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Einschränkungen in der VersorgungImmer mehr Apotheken schließen im Rheinisch-Bergischen Kreis

Lesezeit 3 Minuten
Der Parkplatz einer Apotheke ist leer. Nur ein paar Meter weiter hinten ist das Schild der nächsten Apotheke zu sehen.

In Forstbach liegen noch zwei Apotheken nebeneinander.

Der Trend des Apothekensterbens macht sich auch in Rhein-Berg bemerkbar: In den vergangenen zehn Jahren sind elf Apotheken verschwunden.

Nach einem Arztbesuch mal eben das Rezept in der gegenüberliegenden Apotheke einlösen, damit die Medikamente so schnell wie möglich eingenommen werden können. Noch ist das in städtischen Gebieten kein großes Problem– in Gladbach gibt es im Zentrum gleich mehrere Apotheken. Doch ist es längst nicht mehr überall möglich, ohne Einschränkungen an wichtige Medikamente zu kommen.

Seit mehr als 20 Jahren zeichne sich ein Trend des Apothekensterbens ab, gibt die Apothekerkammer Nordrhein an: „Die Bereitschaft, eine Apotheke neu zu eröffnen oder zu übernehmen, wirkt so gering wie nie.“ Die Apothekergenossenschaft Noweda gab Ende 2022 an, dass alle 27 Stunden eine Apotheke für immer schließen muss.

Rhein-Berg: Immer mehr Apotheken schließen

Auch in Rhein-Berg verschwinden immer mehr Apotheken. Gerade in den vergangenen fünf Jahren war die Differenz zwischen Schließungen und Neueröffnungen besonders hoch: Während es 2017 noch 65 Apotheken im Kreis gab, verzeichnete die Apothekerkammer Ende des vergangenen Jahres nur noch 55. Dieses Verhältnis sah in den Jahren von 2012 bis 2017 noch anders aus– in diesem Zeitraum ging die Zahl der vorhandenen Apotheken lediglich von 66 auf 65 zurück.

Das Apothekensterben sei ein ernsthaftes Problem, das nicht mehr nur dazu führe, dass Menschen weiter fahren müssten, um an ihre Medikamente zu kommen, sagt Apotheker Markus Kerckhoff. „Es kommt zu ernsthaften Einschränkungen der Versorgung“, erklärt er. Über die Gründe für den Rückgang der Apotheken sind sich alle Betroffenen einig: Es lohne sich wirtschaftlich nicht mehr, sich selbstständig zu machen.

Apotheker müssen sich an lange Liste von Auflagen halten

„Außerdem wird der bürokratische Aufwand immer höher. Da haben viele keine Lust mehr, sich selbstständig zu machen“, meint Kerckhoff. Dazu kämen Fachkräftemangel, Lieferengpässe und „das Spardiktat der Krankenkassen“, so ein Sprecher der Apothekerkammer Nordrhein. Die Apotheken gehen Rabattverträge mit den Krankenkassen ein, die Kundinnen und Kunden vor erheblichen Zusatzkosten schützen sollen. So setze die Gesundheitspolitik in Deutschland aber zu sehr darauf, Arzneimittel immer billiger abzugeben.

Das habe dazu geführt, dass die Produktion zu einem großen Teil ins Ausland verlagert worden sei, da es sich für Hersteller nicht mehr lohne, hier zu produzieren. „Spätestens in der Corona-Pandemie haben wir gemerkt, was das für unser Gesundheitssystem bedeutet“, sagt Kerckhoff. Mit dem Beginn der Pandemie sei besonders die Abhängigkeit der deutschen Gesundheitsversorgung von China deutlich geworden.

Sparmaßnahmen haben Folgen

Die Verlagerung der Produktion ins Ausland bleibe nicht ohne Folgen: Ein Mittel, das nach einer Brustkrebsbehandlung zur Vorsorge gegen einen Rückfall gegeben werde, sei aktuell nicht mehr erhältlich, kritisiert Kerckhoff. Auch einige Antibiotika oder Schmerzmittel fehlten im Regal. Für Apotheker lohne es sich selten, Arzneimittel selbst herzustellen, da die Produktionskosten höher seien als der Ertrag.

„Uns stehen 40 bis 50 Wirkstoffe gar nicht mehr zur Verfügung“, erklärt Kerckhoff. Einige könne man ersetzen, andere aber nicht. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht dagegen „keine Hinweise auf eine generelle akute Verschlechterung der Versorgungslage in Deutschland“. Im November gab die Behörde an, dass es bei etwa 300 von 100 000 in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln zu Lieferengpässen komme.

Für viele knappe Medikamente gibt es aber Alternativen. Deswegen sei ein Lieferengpass nicht gleich ein Versorgungsengpass, betont die Behörde. Trotz der widrigen Umstände mache der Beruf und die Selbstständigkeit immer noch Spaß, sagt Apotheker Kerckhoff. Anders als viele seiner Kolleginnen und Kollegen hat er auch keine Probleme, jemanden zu finden, der seine Apotheken übernimmt: „Eine Kollegin aus unserem Team wird meine Nachfolgerin.“


Das verdienen Apotheken

  1. Die Preisgestaltung von Medikamenten ist nicht den einzelnen Apotheken überlassen, sondern klar geregelt: Verschreibungspflichtige Arzneimittel haben einen einheitlichen Preis, kosten also in jeder Apotheke in Deutschland gleich viel. Die Preise legt die Arzneimittelpreisverordnung fest.
  2. Der Verdienst der Apotheken an den Medikamenten ist gesetzlich vorgeschrieben. Er setzt sich bei Kassenpatienten wie folgt zusammen:
  3. drei Prozent des Apothekeneinkaufspreises
  4. plus 8,35 Euro Apothekenhonorar (immer 8,35 Euro je Medikament, unabhängig vom Ladenpreis)
  5. minus zwei Euro Apothekenabschlag (den müssen die Apotheken pro Medikamentenpackung an die Krankenkassen zahlen). (abr)