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Unser Dorf hat ZukunftDorfgemeinschaft Oberodenthal auf dem Laufsteg

Lesezeit 5 Minuten

Dutzende Ehrenamtler führten die Landeskommission durch Oberodenthal.

Odenthal – Als sie vor den 950 jungen Bäumchen stehen, die 20 Jugendliche aus eigener Initiative unter dem Dach der Oberodenthaler Dorfgemeinschaft gepflanzt haben, da kann ein führendes Mitglied der Landeskommission von „Unser Dorf hat Zukunft“ seine Begeisterung nicht länger verbergen: „Super . . . super . . . super“, sagt der Juror halblaut, während er eifrig auf dem Wertungsbogen notiert. Die Präsentation von „Jugend forstet“ war nicht das einzige Überraschungsmoment für die 15-köpfige Landeskommission, die am Samstag Oberodenthal, den Sieger des Dorfwettbewerbs auf Kreisebene, besucht hat.

Fand besondere Beachtung: „Jugend forstet“ ist eine junge und ebenso engagierte wie tatkräftige Gruppierung in der Dorfgemeinschaft Oberodenthal.

Zwei Stunden hatten die Oberodenthaler, um bei der Landeskommission zu punkten. Eng getaktet, zu Fuß, mit mobilen Lautsprecheranlagen und in engagiertem Shuttle-Verkehr brachten sie perfekt organisiert mit vielen Beteiligten Schlag auf Schlag gute Gründe dafür aufs Tapet, warum Odenthal ein besonders engagierter Ort mit Zukunft ist. Schließlich geht es beim Dorfwettbewerb längst nicht mehr nur um hübsche Gärten und Häuser, sondern vor allem um Initiativen zur Verbesserung der Infrastruktur, soziales und kulturelles Engagement und gemeinschaftlicher Einsatz für Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des eigenen Ortes.

Der Kampf für die Schule hat sich gelohnt

„Beim letzten Wettbewerb konnten wir leider nicht teilnehmen, weil wir ausgelaugt waren vom Kampf um den Erhalt unserer Schule“, erläuterte Thomas Renken von der Dorfgemeinschaft Oberodenthal, nachdem die Landeskommission auch von Bürgermeister Robert Lennerts und Landrat Stephan Santelmann begrüßt worden war. Dass die Schule damals gerettet wurde, sollte beim folgenden Gang durch Oberodenthal noch häufiger eine Rolle spielen.

Ein Überblick über außergewöhnliche Vorzeigeprojekte der Odenthaler „Bergbewohner“:

Kirche St. Michael: Im malerischen Vorhof von St. Michael wird die Jury empfangen. Dass es das Gotteshaus überhaupt noch gibt, nachdem es 2005 von der katholischen Kirche abgegeben wurde, ist engagierten Oberodenthalern zu verdanken, die den kompletten Betrieb übernahmen, wie die Kommission von Ehrenamtler Reiner Schwarzenthal erfährt.

Der sanierte Wasserturm ist der Treffpunkt in Neschen.

Auch die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) Altenberg hat hier ihre Zentrale mit Zelte-Lagerraum, wöchentlichen Treffen und vielen weiteren Aktivitäten, wie Simon Hasenclever berichtet.

Wasserturm: Zu Fuß geht’s zum alten Wasserturm in der Neschener Ortsmitte. Anfang des Jahrtausends wurde er von Oberodenthalern aus einem Dornröschenschlaf erweckt, restauriert und mit Unterstützung von Fachleuten und Sponsoren zum Treffpunkt ausgebaut.

Blühende Biotope gibt’s entlang des Wildblumen-Wanderwegs.

Im Erdgeschoss befinden sich nun Bank und Tisch, neben dem Turm ein Großschachspielfeld und dahinter auf der Wiese eine Wippe. „Wo trifft sich die Dorfjugend? Am Wasserturm“, sagt Reiner Schwarzenthal von der IG Wasserturm nicht ohne Stolz.

Architektur und Gewerbe: Beim großen Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenecke habe man bei der Gestaltung mitreden können, auf der anderen Straßenseite wurde ein bundesweit tätiger Lkw-Notdienst angesiedelt, erläutert Dr. Heinz-Hubert Fischer. Auch um Arbeitsplätze vor Ort kümmere man sich.

Wildblumen-Wanderweg: 3,4 Kilometer lang ist der Wildblumen-Wanderweg, der vom Neschener Ortsrand an 13 Wildblumen-Flächen vorbeiführt, wie Hans Sorger erklärt.

Mit Erdwärme wird eine gesamte Siedlung in Neschen geheizt.

Melanie Fischer ergänzt, wie die Kinder nach einem Urlaub in den Alpen „etwas für die Bienen machen“ wollten. So entstand das Blumenbeet zum Selbstpflücken gleich nebenan. Der Name ist Programm: „Blumenliebe“.

Dass das Blütenmeer längst weithin bekannt ist, zeigt auch der Umstand, dass hier stets die Ziellinie der örtlichen Bergwertung des Radklassikers „Rund um Köln“ angelegt wird.

Erdwärme-Siedlung: Durch die erste Odenthaler Geothermie-Siedlung am Angerweg geht’s weiter. „Alle Häuser hier werden mit Erdwärme geheizt“, erläutert Thomas Renken.

Der Erhalt der Grundschule war ein wichtiger Schritt für Oberodenthal nicht nur im Hinblick auf die Infrastruktur.

Da öffnet sich im zweiten Stock eines Hauses ein Fenster. Ein Jugendlicher schaut heraus und staunt: „Was ist denn hier los? Mehr Leute als im ganzen letzten Jahr!“, sagt er und lächelt.

Streuobstwiese: Nicht nur für eine bessere Zukunft demonstrieren, sondern praktisch etwas tun, wollen die Jugendlichen, die sich als „Jugend forstet“ in der Dorfgemeinschaft Oberodenthal zusammengeschlossen haben und als Erstes eine Streuobstwiese im Ort anlegten.

Grundschule: Sie lebt und ist frisch saniert – und das alles nur, weil die Oberodenthaler ihre Schule gegen ein anderslautendes Bürgerbegehren gerettet haben. „Unsere Leute haben an jeder Tür geschellt und erklärt, warum die Schule wichtig ist“, sagt Dr. Heinz-Hubert Fischer.

Schnelle ortskundige Hilfe kann das Ersthelfer-Team der Freiwilligen Feuerwehr in Scheuren leisten.

Dass es dabei nicht nur um Infrastruktur vor Ort geht, sondern grundlegend um den Erhalt des Generationenwechsels vor Ort, erklären Heinz-Hubert Fischer und Fördervereinsvorsitzende Melanie Fischer. Und das ist noch längst nicht alles.

Dass die Schule auch für den Karneval eine zentrale Rolle spielt, betont Peter Paas und verweist auf die darin stattfindenden Veranstaltungen. Mit der Schule wurde auch ein sozialer Mittelpunkt von Oberodenthal erhalten. Auf die sportliche Bedeutung weist Raphaela vom Hofe aus den Reihen des Oberodenthaler SC hin, der 450 Mitglieder zwischen zwei und über 80 Jahren hat. Die Grundschüler belegten zudem regelmäßig kreisweit den ersten Platz bei der Sportabzeichen-Teilnahme.

Wein und Feste: Neben dem Karneval mit dem längsten Zoch in weitem Umkreis (durch alle Oberodenthaler Orte) gibt’s auf der Odenthaler Höhe eine Reihe weiterer Feste – auch ein Weinfest samt passenden Reben.

Jugend forstet: Im Wald staunt die Landeskommission an einer von Borkenkäfer und Hitze zerstörten Waldfläche, auf der 20 junge Oberodenthaler 950 neue Bäume gepflanzt haben. Von Eberesche bis Rotbuche, so Tom Renken und Thomas Pohl.

Erste-Hilfe-Einheit: Neben der für den Start am Abend aufgebauten Scheurener Kirmes stellt Sebastian Filz die Ersthelfer-Einheit der Freiwilligen Feuerwehr in Oberodenthal vor, die selbst gegen Widerstände der Behörden verteidigt wurde.

Im Sängersaal des Kochshofs (r.) erklingt die Oberodenthal-Hymne – als Ausdruck des Zusammenhalts.

Mit großer Ortskenntnis können die Mitglieder der Einheit im Notfall schneller Hilfe leisten als jeder von auswärts anrückende Rettungsdienst.

Zusammenhalt: Am Kochshof des Fahrtenbunds Zugvogel endet die Jury-Reise durch Oberodenthal. Hier treffen sich nicht nur Zugvögel und Pfadfinder, sondern regelmäßig auch Oberodenthaler.

Dass die Dörfer-Familie einen starken Zusammenhalt pflegt, erlebt die Jury hautnah, als im Sängersaal des Kochshofs bei alkoholfreiem Oberodenthaler Sekt die Oberodenthaler Hymne erklingt – für viele ein Gänsehaut-Moment.

Welches der 32 Dörfer, die von der Landeskommission in diesen Tagen unter die Lupe genommen werden, das Rennen macht, wird am 11. September bekanntgegeben. Ganz gleich allerdings, ob am Ende Gold oder Silber herauskommt, so machte Jury-Vorsitzender Dr. Waldemar Gruber von der Landwirtschaftskammer zum Abschied deutlich: „Das, was wir heute hier gesehen und erlebt haben, ist schon jetzt ein Gewinn – für alle Menschen hier. Machen Sie weiter so!“