Im Rhein-Berg-Kreis sorgte die Download-Panne für Unmut unter Schülerinnen und Schülern. Auch das System wird kritisiert.
Stimmen aus Rhein-BergAbi-Debakel zeugt von „unmodernem Bildungssystem“
Als Kai Linnenbrink aus Bergisch Gladbach am Dienstagabend gegen 21 Uhr von der Absage des für Mittwoch geplanten Prüfungstermins in der WhatsApp-Gruppe seiner Stufe am Gladbacher Nicolaus-Cusanus-Gymnasium erfuhr, hielt er das zunächst für einen Scherz, wie er erzählt.
Als er sich dann vergewissert hatte, dass die Medienberichte über die Komplikationen beim Download der zentralen Abiturprüfungsaufgaben stimmten und er statt am Mittwoch, am Freitag seine Bio-Klausur schreiben sollte, „hatte ich gemischte Gefühle“, sagt der 17-Jährige. „Auf der einen Seite freute ich mich, etwas mehr Zeit für die Vorbereitung zu haben und sah die restlichen Stunden meines Abends gerettet“, so Kai Linnenbrink. „Trotzdem rücken die Termine meiner Abiturklausuren jetzt nur näher zusammen, wodurch mir leider doch weniger Stress erspart bleibt als zunächst angenommen.“
„Unmodernes Bildungssystem“
Trotzdem, so der Abiturient: „Ich denke aber nicht, dass die Verlegung einen großen Einfluss auf uns als Schüler hat.“ Der Vorfall an sich sei „nicht schlimm“. Schlimm sei vielmehr „das, was er offenlegt: Ein unmodernes Bildungssystem, was nicht einmal mehr in der Lage dazu ist, Routineaufgaben zu erledigen“, sagt der Schüler und verweist auch auf die während der Coronazeit in Bezug auf die Schule verfehlte Politik.
„Man dachte, über die Pandemie wäre die Digitalisierung des Schulsystems ins Rollen gekommen, der Gegenbeweis wurde gestern geliefert.“ „Dank Corona sind wir mit kurzfristigen Infos sehr versiert“, sagt die stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums Herkenrath, Romina Matthes.
Download-Panne bedeutet mehr mentale Belastung
„Bei uns hat der Download funktioniert, die Prüfungsaufgaben liegen im Safe. Aber dennoch tun mir die Schüler leid, die ihre Abi-Lernpläne getaktet haben, und die Information vom Ministerium zur Verschiebung der Klausuren kam ja sehr spät, erst um 20.30 Uhr.“
Ein Schüler der Herkenrather Q2 bezeichnete die Download-Panne als „tierisch nervig“ und als mentale Belastung für alle betroffenen Schüler. „Insbesondere die Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens sind belastet, denn am Freitag endet der Ramadan und das Zuckerfest wird gefeiert. Abi-Vorbereitung während des Ramadan ist ja schon schwierig, aber nun auch noch die Klausur am Zuckerfest – für die Betroffenen ist das schwierig.“
David Hubert, Schulleiter des Overather Paul-Klee-Gymnasiums, hat wie seine Kollegen einen langen Nachmittag mit Download-Versuchen und dem Warten auf Informationen verbracht. „Die Kollegen waren im Lehrerzimmer und haben gewartet, sie hätten ja noch kopieren und Versuche aufbauen müssen. Die Kommunikation war schwierig, angekündigte Infos vom Ministerium kamen dann Stunden später“, ärgert er sich.
„Gerüchte, Warterei, und erst sehr spät die Gewissheit“
Um 20.45 Uhr habe er schließlich seine Lehrerinnen und Lehrer nach Hause geschickt, so Hubert. Für Angelina Stragara, Schülerin am Gymnasium Herkenrath, fällt aufgrund der Verlegung der Abi-Klausuren von Dienstag auf Freitag ihre „Belohnung“ weg: Sie wollte am Freitag ins Phantasialand in Brühl fahren, denn dann wären normalerweise ihre beiden Leistungskurs-Klausuren geschrieben gewesen.
„Es war nervenaufreibend“, schildert die Abiturientin die Situation am Dienstag, „Gerüchte, Warterei, und erst sehr spät die Gewissheit, dass am Mittwoch nicht geschrieben werden kann.“ Nun wird mit einer Freundin weiter für die Biologie-Leistungskursklausur gelernt.
Ziemlich entnervt ist auch Elvin von Lonski, Abiturient am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium in Bergisch Gladbach und Mitglied der Bezirks-Schülervertretung Rhein-Berg: „Diese Panne beschädigt die Vergleichbarkeit, es ist unfair für die Schülerinnen und Schüler, die zeitgemäß dran waren“, sagt er. Wenn man so viel Aufwand für das Zentralabi betreibe, findet von Lonski, dürfe eine solche massive Panne einfach nicht passieren.
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