Wir haben bei einem Bäcker in Rhein-Berg nachgehört, ob dadurch das Brot teurer wird.
„Trendwende bei Bezahlung“Angestellte im Backhandwerk in Rhein-Berg bekommen mehr Geld
Beschäftigte im Bäckerhandwerk bekommen von diesem Monat an mehr Geld für ihre Arbeit. Die Erhöhung beträgt zwischen vier und 13 Prozent, je nach Tarifgruppe. Vom Bäckergesellen, über den Auslieferungsfahrer, bis zur Fachverkäuferin in einer Bäckereifiliale profitierten alle Beschäftigten von der Lohnerhöhung, teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit.
„Gerade in den Betrieben, die vor Ort Brote, Brötchen und Kuchen verkaufen, werden die Mitarbeitenden vom neuen Tarifvertrag profitieren“, betont Manja Wiesner, Geschäftsführerin der NGG Köln. Eine Bäckereifachverkäuferin, die Vollzeit arbeitet, habe gut 270 Euro mehr im Portemonnaie. Ein junger Bäckergeselle erhalte knapp 170 Euro zusätzlich im Monat, rechnet die Gewerkschafterin vor.
Rhein-Berg: 590 Beschäftigte arbeiten in 47 Bäckereien und Konditoreien
Im Rheinisch-Bergischen Kreis gibt es nach Angaben der Agentur für Arbeit 47 kleinere und größere Bäckereien sowie Konditoreien mit rund 590 Beschäftigten. Für die Gewerkschaft bringe der neue Tarifabschluss eine „Trendwende bei der Bezahlung“ in Bäckereien: „Es ist der entscheidende Schritt gelungen, das bislang deutliche Lohngefälle zwischen Backstube und Verkaufstresen zu verringern“, sagt Manja Wiesner.
Die Gehälter für Fachkräfte steigen dabei stärker als für unqualifizierte Kräfte. Die Personalkosten der Betriebe würden sich durchschnittlich um rund sieben Prozent erhöhen. Für die Bäckereien neben gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen ein weiterer Kostenfaktor. Werden Brot und Brötchen nun nochmal teurer?„Weitere Preiserhöhungen sind ein sehr sensibles Thema. Ich möchte sie erstmal vermeiden“, erklärte dazu gestern Bäckermeister Mario Fritzen, Inhaber der Kürtener Landbäckerei.
Ihm sei durchaus bewusst, dass auch die Kunden nicht ständig alles auffangen können. „Ich bemerke jetzt schon mehr Zurückhaltung. Der Januar war bisher sehr ruhig bei uns im Betrieb“, sagt Fritzen. Andererseits müsse auch sein Geschäft überleben, doch aktuell denke er nicht über teurere Brötchen nach.
Durch die neue Struktur der Entgelttabelle falle die Erhöhung der Personalkosten recht unterschiedlich aus. Sie hänge maßgeblich von der individuellen Verteilung der Mitarbeiter auf die einzelnen Tarifgruppen ab, erläutern der Bäcker-Innungsverband Westfalen-Lippe und der Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks.
Die Qualifizierung der Mitarbeitenden hat die Gewerkschaft NGG bei den Tarifverhandlungen als zentralen Punkt vertreten. Um mehr Lohn zu bekommen, sollen Bäckerei-Beschäftigte künftig besser gefördert werden. Wiesner: „Wer als angelernte Kraft im Verkauf arbeitet und einen guten Job macht, sollte zum Chef gehen und mit ihm über eine Weiterbildung zur Fachkraft sprechen.“
Das Besondere am neuen Tarifvertrag sei die Nutzung der Inflationsausgleichsprämie auf Basis eines vereinbarten Zuschlags auf den Stundenlohn pro tatsächlich gearbeiteter Stunde. Das erläutern die Handwerksverbände auf ihrem Fachportal „back.intern“. Demnach sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dadurch einen möglichst großen Anteil der tariflichen Steigerungen auch netto auf ihrem Konto erhalten.
Rhein-Berg: Neuer Tarif schließt sich an bisherige Verträge an
Als weiteres Novum werde der tarifvertraglich vereinbarte Zuschuss über die Inflationsausgleichsprämie am Ende der Laufzeit des Tarifvertrages in voller Höhe dem Entgelt hinzugerechnet.
Das bedeute, die Inflationsausgleichsprämie stärke sofort die Kaufkraft der Beschäftigten und gehe nicht verloren. „Läuft die Prämie als Zusatzzahlung aus, bleibt das Lohnniveau trotzdem auf den Euro und Cent genau erhalten“, erläutert Manja Wiesner.
Der neue Tarifvertrag für Beschäftigte im Bäckerhandwerk schließt nahtlos an den bisherigen Vertrag an und hat eine Laufzeit vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2024.