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Trendsetter aus OverathWarum sich jeder mal ein Huhn von Jenny Kreitz leihen sollte

Lesezeit 4 Minuten

Neugierig und aufgeregt laufen die Hühner auf die Boxen zu, um auf Reisen zu gehen.

Overath – Sie sind neugierig, abenteuerlustig, gesellig, ziemlich verfressen, manchmal vorwitzig und auch bestechlich. Die Leihhühner vom Mittelsteg in Overath lieben es verwöhnt zu werden. Schöne Gärten, leckeres Futter, Streicheleinheiten und sanft im Arm gehalten werden - dafür gehen sie überall mit hin.

„Die Tiere wissen genau, dass sie an einen schönen Ort kommen, an dem es ihnen gut geht“, erklärt Jenny Kreitz. Die Naturpädagogin aus Immekeppel kennt ihre Hennen sehr gut. Seit vier Jahren verleiht sie die klassischen Haushühner der Rasse Lohmann-Brown und wird inzwischen mit Anfragen überrannt.

Kein Tier wird in die Box gezwungen

Schnell rupft Jenny Kreitz ein Bündel Heu zurecht und legt damit zwei Transportboxen für Kleintiere aus. Schon als sie sich mit den Boxen in der Hand dem Hühnergehege nähert, steigt das Reisefieber bei den Tieren, geht ein aufgeregt-freudiges Geflatter los. Auch „Herr Schnuppi“, der schöne Hahn auf dem Hof Kreitz, ist neugierig, behält seine „Damen“ aber genau im Auge. Kaum stehen die Boxen im Gehege, schlüpft die erste Henne in die erste hinein und bleibt drin. Auch die zweite Box ist schnell mit gleich zwei Hühnern besetzt.

Jenny Kreitz hat fünf Ställe mit je vier Hühnern im Verleih, ist aber bis zum Sommer 2022 ausgebucht.

„Sie sind total entspannt und haben keinen Stress damit, dass sie bald an einen anderen Ort gebracht werden“, sagt die Besitzerin. Und so muss sie keine der Hennen lange bitten, in eine Transportbox zu gehen. Und wenn ein Tier mal davor scheut und keine Lust hat, bekommt es frei und kann daheim bleiben. Kreitz: „Ich erkenne die Gruppen an ihren Ringen an den Füßen. Meist sind es dieselben Tiere, die von sich aus in einer Gruppe bleiben und zusammen verliehen werden.“

250 Euro für drei Wochen mit den Hühnern

Jeweils vier Hühner mit kompletter Ausstattung sind zu leihen. Dazu gehören ein Stall - eingerichtet mit zwei dicken Holzstangen für die Nacht für je zwei Hühner und automatischem Türöffner, Wassertrog, Futterspender, eine große Box mit Futter und ein Fachbuch über Hühnerhaltung. „Außerdem wird das Gehege eingezäunt und bei Bedarf mit einem Netz vor Raubtieren geschützt.“

Die Mindest-Leihzeit beträgt drei Wochen und kostet etwa 250 Euro. „Es waren anfangs zwei Wochen, aber das ist für die Tiere zu kurz“, erläutert Jenny Kreitz. Sie liefert stets die Hennen selbst aus, baut bei den Kunden alles auf und holt die Tiere auch selbst wieder ab. Das neue Zuhause auf Zeit muss mindestens 50 Quadratmeter Platz bieten und ohne Rasen läuft nichts.

Hühner für Kitas, Privatleute, Seniorenheime

Mit einem Stall und einer Handvoll Hennen hat die 35-jährige Pädagogin das Angebot unter dem Slogan „Leih dir ein Huhn“ gestartet. Mittlerweile sind fünf Ställe mit insgesamt 27 Leih-Hühnern im Einsatz. Vor knapp vier Jahren ist sie aufs Huhn gekommen, um die Tiere vor allem Kindern nahe zu bringen – einschließlich des Wissens rund ums Ei. „Manche Kinder glauben, weil ein frisch gelegtes Ei warm ist, kann man es sofort essen. Das war für mich der Auslöser, Kindern die Welt von Tier und Natur zu erklären, ihnen Naturerfahrung zu bieten.“

Die Töchter Emma (l.) und Paula sammeln im Stall die Eier ein.

Damals hätte Jenny Kreitz nicht für möglich gehalten, was so ein freundlich gackerndes Quartett im Garten bewirken kann: „In Tagesstätten werden die Kinder aufmerksam, verlieren die Scheu gegenüber Tieren.

Privatleute freuen sich einfach darauf, Hühner beobachten und versorgen zu können. In Seniorenheimen wird das Gehege schnell zum beliebten Treffpunkt für die Bewohner.“ Ob Einrichtungen, Familien oder Einzelpersonen, immer mehr Menschen entdecken das Huhn als Haustier – zumindest leihweise.

Kein Termin mehr vor Juli 2022 frei

Und bevor man jetzt zu viel Gefallen daran findet, winkt Jenny Kreitz entschieden ab: „Mein Verleih ist ausgebucht bis Mitte nächsten Jahres. Vor Juli 2022 ist kein Termin mehr frei.“ Ihren Geschäftszweig auszubauen, daran denkt die Pädagogin keineswegs. Denn sie ist in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin in Teilzeit tätig, arbeitet zweimal die Woche in der offenen Ganztagsschule und versorgt daheim ihre Familie mit Ehemann Henning, den Töchtern Emma (9) und Paula (6) sowie den Hof mit Hühnern, Hund und Pferd.

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Die ländliche Idylle am Rande von Immekeppel genießt noch eine zweite Hühnergruppe, Vögel, die mit ihrem flauschigen Gefieder und ihrer Karamellfarbe auffallen. „Das ist die Rasse Orpington. Ich wollte sie mit in den Verleih nehmen. Das klappt leider nicht, weil sie zu scheu sind und sich nicht gerne anfassen lassen“, erzählt Jenny Kreitz. Nun genießen die Orpingtons ein weitgehend unberührtes Leben frei laufend auf dem Hof.

Übrigens, die oft genannte Eigenschaft, Hühner seien dumm, ist grundsätzlich zu überdenken. Die Regel ist es jedenfalls nicht.