Odenthal – Wenn der WDR dem kleinen Weiler Osenau eine Extraausgabe widmet, hätten die Silvestergäste der Familie Quanz, die Nachbarschaft, eigentlich hellhörig werden müssen. Taten sie aber nicht, sie nahmen das auf dem Bildschirm flimmernde Programm für bare Münze. „Der eine oder andere Gast schaute komisch, weil er sich wunderte, wieso wir den Fernseher eingeschaltet hatten, aber gemerkt haben manche das erst nach einer ganzen Weile“, freut sich Renate Quanz auch noch zwei Jahre danach, dass es ihr gelungen ist, ihre Gäste zu überraschen. Sie hatte die Szene ersonnen und ihren Sohn Henning, der beim Westdeutschen Rundfunk arbeitet, als Komplizen gewonnen. Seine „Sendung“ war ein eigens gedrehter Einstieg für ein von der Hausherrin ersonnenes Krimidinner. „Und ich musste der Mörder sein, weil man das ja keinem Gast zumuten konnte“, beschwert sich Ehemann Dietrich mit einem Augenzwinkern.
„Der ehemalige Bürgermeister Maubach hat uns gerne den Feier-Hügel statt den Bayer-Hügel genannt, da hat er wohl nicht ganz unrecht.“ Dietrich Quanz muss schmunzeln, denn die Namensgebung geschah nicht von ungefähr, die Nachbarschaft auf dem Osenauer Hügel ist nicht alltäglich. „Wir sind etwa alle etwa zur gleichen Zeit hier eingezogen. Das schweißt zusammen, denn wir hatten alle dieselben Probleme: Steine, Staub und Schaufeln“, fügt Quanz an. 1982 erschloss die Bayer AG das Wohngebiet, in dem sich zumeist Mitarbeiter des Chemiekonzerns niederließen. Die Familie Quanz war in diesem Bayer-Viertel eine Ausnahme, er arbeitete als Professor an der Deutschen Sporthochschule, seine Frau Renate als Lehrerin. „Das hier war das beste, was uns passieren konnte“, sagt Renate Quanz und schaut über den heute liebevoll gestalteten Garten. Als der Garten noch eine Obstwiese war, war sie oft mit ihrem Mann zu Fuß von Leverkusen nach Osenau hochgewandert, nichts ahnend, dass genau auf diesem Hügel ihr Zuhause stehen würde.
Zahlreiche Aktionen
Ein Zuhause, das schnell auch einen Zuwachs des Freundes- und Bekanntenkreises mit sich brachte, denn „es gab keine Gelegenheit zu feiern, die wir ausgelassen hätten“, ergänzt Nachbarin Katja Flakowski. Inzwischen sind die Osenauer Bergbewohner zumeist in der zweiten Lebenshälfte, es ist aber immer noch guter Brauch, gemeinsam aktiv zu sein. Aus den privaten Treffen entstand in den vergangenen Jahren zunehmend ein Engagement für ihren Lebensraum. Der ursprünglich von Bayer gestiftete Bolzplatz wird inzwischen von den Osenauer Ameisen, einem Kreis ehrenamtlich Tätiger, gepflegt und unterhalten. Die Gestaltung des Kreisverkehrs, für die in kurzer Zeit rund 20 000 Euro an Spenden zusammen kamen, ist das vielleicht sichtbarste Zeichen dieses Gemeinschaftssinns.
„Den Anstoß gab damals die neu entstandene Brache mitten im Kreisel“, erinnert sich Dietrich Quanz. „Aus den privaten Feiern wurden Osenauer und später dann öffentliche Feste“, fügt er an. Bei deren Organisation erwiesen sich Nachbarin Katja Flakowski und ihr Mann Bodo als unermüdliche Motoren, die viele Nachbarn zum Mit- und Weitermachen animieren und begeistern. „Bodo ist mein bester Sekretär“, schwärmt die umtriebige Künstlerin von ihrem Mann. Er entwirft Flugblätter, zeichnet Pläne, hängt Schilder auf und ist am Computer für die Nachbarschaft unersetzlich. Sie kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit. Inzwischen gibt es nicht nur das Kreiselfest, sondern auch ein Maibaumsetzen, das Herbstfest und Glühwein unterm Tannenbaum sowie die Aktion Kunst und Garten (Kuga), die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfand. Dabei öffneten Privatleute ihre Gärten für Lesungen von Fantasy bis Lyrik, von Märchen bis Krimi. „Den Krimi-Part habe ich gerne übernommen“, gibt Renate Quanz zu.
Dieses Mal war Ehemann Dietrich Quanz der Held. Sie schickte ihn als Hobbydetektiv in die Katakomben im Berg hinter dem „Haus op der Trappen“. Neben dem heute als Blumenladen genutzten Fachwerkhaus entdeckte er als Protagonist ihres Osenau-Krimis 2013 einen geheimen Gang, der die Odenthaler Ortsmitte mit Osenau verbindet. „Das haben manche Besucher der Kuga für bare Münze genommen und gefragt, ob sie einen Blick in den Felsenkeller werfen könnten“, berichtet die pensionierte Grundschullehrerin schmunzelnd. Vielleicht auch deshalb, weil viele Zuhörer wissen, dass die Eheleute Quanz auch im Geschichtsverein aktiv sind und es ihnen zuzutrauen wäre, dass sie solch eine Entdeckung gemacht hätten.