Reaktionen aus Rhein-BergGünther Klum: „Clinton war eine ideale Gegnerin für ihn“
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Rhein-Berg – Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Zwischen Schock und Gelassenheit pendelt die Stimmung im Rheinisch-Bergischen Kreis. Wir haben mit Menschen aus dem Kreis gesprochen.
Eva Babatz, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Rhein-Berg/Leverkusen, sagt: „Die ersten Töne, die wir aus den USA gehört haben, klingen versöhnlicher als die Aussagen im Wahlkampf.“ Die Rhetorik des Wahlkampfs dürfe man nicht überbewerten, die Realpolitik sei eine andere. Sollten die USA eine Politik der Abschottung beginnen, seien im Kreis vor allem Kfz-Zulieferer und Maschinenbauunternehmen betroffen, befürchtet die Expertin. In den örtlichen IHK-Gremien sei die US-Wahl aber nur am Rande ein Thema gewesen. „Trump sollte sich jetzt Wirtschaftsexperten an die Seite holen, das wäre das Beste. Wir wollen keine Panik schüren.“
Wiebke Agraz, Englischlehrerin am Otto-Hahn-Gymnasium
Wiebke Agraz ist Englischlehrerin am Otto-Hahn-Gymnasium und war bis vor wenigen Tagen mit 16 Austauschschülern in den USA unterwegs. „Man hat schon gemerkt, dass Amerika zutiefst gespalten ist“, schildert sie ihre Eindrücke aus New York und dem Bundesstaat Indiana, in dem sich die Partnerschule befindet. „In den Vorgärten standen republikanische Wahlplakate direkt neben denen der Demokraten“, sagt sie, in den Gastfamilien seien die politischen Diskussionen geführt worden. Indiana gehört zu den Bundesstaaten, die traditionell eher republikanisch wählen, dieses Mal war das nicht anders: Trump setzte sich hier durch. „Mir macht das schon Angst“, meint die Pädagogin gestern zum Wahlausgang. „Ich habe mit Hillary Clinton gerechnet und bin geschockt.“ Und mit Blick auf den Brexit: „Es passieren verrückte Sachen dieses Jahr.“
Volker Suermann, Geschäftsführer der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft RBW, plagte gestern die Ungewissheit, „wie es jetzt weitergeht“. Er sei überrascht und geschockt gewesen, als er am Morgen von dem US-amerikanischen Wahlergebnis erfuhr. „Das hatte ich so überhaupt nicht erwartet“, sagt Suermann. Zahlreiche Unternehmen im Kreis hätten Dependancen, wichtige Wirtschaftspartner, Absatzmärkte oder sogar eine Konzernmutter in den USA. „Von der deutschen Wirtschaft muss jetzt in jedem Fall ein Gesprächskanal gefunden werden.“ Schließlich wisse noch niemand, ob Trumps Wahlversprechen jetzt umgesetzt würden. „Das wäre für viele wirklich fatal.“
Bernd Supe-Dienes, Chef der Overather Dienes-Werke
Bernd Supe-Dienes, Chef der Overather Dienes-Werke, hat das Ergebnis morgens aus dem Radio erfahren. „Ich rate abzuwarten und Tee zu trinken“, sagt der mittelständische Unternehmer. „Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Präsident eine große Wahlkampf-Show abgezogen hat, ohne die er nicht gewählt worden wäre, dass er aber in der Realität gemäßigter handelt. Viel wird von seinem Team abhängen. Die Welt dreht sich weiter, sie geht nicht unter.“ Die Wahlentscheidung betrifft das Overather Unternehmen für Schneidwerkzeuge direkt: „Wir haben eine Tochterfirma in den USA.“ Ein Problem, um das sich Trump sicher kümmern werde, seien die im Ausland geparkten Erträge amerikanischer Aktiengesellschaften. Das werde die US-Wirtschaft ankurbeln. Supe-Dienes: „Das Problem ist, dass Trump unberechenbar wirkt und Unsicherheit verbreitet.“
Ralf Laufenberg, Chef des Overather Technologie-Unternehmens RLE
Ralf Laufenberg, Chef des Overather Technologie-Unternehmens RLE, äußert sich wesentlich skeptischer : „Mit der Wahl von Donald Trump hat sich eine wichtige Volkswirtschaft zum Populismus entschlossen. Eine Abschottung der Märkte und Wahrnehmung der Weltwirtschaft als »böse« bringt für uns als Unternehmen, das auf offene Märkte angewiesen ist, Probleme und eine Belastung für das Geschäft.“ RLE habe eine Tochtergesellschaft in den USA, und der Handel mit den USA mache zehn bis zwölf Prozent des Geschäfts aus. Ob indes das Freihandelsabkommen TTIP jetzt noch komme oder nicht, sei für RLE als Dienstleistungsunternehmen nicht so relevant.
Günther Klum, Vater von Heidi Klum
Günther Klum, Vater von Heidi Klum: „Es wird nicht alles so heiß gegessen wie es gekocht wird.“ Seine Tochter habe gewählt – wen sie gewählt hat, sagt er nicht. „Sie ist gut beraten, sich über Politik und Religion nicht zu äußern.“ Er persönlich sei von dem Wahlausgang nicht überrascht worden. „Ich habe doch gesehen, wie unzufrieden die Amerikaner mit der Obama-Regierung sind. Von dieser Stimmung hat Trump massiv profitiert – und Clinton war eine ideale Gegnerin für ihn.“ Allerdings erwartet Klum nicht, dass Trump seine radikalen Ankündigungen – etwa eine Mauer zu Mexiko zu bauen – umsetzen kann. „Er regiert ja nicht allein.“
Marc Krüger, Geschäftsführer bei der Krüger GmbH
Marc Krüger, Geschäftsführer bei der Krüger GmbH, hat intensive Handelskontakte mit amerikanischen Unternehmen. „Und selbstverständlich machen wir uns Gedanken, ob jetzt zum Beispiel protektionistische Barrieren hochgezogen werden.“ Was für das Unternehmen schlecht wäre. „Auch unsere amerikanischen Partner rätseln, wie es weitergeht.“ Er persönlich sei von dem Erfolg Trumps überrascht worden. „Ich habe den Fernseher angemacht und nur gedacht: Das gibt es doch gar nicht.“ Er schwanke immer noch zwischen Entsetzen und Verblüffung.“ Aber vielleicht müsse man sich an solche Überraschungen gewöhnen. Denn auch der Brexit habe ihn überrascht. „Unsicherheit in der politischen Entwicklung wird langsam zur Normalität.“
Andrea Steinert, Direktorin des Amerikahauses in Köln
Andrea Steinert aus Bensberg ist Direktorin des Amerikahauses in Köln. „Mich hat das Wahlergebnis nicht überrascht. Nur mit der Deutlichkeit habe ich nicht gerechnet“, sagt sie. Steinert war in Düsseldorf, als feststand, das Donald Trump neuer Präsident der USA wird. Seit dem Brexit habe sie mit allem gerechnet. „Das Volk hat damals deutlich gemacht, dass es wählt, was es für richtig hält“, sagt Steinert. Die Europäer hätten sich in der Wahlkampfberichterstattung nur auf die Kandidaten fixiert. Sachthemen und vor allem die amerikanischen Wähler und deren Bedürfnisse und Wünsche seien so gut wie nicht vorgekommen. Für wen ihr Herz in der Wahlnacht geschlagen hat, wollte Steinert nicht preisgeben. Die Angst vieler Deutschen vor einem Präsidenten Trump teilt sie nicht: „Angst ist ein schlechter Berater. Es ist eine neue Situation, daran müssen wir arbeiten.“