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Metzgerei Scharrenbroich in OverathVier Generationen hinter der Fleischtheke

Lesezeit 3 Minuten

Overath – Was hat sie nicht alles überdauert, die Metzgerei Scharrenbroich am Overather Bahnhofsplatz: den Kaiser. Den Ersten Weltkrieg, Weimar, Inflation. Nazis, Befreiung, Grundgesetz, Kalten Krieg, Wiedervereinigung, Euro. Und es gibt es sie immer noch: Seit 120 Jahren können die Overather Fleisch und Wurst bei der Metzgerei Scharrenbroich einkaufen. Inhaber Martin Scharrenbroich (40) führt das Geschäft in vierter Generation gemeinsam mit Ehefrau Nicola.

Gründung 1895

Dabei ist der Beruf des Metzgers heute ein ganz anderer als 1895, als Urgroßvater Franz Scharrenbroich das Geschäft gründete (siehe „Chronik“). Damals gab es erstens noch keine argentinischen Steaks in Overath, zweitens keine Supermärkte, und drittens wurde das Vieh noch vom Ortsbauern zur Schlachtstätte getrieben und dort vom Metzger von A bis Z verarbeitet. „Auch mein Vater hat noch geschlachtet“, sagt Martin Scharrenbroich, „Ich tue das aber nicht mehr.“ Es gebe zu viele Auflagen. Sein Vieh bezieht er vielmehr von einem Bauern, der seinen Hof zehn Kilometer von Overath entfernt im Naafbachtal im Rhein-Sieg-Kreis hat, und auch geschlachtet werden die Tiere im Nachbarkreis, noch einmal zehn Kilometer weiter. „Die Transportwege sind dadurch sehr kurz“, sagt Scharrenbroich.

Was er aber sehr wohl übernimmt, ist die Wurstherstellung. Von den mehr als 120 Sorten, die er verkauft, produziert er mehr als 50 selbst – Roh-, Brüh- und Kochwurst. „Ich mache dreimal die Woche Fleischwurst“, verrät er.

Wurst wird selbst abgeschmeckt

Gefragt, wieso die Wurst vom Metzger oft besser schmeckt als die aus dem Verkaufsregal, erwähnt er, dass er seine Produkte bei der Herstellung selbst abschmeckt. „Manchmal nimmt das Fleisch mehr Salz auf, manchmal weniger.“ Die Industrie, die die Supermarkt-Konkurrenz beliefere, könne das nicht so genau steuern wie ein Handwerker.

Scharrenbroich, der eine Meisterschule in der Oberpfalz besucht hat, räumt ein, dass das Leben eines Metzgermeisters nicht immer leicht sei – nicht nur wegen der Arbeitszeiten, die oft morgens um 5 Uhr beginnen und dann erst abends um 19 Uhr enden. Sondern auch wegen der Supermärkte und Discounter, die den Verbrauchern alle Lebensmittel an einem Platz und damit einiges an Zeitersparnis böten. Andererseits hat aber gerade das Overather Zentrum rund um den Bahnhof eine Vielzahl von Geschäften zu bieten – darunter übrigens auch jene Bäckerei mit Café, in der Ehefrau Nicola ihre Brötchen verdiente, bis sich die beiden vor acht Jahren „über die Theke“ kennen- und dann auch lieben lernten. An die Zukunft ihrer Branche glauben die Scharrenbroichs fest. Jeder neue Lebensmittelskandal treibt ihnen neue Kunden zu. Ein Teil bleibt auch dann, wenn sich die Gemüter wieder beruhigt haben. Wo Meister Scharrenbroich die Zukunft seines Geschäfts sieht? „Solange ich die Wurst selbst herstelle, habe ich eine Chance auf dem Markt. Getrunken und gegessen wird immer.“

Trend verstärkt sich

Scharrenbroich bekennt sich zu seiner Tätigkeit: „Es ist mein Beruf und mein Hobby, meine Leidenschaft. Ich mag es, ich liebe es, es ist das, was ich am besten kann.“ Ehefrau Nicola sieht die Zukunft des Geschäfts auch im „Convenience“-Angebot. Eine „Heiße Theke“ mit „täglich frischen heißen Vesper-Spezialitäten“ hatte schon die dritte Generation, Willi und Ingeborg Scharrenbroich, beim 100. Geschäftsgeburtstag im Jahr 1995 im Programm. Dieser Trend verstärkt sich: „Ältere und Singles machen sich die Rouladen nicht mehr selbst“, sagt Martin Scharrenbroich. Und doch freuen sie sich, wenn es wie bei Muttern schmeckt.