OverathBurgerbraten für eine neue Zukunft – McDonalds stellt Flüchtlinge ein
Overath – Ein Job bei „McDonald’s“: Das ist in Deutschland nicht gerade der Arbeitnehmer-Olymp.
Burger brutzeln, Fritten braten, Müll wegräumen, am Autoschalter frühmorgens oder tief in der Nacht bedienen. Jeder Handgriff ist durchorganisiert und wird doch zumindest anfangs nur nach dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt – da können sich viele Besseres vorstellen.
Doch sind viele eben nicht alle. Für Alireza, Stogran und Sadi ist der US-Imbiss die große Chance, der Amerikanische Traum im Bergischen Land.
Die drei arbeiten bei „Meckes“ im Gewerbegebiet Burghof nahe der Autobahn – als „Mitarbeiter im Rotationssystem“, als „Schichtführer“ und als „Praktikant“. Alireza stammt aus dem Iran, Stogran aus Bulgarien und Sadi aus Myanmar. Jetzt leben sie als Flüchtlinge oder als Arbeitsmigranten in Overath und der Job ist ihre Chance, hier Fuß zu fassen.
Zusammenarbeit von Flüchtlingshilfe und McDonald's
Vermittelt hat die Tätigkeit die Individuelle Flüchtlingshilfe Overath (IFO). Das ist eine 2014 auf Initiative des Arztes und FDP-Ratsherrn Dr. Hansgeorg Knitter gegründete humanitäre Organisation, die sich arbeitsteilig mit der Pfarrcaritas „ganz konkret und ganz persönlich“ um die Belange von Flüchtlingen in Overath kümmert.
Der Heiligenhauser Steuerberater Thomas Block ist einer der Aktiven, er betreut eine Flüchtlingsunterkunft mit 20 Bewohnern in Steinenbrück. Sein Beruf ist hilfreich: Block kennt die Gesetze, und er kennt Leute.
Ein ziemlich komplizierter Fall ist Alireza, alleinerziehender Vater. Der 35-Jährige hat im Iran als Bauingenieur gearbeitet, bevor er flüchtete, im Juli 2016 in Deutschland ankam und jetzt als Hamburger-Brater beginnt. Sohn Yousuf (8) ist ihm nach Overath gefolgt, die Mutter steckt noch im Iran. Yousuf spielt draußen vor der Tür, während die Erwachsenen im Lokal sitzen und plaudern.
Mehrfach entschuldigt sich Alireza: „Es tut mir leid. Ich kann nur wenig Deutsch. Aber ich lerne schnell. Ich verspreche.“ Für die deutschen Gesprächsteilnehmer ist das beschämend. Alirezas Chef Thomas Wilhelm antwortet ihm: „Es braucht Ihnen nicht leidzutun. Ich kann auch kein Persisch.“
Integration durch Zusammenarbeit
Die Initiative zu der Kooperation ist von den Schnellimbiss-Chefs, Lizenznehmer Thomas Wilhelm und seinem Sohn Mike, ausgegangen. Derzeit arbeiten laut Mike Wilhelm fünf Asylsuchende mit Teilzeitverträgen je 130 Stunden im Monat, „damit noch Zeit bleibt für Integrationskurse und Behördenbesuche“. Und natürlich Zeit dafür, die deutsche Sprache zu erlernen, wie Block ergänzt. Wobei das gerade auf der Arbeit schnell gehe.
Thomas Wilhelm, der nach eigenen Worten 20 Jahre im McDonald’s-Konzern gearbeitet hat, bevor er vor fünf Jahren als Franchise-Nehmer erst eine, mittlerweile vier Filialen in Overath, Wermelskirchen und zweimal in Köln übernommen hat, nennt drei Gründe für das Engagement: „Ich glaube, dass Integration besser funktioniert, wenn die Betroffenen mit anderen Menschen zusammentreffen und nicht bloß in Unterkünften die mit anderen Flüchtlingen zusammen sind.“
Und: „Wenn ich keine Beschäftigung hätte, würde ich auf Dauer verrückt werden.“ Darüber hinaus gebe es gebe aber auch einen ganz praktischen Grund: „Wir suchen immer verlässliche Mitarbeiter.“ Der Arbeitsmarkt im Niedriglohnbereich sei leer gefegt. Ihm sei völlig egal, wo ein Mensch herkomme. „Wenn er arbeiten möchte, bieten wir ihm die Möglichkeit.“
Derzeit als Praktikant eingestellt
Das ausbaufähige Image des Unternehmens in Sachen Lohnhöhe spricht der Senior-Chef selbst an: „Wir zahlen den Mindestlohn, aber es gibt viele Zuschläge und man kann schnell bei uns aufsteigen.“ So ein klassischer Aufsteiger ist Stogan. Der 30-jährige Familienvater stammt aus Bulgarien und ist im Oktober 2015 nach Deutschland gekommen.
Er hat sich über das Internet um einen Job beworben, ist mittlerweile zum Schichtführer aufgestiegen. „Er sorgt dafür, dass der Laden läuft, wenn der Restaurantmanager oder wir nicht da sind“, erläutert Wilhelm die Tätigkeit des „Mitarbeiters mit Personalverantwortung“, der schon diverse konzerninterne Schulungen absolviert hat.
Stogans Ehefrau ist als Ärztin nach Deutschland gekommen, im November wurde das erste Kind geboren. Was der dynamische junge Mann so vorhat in den nächsten Jahren? „Arbeiten“, antwortet er lachend. Sein Chef ist sicher: „Das hier ist nicht seine letzte Station“.
Wieder ein anderer Fall ist Sadi. Er kommt aus Myanmar und gehört dort zur Minderheit der muslimischen Rohinga, die von Angehörigen der buddhistischen Mehrheit verfolgt werden. „They burned our house“, sie haben unser Haus angezündet: Mit diesen wenigen Worten beschreibt er, warum er seine Heimat verlassen hat und über Bangladesch, Indien, Afghanistan, Pakistan, Iran und Irak bis nach Overath-Steinenbrück geflüchtet ist, wo er jetzt als Single in einer 20-Mann-Unterkunft lebt.
Sadi arbeitet derzeit als „Praktikant“, er darf noch keiner regulären Beschäftigung nachgehen. Sein Chef entscheidet an diesem Tag spontan, dass er ihm wenigstens den Integrationskurs bezahlt: „Ich bin kein Freund davon, jemanden arbeiten zulassen, ohne ihn dafür zu bezahlen. Das ist nicht fair.“
Wann dürfen Flüchtlinge arbeiten?
Flüchtlinge können je nach Aufenthaltsstatus frühestens nach drei Monaten eine Beschäftigung aufnehmen. Dafür benötigen sie laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung ihrer Ausländerbehörde (in Rhein-Berg die Kreisverwaltung), die wiederum eine Stellungnahme der Arbeitsagentur einholt. Die Agentur prüft, ob eine Stellenbesetzung nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat und ob die Arbeitsbedingungen einschließlich der Lohnhöhe den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes entsprechen. (sb)