AboAbonnieren

Als käme Heidi um die EckeDas sind die Mutzbacher Alphornbläser aus Odenthal

Lesezeit 3 Minuten
Mutzbacher Alphornbläser Odenthal

Die Mutzbacher Alphornbläser aus Odenthal.

Odenthal – Es ist, als käme Heidi gleich um die Ecke der Almhütte gelaufen, die Ziegen im Schlepp, während der Großvater weiter stoisch im Schweizer Käse rührt. Wenn die Mutzbacher Alphornbläser die ersten Töne spielen, dann weht immer ein Stück Alpenwind durchs Tal – auch wenn Mutzbach zwar Berge kennt, sich aber als Teil von Voiswinkel nicht gerade als Gebirgsort vermarkten kann.

Ungeachtet dieses Standortnachteils probt hier einmal wöchentlich das Alphornbläser-Quartett. Dann packen Stefan und Martin Wiemer, Simone Pietruschka und Ernst Kuballa in der St. Engelbert-Kirche ihre Alphörner aus – was anders als bei Blockflöten etliche Handgriffe zum Zusammenschrauben erfordert – und pressen ihre Atemluft durch die 3,68 Meter langen Holzröhren.

Hirten riefen mit Alphorn Tiere zusammen

Das Alphorn ist eigentlich ein Hirteninstrument“, erklärt Stefan Wiemer, der zunächst lange Waldhorn spielte, bis er bei einem seiner vielen Urlaube in den Bergen Bekanntschaft mit dem urigen Instrument machte. Mit ihm riefen die Hirten früher die Tiere zusammen. „Kühe reagieren sehr intensiv auf die warmen, weichen Töne des Alphorns“, weiß der 57-Jährige. Und allem Anschein nach nicht nur die Kühe. Die Auftritte der Mutzbacher Alphornbläser, die als Freizeitmusiker mehr als 40 Veranstaltungen im Jahr absolvieren, sind jedenfalls beliebt.

„Das Instrument erlebt gerade einen totalen Hype“, sagt Wiemer. Vielleicht, weil es ein sehr ursprüngliches Instrument sei, ohne jede elektrische Verstärkung – funktioniert immer und überall, „auch am Ende der Welt, bei Nacht und Stromausfall“, wie schon Reinhard Mey besang, dabei aber eher seine Gitarre im Auge hatte.

Alphörner sind meist aus Bergfichte gefertigt

„Das, was man da hört, ist allein die Leistung des Bläsers und des Alphornbauers“, sagt Wiemer über das Instrument. Und wenn man nichts hört, stimmt vermutlich etwas nicht mit der Atemtechnik oder der Lippenmuskulatur.

Der Instrumentenbauer fertigt das Alphorn meist aus Bergfichte, gewachsen in einer Höhe von mehr als 1000 Metern. Wo das Klima ruppig ist, wächst das Holz besonders langsam, in engen Jahresringen, was für die Stabilität des dünnwandigen Horns sehr gut sei, erläutert Wiemer. Selbst spielt er allerdings ein Instrument aus Kirschbaumholz.

Odenthaler entdeckte Liebe zum Alphorn vor 20 Jahren

Als sich der Odenthaler vor 20 Jahren in den Bergen mit der Leidenschaft für das Alphorn infiziert hatte, suchte er Gleichgesinnte – im Rheinland, wo diese Musik eher als exotisch gilt, ein schwieriges Unterfangen. Er suchte und suchte, bis er endlich im Internet auf einen Alphornbläser stieß: „Der wohnte ausgerechnet in Odenthal – nur 700 Meter entfernt von mir“, lacht Wiemer noch heute. Verstärkt durch einen Bekannten war dies der Beginn der Mutzbacher Alphornbläser. Wenn auch die beiden anderen Musiker inzwischen verstorben sind, existieren die Mutzbacher Alphornbläser weiter, mittlerweile mit dem Namenszusatz „Die Kölner“ versehen. Denn wer kennt in den Alpen schon Odenthal?

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Ruf der Berge war inzwischen schon im Kölner Gürzenich zu hören, auch auf dem Heumarkt hat die Gruppe gespielt, immer in Lederhosen beziehungsweise Dirndl, und ihr musikalisches Repertoire erweitert. „Wir können nur Naturtöne, keine Zwischentöne spielen“, erklärt der Musiker, die Grenzen der langen Holzröhre ohne Ventile. Dennoch habe man schon in Richtung Jazz und Rock experimentiert. Nur den Wunsch, „Mer losse d’r Dom en Kölle“ zu spielen, müsse man regelmäßig abschlagen. „Das funktioniert physikalisch einfach nicht“, bedauert Stefan Wiemer. Ein Alphorn ist eben ein Alphorn und keine Karnevalströte. Heidi auf der Alm würde es verstehen.