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Politischer CoupCDU und Grüne wollen Rhein-Bergs Kreisdirektor stürzen

Lesezeit 5 Minuten
Landrat Stephan Santelmann und Kreisdirektor Dr. Erik Werdel sitzen an einem Tisch mit weißem Tischtuch und Namensschildern.

Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (CDU, rechts) soll nach Willen von CDU und Grünen nicht erneut kandidieren können, Landrat Stephan Santelmann (CDU) wird durch den Schritt gestärkt.

Der Personalrat der Kreisverwaltung hat einen Brandbrief an alle Kreistagsmitglieder geschickt – Der Kreisdirektor äußert sich erstmals.

Auch der politische und öffentliche Protest auf die Pläne, die im September durch einen Bericht an dieser Stelle öffentlich wurden, hat die Mehrheit von CDU und Grünen im Kreistag nicht von ihrem Vorhaben abgebracht: In der Sitzung des Kreistags am kommenden Donnerstag, 7. Dezember, wollen sie – offenbar ohne lange Diskussion in den Fachausschüssen, die bereits alle getagt haben – das Amt des Kreisdirektors in Rhein-Berg abschaffen und damit Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (CDU) den Stuhl vors Kreishaus stellen. Denn Werdels aktuelle achtjährige Amtszeit läuft im Mai aus, und wenn sein Amt nicht mehr existiert, kann er sich nicht mehr – wie er es vorhatte – erneut darauf bewerben.

Allgemeiner Vertreter soll den Kreisdirektor ersetzen

Künftig soll seine Aufgabe ein Allgemeiner Vertreter übernehmen, der allerdings nicht mehr auf acht Jahre gewählt wird, sondern jederzeit vom Kreistag eingesetzt und wieder abberufen werden kann. Warum? In der Begründung ihres Antrags auf eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung des Kreises bleiben CDU und Grüne vage: Da die Amtszeit des Landrats beziehungsweise der Landrätin „mittlerweile synchron zur Amtszeit des Kreistags ist,“ biete sich eine „zeitliche Synchronisierung einer künftigen allgemeinen Vertretung an“. Warum sich dies anbietet, führt die schwarz-grüne Mehrheit in ihrer Begründung nicht auf.

Auf Nachfrage wirbt CDU-Kreistagsfraktionschef Johannes Dünner „um Verständnis“ dafür, dass CDU und Grüne die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung im Blick hätten. Ein neuer Kreisdirektor mit einer erneuten Amtszeit von acht Jahren würde als „Langstreckenläufer“ bis in die übernächste Wahlperiode im Amt bleiben – ungeachtet der möglicherweise bis dahin veränderten politischen Mehrheiten.

Wir brauchen in der Kreisverwaltung eine Struktur, die arbeitsfähig ist.
Johannes Dünner, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion

„Wir brauchen aber in der Kreisverwaltung eine Struktur, die arbeitsfähig ist“, so Dünner. „Die Kreistagsmehrheit solle sich zudem auch in der Verwaltungsspitze wiederfinden“, so Dünner. Die Pläne von Schwarz-Grün sehen allerdings auch wieder einen CDU-Mann als Allgemeinen Vertreter des Landrats (CDU) vor (siehe „Wer welches Amt übernehmen soll“).

Auf Nachfrage räumt Dünner unterdessen ein, dass die Veränderung „menschlich sehr unglücklich für Dr. Werdel“ sei.

Ich hätte sehr gerne weitergemacht . . . Die bevorstehende Entscheidung, die Funktion des Kreisdirektors abzuschaffen, halte ich für falsch.
Dr. Erik Werdel (CDU), Kreisdirektor

Erstmals äußert sich Kreisdirektor Dr. Erik Werdel auf Anfrage dieser Zeitung zu den Plänen: „Ich hätte sehr gerne weitergemacht, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses und die Menschen im Rheinisch-Bergischen Kreis“, so der 54-Jährige, der bereits zweimal vom Kreistag als Kreisdirektor gewählt worden ist.

„Die bevorstehende Entscheidung, die Funktion des Kreisdirektors abzuschaffen, halte ich für falsch“, so der Jurist. „Die Begründung zum Antrag von CDU und Grünen bestätigt mich darin, dass es keine für einen Dritten nachvollziehbare sachliche Begründung gibt.“ Gerade die unabhängig von Kreistags- und Landratswahlen vorgesehene Amtszeit von acht Jahren hinsichtlich des Kreisdirektors habe in den vergangenen 16 Jahren „für Verlässlichkeit und Stabilität im Kreis-(haus)“ gesorgt – ganz „im Gegensatz zu einem beliebig zu bestellenden und abzuberufenden Lebenszeitbeamten als Allgemeinen Vertreter des Landrats“.

Personalrat wendet sich erstmals mit Brandbrief an alles Kreistagspolitiker

Das sieht offenbar auch der Personalrat der Kreisverwaltung so. In einem bislang so nicht dagewesenen Brandbrief hat er sich gestern an alle Kreistagsmitglieder gewendet. Der Personalrat sei von vielen Mitarbeitenden der Kreisverwaltung auf dieses Thema angesprochen worden: „All diese Mitarbeitenden äußerten ihr Unverständnis über diese Entscheidung“, heißt es in dem Brief des Personalrats, der der Redaktion vorliegt.

Die „Doppelspitze“ von Landrat und Kreisdirektor mit unterschiedlichen Wahlzeiten habe sich bewährt: Gerade in der „heutigen sehr schnelllebigen Zeit“ sei „Kontinuität in der Spitze eines Unternehmens und somit auch der Verwaltung ein hohes Gut“, argumentiert der Personalrat.

Der Verlust von Dr. Erik Werdel als anerkannte, hochqualifizierte und erfahrene Führungskraft wäre ein großer Verlust für die Kreisverwaltung.
Aus dem Schreiben des Personalrats der Kreisverwaltung an die Kreistagsmitglieder

Ganz abgesehen davon sei der Verlust von Werdel als „anerkannte, hochqualifizierte und erfahrene Führungskraft“ ein „großer Verlust für die Kreisverwaltung“, kritisiert der Personalrat in seinem Schreiben. Zudem moniert er, dass CDU und Grüne in ihrem Antrag mit keinem Wort auf Werdel eingingen.

Offenbar wollten CDU und Grüne eine „verdiente Führungskraft ohne inhaltliche Diskussion absetzen“. Das sei für den Personalrat „sehr enttäuschend“. Und: „Dieser Eindruck ist für die Außendarstellung und das Image unserer Kreisverwaltung fatal.“

Ein Landrat muss auch die Gelegenheit haben, bei der Auswahl seines Vertreters oder seiner Vertreterin mitzuwirken.
Ursula Ehren, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag

Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Ehren möchte auch auf Nachfrage nicht weiter darauf eingehen. Nur so viel: Ein Landrat müsse auch die Gelegenheit haben, bei der Auswahl seines Vertreters oder seiner Vertreterin mitzuwirken. Und: „Es muss eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sein“, spielt Ehren auf die Auseinandersetzung zwischen Santelmann und Werdel in der Corona-Zeit an, als der Landrat die Krisenstabswarnungen auch seines Kreisdirektors in den Wind schlug, dann das Krisenmanagement selbst übernahm, das ihm dann komplett entglitt, bevor er krank wurde und Landrat und Kreisdirektor später zeitweise allein über Anwälte kommunizierten.

Die SPD hatte bereits bei Bekanntwerden der schwarz-grünen Pläne, die Position des Kreisdirektors abzuschaffen, wie auch Freie Wähler und FDP angekündigt, dagegenzustimmen. Und zu den betroffenen Personen hatte sich SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn so geäußert. „Werdel hat die Krise bewältigt. Santelmann hat nur Chaos erzeugt. Werdel steht für Kompetenz. Santelmann lächelt.“


Wer welches Amt übernehmen soll

Kommen die Pläne von Grünen und CDU, den Posten des bisherigen Kreisdirektors durch einen Allgemeinen Vertreter des Landrats zu ersetzen, am Donnerstag in der Kreistagssitzung durch, wozu die Kreistagsmehrheit rechnerisch in der Lage ist, wenn niemand abweicht, dann kann Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (CDU) nach Ablauf seiner Amtszeit im Mai nicht erneut kandidieren, weil es sein Amt nicht mehr gibt.

Der neu geschaffene Posten des Allgemeinen Vertreters des Landrats muss laut Vorschriften ein „Leitender hauptamtlicher Beamter“ beziehungsweise eine „Leitende hauptamtliche Beamtin“ sein. Die einzige bisherige grüne Dezernentin in der Kreisverwaltung, Elke Reichert, ist aber Angestellte und nicht verbeamtet – und wechselt überdies voraussichtlich weg vom Kreis an die Spitze des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv).

Übernehmen soll den Posten des Allgemeinen Vertreters Markus Fischer (CDU). Der bisherige Dezernent für Soziales, Inklusion, Gesundheit, Jugend und Familie soll am Donnerstag im nichtöffentlichen Teil der Kreistagssitzung ein neues Querschnittsdezernat mit allen „personellen und organisatorischen Angelegenheiten“ übernehmen. Das damit frei werdende Sozialdezernat soll der grüne Kreistagsabgeordnete Jürgen Langenbucher aus Leichlingen übernehmen. (wg)