Fast wurde der Kochshof, die historische Anlage in Odenthal-Hüttchen, abgerissen. Doch dann entschlossen sich einige, den Hof zu retten.
Von der Ruine zum TreffpunktWie der Kochshof in Odenthal gerettet werden konnte
„Am Anfang stand ein kleiner Zeitungsartikel“, erinnert sich Dieter Feist an das Jahr 1985 und den Beginn einer Lebensaufgabe. Die Meldung: Das Land NRW wolle den 850 Jahre alten Kochshof in Odenthal -Hüttchen wegen Baufälligkeit abreißen lassen.
Ein „Skandal in Sachen Denkmalschutz“, fand Feist und wurde zum Motor der Rettung. Ein langwieriger Kampf mit etlichen Behörden begann, bis die erste Etappe geschafft war: Vor 35 Jahren begannen die Arbeiten zur Sanierung und zum Erhalt der mittelalterlichen Hofanlage.
Zwei Faktoren spielten dabei Dieter Feist in die Karten. Er war Mitglied im Verein „Zugvogel - deutscher Fahrtenbund“ und der suchte gerade einen neuen Bundessitz, weil der bisherige Treffpunkt am Niederrhein nicht mehr zur Verfügung stand. Zudem fand Feist weitere Unterstützer und konnte die Odenthaler Zugvogel-Gruppe „Grauer Kranich“ für die Idee begeistern, einen „Verein zum Erhalt des Kochshofs“ zu gründen.
Dessen Mitglieder sammelten nicht nur innerhalb weniger Tage mehrere hundert Unterschriften gegen den Abriss des Hofes, sondern gewannen auch etliche Paten, die bereit waren, mit ihren Spenden die anstehenden Sanierungsarbeiten zu finanzieren.
In gemeinsamer Anstrengung gelang es, das historische Gemäuer in Hüttchen zu erwerben. „Das war ein Abenteuer – und ob es gelingen würde, das wussten wir damals nicht“, sagt Feist rückblickend. Denn das Anwesen mit Haupthaus, Scheune und Backhaus war in erbärmlichen Zustand: Ein Zaun verhinderte, dass Spaziergänger die einsturzgefährdete Remise betraten, die übrige Bausubstanz sah nicht viel besser aus.
Der Hof in Oberodenthal ist eine Gründung des Grafen von Berg. 1303 wurde das Anwesen dem Zisterzienserkloster Altenberg überschrieben und blieb 500 Jahre lang in seinem Besitz. Während das Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert stammt, verfügt der ehemalige Abgabenhof des Klosters über einen jahrhundertealten Gewölbekeller. Nachdem 1975 der letzte Pächter den Hof verlassen hatte, verfiel die Anlage.
Rund 770.000 stecken im Aufbau
Sein neues Leben erhielt der Hof in unendlich vielen Arbeitsstunden. Die Arbeiten wurden in Bauhütten organisierten. Der ersten 1987 folgten viele weitere. Feist, selbst gelernter Maurermeister, konnte sich dabei auf die Fertigkeiten der Zugvogel-Mitglieder verlassen. Fast alle Gewerke waren hier vertreten, so dass Fördermittel und Geld der Paten oft nur für die Materialkosten eingesetzt werden mussten.
Dennoch standen die Helfer bei der Renovierung des inzwischen denkmalgeschütztem Anwesens immer wieder vor Herausforderungen, etwa wenn alte Techniken nötig waren, um die Lehmgefache professionell auszuführen. „Hätten wir das alles an Handwerker vergeben müssen, hätten wir das nicht geschafft“, ist sich Feist heute sicher. Dennoch steckten Förderverein und Paten in drei Jahrzehnten rund 770.000 Euro in den Aufbau.
Zwei Vereine ein Hof
Der Kochshof ist der Bundessitz des Vereins „Zugvogel -deutscher Fahrtenbund“. Seine Mitglieder verstehen sich als Pazifisten und Weltbürger. Auch der Arbeitskreis Asyl nutzt den Hof gerne für sein Begegnungsfest. Der „Verein zum Erhalt und Betrieb des Kochshof“ kümmert sich um die Anlage und die Bewirtschaftung und lädt die Unterstützer regelmäßig zu Patentreffen ein.
Die Bauhütten wurden auch immer von Handwerksgesellen auf der Walz unterstützt. Ein emsiges Treiben auf dem bis dato verlassenen Gehöft, was zunächst Misstrauen in Oberodenthal schürte. „Gerüchte waberten durchs Dorf, ob wir Aussteiger, eine Kommune oder gar Drogensüchtige seien“ amüsierte sich Feist einmal. Doch mit den Baufortschritten verstummten auch die argwöhnischen Stimmen.
Kochshof ist zum Wochenendidyll geworden
Heute, 35 Jahre später, ist der Kochshof mit Wohnräumen, Bibliothek, Sängersaal im ehemaligen Stall und dem idyllischen Außengelände Wochenendziel für Pfadfindergruppen, Treffpunkt für Gruppenabende des Zugvogels, Veranstaltungsort für das multi-kulti Freundschaftsfest des Arbeitskreises Asyl, für Patentreffen . . .
Ein historisches Gemäuer wie der Kochshof wird allerdings nie ganz fertig, bleibt immer irgendwo eine Baustelle. Ob das Dach zu reparieren ist, das Wohngebäude energetisch saniert oder die alte Heizung herausgerissen werden muss und Photovoltaik aufs Dach kommt, es gibt auch heute noch viel zu tun.
„Der Hof erfordert eine laufende Instandhaltung – und die kostet Geld“, weiß Feist, der bis 2021 Vorsitzender des Fördervereins war und für sein jahrelanges Engagement 2014 mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet wurde. Vieles habe sich seit 1987 auf dem Kochshof verändert. „Aber die Euphorie hat gehalten.“