau dies möchte Deppe vom ersten Tag an auch nutzen.
„Ich bin ja ein sachbezogener Mensch“, sagt er und hält auf die Frage nach persönlichen Zielen in der künftigen Regierungskoalition den Ball gewohnt flach: „Mir geht es darum, von den angekündigten Themen möglichst viel rasch umzusetzen. Wie, das ist erst einmal zweirangig.“ Schon dass am Abend bei der Siegesfeier der CDU im Gladbacher Wirtshaus Am Bock, als er spät aus dem Kreishaus kam, „Simply The Best“ von Tina Turner gespielt wurde, war Deppes Sache nicht. „Auch wenn’s schon schön war, dass wir es geschafft haben.“ Der Overather will möglichst schnell zur Sachpolitik finden.
Deppe will ÖPNV neu aufstellen
In jedem Fall stelle die Regionale 2025 eine große Chance für neue Projekte in der Region dar, so Deppe. „Gerade aus der Regierung heraus lässt sich da natürlich viel mehr Einfluss nehmen als aus der Opposition, auch um Gelder für Projekte zu bekommen.“
Entscheidende Bedeutung misst Deppe auch der Neuaufstellung des ÖPNV-Bedarfsplanes zu. „Da müssen wir unbedingt zusehen, dass unsere Projekte von der Linie 1 bis zur Takt-Verdichtung auf der RB 25 da reinkommen.“ Sein Landtagskollege Müller ist sich sicher: „Von uns beiden muss in jedem Fall einer in den Verkehrsausschuss.“ Und was ist mit der unterschiedlichen Haltung zum Gladbacher Bahndamm als potenzielle Trasse für einen Autobahnzubringer? Müller: „Es gibt eine Menge anderer wichtiger Themen.“
Auch gebe es durchaus Dinge, die die CDU anders machen müsse als bei ihrem Landtagswahlsieg von 2005: „Wir müssen die Zusammenarbeit mit den Landräten und Bürgermeistern besser organisieren – das Verhältnis zum Land muss stimmen“, sagt Müller. Neben den beiden Landtagsabgeordneten wird noch ein Rhein-Berger in Düsseldorf tätig sein: Wolfgang Bosbach, der voraussichtlich eine Kommission zu inneren Sicherheit in NRW leiten wird. „Wir sind froh, dass er dabei ist“, sagt Deppe, und beim Thema Innenpolitik gebe es ja auch keine Überschneidungen.
Für die bevorstehende Bundestags- und rheinisch-bergische Landratswahl im Herbst sehen die beiden frisch gewählten CDU-Landtagsabgeordneten ihre Partei gut aufgestellt: „Die Mannschaft will gewinnen, das hat man gespürt“, sagt Kreisparteichef Rainer Deppe. „Und so ein Ergebnis beflügelt“, findet Müller.
Listenplatz reichte nicht für Heike Engels
Ein wenig hatte sich Heike Engels (SPD) trotz ihrer klaren Niederlage gegen Müller ja noch Hoffnung auf den Sprung nach Düsseldorf gemacht. Aber ihr Listenplatz 37 reichte nicht aus. Der SPD-Kreisvorsitzende Robert Winkels sagte gestern: „Wenn wir Sozialdemokraten unsere Anliegen nach Düsseldorf bringen wollen, dann werden wir das über Kölner Landtagsabgeordnete tun müssen.“
Eine bittere Stunde also für die SPD. „Eine ganz bittere Stunde“, sagt Helene Hammelrath. SPD-Landtagsabgeordnete, die 2012 als Direktkandidatin Holger Müller besiegt hatte und aus persönlichen Gründen nicht erneut antrat. Sie verfolgte die Wahlentwicklung zu Hause. „Ich kann es überhaupt nicht fassen. Haben denn die Menschen vergessen, wie das mit der CDU/FDP-Landesregierung 2005 bis 2010 war?“ Natürlich wünsche sie für das Land das Allerbeste, aber sie sei skeptisch. Sie ist zum Beispiel eine Kämpferin für den Autobahnanschluss d über den Alten Bahndamm. Der Koalition aus SPD und Grünen stellte sie ein gutes Zeugnis aus: „Auch wenn das bei den Menschen ganz offensichtlich nicht so angekommen ist.“
Hoher Sortieraufwand verzögerte Auszählung
Die Wahlleitung beim Kreis stellte bei der Landtagswahl keine Besonderheiten oder Unregelmäßigkeiten fest. Zeitlich sei man mit den Ergebnissen etwas nach hinten gerutscht. Alexander Schiele, Pressesprecher beim Kreis: „Es haben 31 Parteien kandidiert, und das erforderte einen hohen Sortieraufwand.“ Hinzu komme, dass die Zahl der Briefwähler extrem zugenommen habe. Gaben 2012 noch 16,1 Prozent aller Wähler ihre Stimme per Brief ab, waren es 2017 stolze 20,8 Prozent. Die Anzahl der Briefwahlvorstände, also die Auszähler, ist aber in den Kommunen nicht erhöht worden. Auch das habe zu leichten Verzögerungen geführt. Unterm Strich sind die Verantwortlichen aber sehr zufrieden. Morgen tagt der Wahlausschuss. Schiele: „Er wird feststellen, dass alles ordnungsgemäß war.“ (nie)