Wer ist für Endgeräte von Lehrern verantwortlich? Ein Spiel zwischen Stadt und Land, das auf dem Rücken der Schüler ausgetragen wird.
„Wer sich rührt, verliert“Stadt Overath will nicht für Lehrer-iPads zahlen – das Land auch nicht
![Eine Lehrerin steht mit einem iPad vor einer digitalen Schultafel im Englischunterricht einer 5. Klasse.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/03/ba170480-a84c-468d-b90a-4c9c47928a22.jpeg?q=75&q=70&rect=0,233,4000,2250&w=2000&h=1242&fm=jpeg&s=e9911ac9e6dd900df5c7ed0235a8651c)
Eine Lehrerin steht mit einem iPad vor einer digitalen Schultafel im Unterricht. (Symbolbold)
Copyright: dpa
Wenn ein iPad-Stift zu einem Machtkampf zwischen Kommunen und Land führt, lässt das tief blicken. Und zwar in die leeren Kassen der Kommunen.
Um etwas mehr als diesen Stift ging es in der hitzigen Diskussion im Schulausschuss schon, aber „es ist traurig, dass wir uns als ehrenamtliche Politiker über 15.000 Euro so leidenschaftlich streiten müssen. Das Land darf uns nicht alleine lassen“, meinte der Ausschussvorsitzende Alexander Wilms (CDU).
Ersatz für Lehrer-iPads kostet 15.000 Euro jährlich
Mit Kosten in Höhe von 15.000 Euro rechnet die Stadt, wenn sie digitale Endgeräte von Lehrerinnen und Lehrern ersetzt. Mit dem Digital-Pakt hatte das Land während der Corona-Pandemie Gelder zur Verfügung gestellt, um das Lehrpersonal mit digitalen Geräten auszustatten. Am Schulzentrum Overath waren das zum Beispiel iPads.
Die sind jetzt allerdings schon ein paar Jahre alt und es geht immer mal etwas kaputt (wie besagter iPad-Stift). Oder es kämen Nachwuchskräfte dazu, die mit modernen Methoden ausgebildet werden sollten, berichteten mehrere Mitglieder des Ausschusses, die an verschiedenen Schulformen unterrichten.
Wer die Lehrer-Endgeräte zahlen muss, ist unklar
Wer für den Ersatz einzelner Geräte oder Zubehör zahlen müsse, sei allerdings nicht genau festgelegt. Und auch andere Regelungen, wer für welche Ausstattung zuständig ist, gäben keine klaren Antworten darauf, in welchen Zuständigkeitsbereich die mobilen Endgeräte fielen, schilderte Jens Volkmer, Leiter des Overather Jugendamtes. Für die „äußere“ Ausstattung, wie Gebäude, Tische, Stühle oder digitale Tafeln, seien die Kommunen zuständig. Für die „inneren“ Angelegenheiten, wie Personal und dessen Ausstattung, müsse NRW sorgen.
Wegen dieser Unklarheiten wurde die Verwaltung in der letzten Ratssitzung beauftragt, eine rechtliche Stellungnahme einzuholen. Diese liegt jetzt vor und ist umstritten. Zwar ist sie recht unkonkret formuliert. Die Verwaltung liest dort aber heraus, dass sie nicht für die Anschaffung und den Ersatz der Geräte verantwortlich sei.
Overath: Verstößt Verwaltung gegen ihre Pflichten?
Ralph Völler, stellvertretender Schulleiter des Paul-Klee-Gymnasiums (PKG), zweifelt dieses Ergebnis allerdings an. Er beruft sich auf ein Gutachten des Landtags NRW aus 2018. Aus dem gehe hervor, dass der Schulträger verpflichtet sei, eine Schulausstattung, die sich am „allgemeinen Stand der Technik“ orientiert, zur Verfügung zu stellen.
Dafür habe er nur zwei Möglichkeiten: Er könne im Schulgebäude entsprechend ausgestattete Arbeitsplätze für das Lehrpersonal schaffen oder die Lehrerinnen und Lehrer mit Dienstcomputern ausstatten, die sie auch zu Hause nutzen können. „Wird keine der genannten Optionen umgesetzt, so verstößt der Schulträger gegen seine Verpflichtung aus Paragraph 79 Schulgesetz NRW“, argumentierte Völler in der Sitzung.
Zuständigkeit ist Auslegungssache
Wie viele anwesende Lehrer, die in Overath unterrichten, bestätigten, gäbe es an ihren Schulen weder entsprechende Arbeitsplätze noch ausreichend mobile Endgeräte. „Damit verstößt die Kommune gegen die Vorgaben, und die Verantwortlichen müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden“, schlussfolgerte Hans Schlömer (SPD).
Das sei eine Auslegungssache, wie in allen juristischen Angelegenheiten, fand Volkmer. Der Arbeitgeber des Lehrpersonals sei das Land und die Stadt vertrete die Auffassung, dass der Arbeitgeber sein Personal mit Arbeitsgeräten ausstatten müsse. „Das muss grundsätzlich geklärt werden. Wir werden in Overath dafür keine Lösung finden“, sagte er. Weil die Kommunen aus Rhein-Berg das Land nicht einfach aus der Verantwortung lassen wollten, hätten sie eine gemeinsame Richtung beschlossen: Sie werden die Geräte vorerst nicht ersetzen. „Die Situation tut uns leid, aber sonst sieht das Land sich nicht in der Position, zu handeln“, schilderte er.
Vor der aktuellen Haushaltslage, sei es verständlich, dass die Stadt bei freiwilligen Leistungen zurückhaltend sei. Aber: „Ich habe den Eindruck, dass sich alle wie beim Mikado spielen verhalten: Wer sich als erstes rührt, der hat verloren“, meinte Völler. Die Leidtragenden dieses Spiels aus seiner Sicht: die Schüler. Sie profitierten vom Unterricht mit digitalen Lehrmethoden.
Wenn ihre Lehrer jedoch keine Geräte haben, auf denen sie diesen vorbereiten können, falle dieser Fortschritt weg. Das bestätigte Laurens Kapune, Schülersprecher des PKG: „Wir wollen darauf nicht mehr verzichten. Wir sind die Zukunft, daran sollte man vielleicht nicht sparen.“