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Glatze entlastet AngeklagtenLanghaariger soll in Odenthal Anwohner angefahren haben

Lesezeit 3 Minuten
Schöffengericht 190722

Gerichtssaal in Bensberg.

Odenthal/Bergisch Gladbach – Ein Fall aus der Reihe „Prozesse, die die Welt nicht braucht“: Aus einer Gerichtsverhandlung um einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ am Tag der Flutkatastrophe, dem 14. Juli 2021, in Odenthal, ist am Donnerstagmittag ein 51-jähriger Angeklagter mit einem Freispruch allererster Klasse heraus gegangen.

Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte Rainer M. (Name geändert), einem Mann mit markanten Haartracht – auf dem Kopf eine Glatze, rund um den Mund ein langer Bart – vorgeworfen, er sei am Nachmittag des 14. Juli ganz besonders rücksichtslos unterwegs gewesen. Da sei er nämlich in einem Kleinwagen mit dem einprägsamen Kennzeichen „K - OT ...“ auf einer Straße in Odenthal unterwegs gewesen, die ein Anwohner mit seinem quer gestellten Fahrzeug blockiert hatte.

Improvisierte Straßensperrung in der Not

Grund für die Sperre: Weiter hinten bemühten sich Gemeindemitarbeiter, einer Fahrbahnüberschwemmung Herr zu werden, und weil sie gerade nichts zum Absperren dabei hatten, baten sie den Anwohner nach dessen Worten um seine Hilfe. Den Kleinwagen-Fahrer interessierte das alles aber kein bisschen: „Ich muss da durch“, soll er gesagt haben, und als der Anwohner ihn trotzdem nicht ließ, sei er losgesaust und habe dabei den Odenthaler am Bein erwischt, zu Fall gebracht und verletzt.

So weit, so schlimm. Was den Fall aber problematisch machte, war der Umstand, dass die von dem Verletzten beschriebene Langhaarfrisur so gar nicht zur Haartracht des Angeklagten passte. Und Verteidiger Dr. Tobias Klüsener versicherte im Prozess, dass sein Mandant, den er schon sehr lange kenne, die Glatze schon ewig trage. Damit aber nicht genug: Wie er gerade erst von seinem Mandanten erfahren habe, sei der zur Tatzeit gar nicht im Rheinland, sondern nachweislich auf dem Weg nach Österreich gewesen.

Angeklagter bietet Blick auf Unterarm-Tattoos an

Noch weiter entlastet wurde der seit mehr als zehn Jahren nicht mehr verurteilte Angeklagte durch die Zeugenaussage des verletzten Odenthalers: Der konnte nämlich den am Donnerstag trotz hochsommerlicher Temperaturen mit langärmeligen Hemd auf der Anklagebank sitzenden Mann nicht als Täter identifizieren.

Auf das Angebot des Angeklagten, seine Ärmel hochzukrempeln und seine markanten Tätowierungen zu zeigen („Wenn er die Tattoos gesehen hätte, würde er sich erinnern“), griff Richterin Birgit Brandes nicht zurück. Stattdessen hörte sie noch die aktuelle Lebensgefährtin des Angeklagten, die für die letzten zwei Jahre die sparsame Haartracht von Rainer M. ebenfalls bezeugen konnte.

Blieb die Frage, wie die Ermittler überhaupt auf den 51-Jährigen aus dem linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis gekommen waren. Ganz einfach: Sie hatten die Eigentümerin des Fahrzeugs angeschrieben und die hatte den Angeklagten – ihren Ex-Freund – angegeben. Tatsächlich sei der Wagen aber von einer Vielzahl von Fahrern benutzt worden, so der Verteidiger.