Rhein-BergWandern in Naturschutzgebieten bald möglich
Rhein-Berg – Zwei Jahre haben Regelungsversuche zum Wandern in Rhein-Bergs 71 Naturschutzgebieten die Gemüter von Wanderern, Naturschützern aber auch von denen erhitzt, die einen Ausgleich zwischen dem Schutz der Natur und ihrer Freizeitnutzung herzustellen haben. Jetzt liegt eine Lösung auf dem Tisch, die gestern nicht nur die Kreisverwaltung, sondern auch Vertreter von Naturschutz, Wandervereinen und Tourismusorganisationen als Durchbruch feierten.
Den Landschaftsplänen zufolge seien Veranstaltungen in Naturschutzgebieten nun einmal verboten, skizzierte der zuständige Dezernent der Kreisverwaltung, Gerd Wölwer, die Ausgangslage der Auseinandersetzung. Ein erster Lösungsversuch mit differenzierten Anträgen für unterschiedlich große Wandergruppen hatte im vergangenen Jahr wie berichtet zu einem Aufschrei und Protest unter Wandervertretern geführt.
Bisherige Reglung
■ Bei der Genehmigung wurde zwischen geführten Wandergruppen bis 10 Teilnehmer (Anzeigepflicht beim Artenschutz), bis 20 Teilnehmer (vereinfachte Genehmigungspflicht, kostenlos) und bis 40 Teilnehmer (kostenpflichtige Genehmigung) unterschieden.
■ Wandervereine fallen wie alle andere Gruppen unter die genannte Regelung und £müssen – je nach Gruppengröße – Anträge stellen.
■ Wanderführer händigen ihren Teilnehmern vom Kreis in Abstimmung mit dem Naturschutz erstellte Faltblätter zum richtigen Verhalten in Naturschutzgebieten aus.
Neue Regelung
■ Wandergruppen bis 50 Personen, die auf ausgewiesenen Wanderwegen in Naturschutzgebieten unterwegs sind, werden nicht (mehr) als Beeinträchtigungsrisiko für Naturschutzgebiet eingestuft und benötigen keine formale Genehmigung durch den Kreis.
■ Der Kreis schließt mit Wandervereinen, Naturpark und Naturarena Bergisches Land Kooperationen, die zur gegenseitigen Unterstützung und zum Austausch über Veranstaltungen verpflichten.
■ Wanderführer händigen ihren Teilnehmern die Faltblätter zum Verhalten in Naturschutzgebieten aus; Wandervereine melden dem Kreis Verstöße in Naturschutzgebieten.
Auch die Kreispolitik hatte die Verwaltung aufgefordert, die Genehmigungspraxis nochmals zu überdenken. Die setzte sich nun mit Vertretern von Wandervereinen wie dem Sauerländischer Gebirgsverein, dem Kölner Eifelverein, den Naturfreunden, dem Naturschutzbeirat des Kreises, dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW, der Biologischen Station sowie Tourismusvertretern (Das Bergische, Naturpark) an einen Tisch und startete nochmals von vorn.
Ergebnis: Künftig dürfen Gruppen von bis zu 50 Personen ohne Genehmigung in Naturschutzgebieten wandern, wenn sie auf den ausgewiesenen Wegen bleiben und dort auch sonst nicht gegen Naturschutzvorgaben wie das Verbot, Pflanzen zu pflücken, oder den Leinenzwang für Hunde verstoßen. Das betrifft Schulklassen ebenso wie Vereine oder Lauftreffs. Größere Gruppen sind nur mit Einvernehmen der Naturschutzbehörde erlaubt. Genau geprüft werden zudem sämtliche Angebote mit kommerzieller Gewinnabsicht.
Kooperationen mit Wandervereinen geplant
Mit Wandervereinen plant der Kreis zudem Kooperationsvereinbarungen abzuschließen, um Wanderführer in Sachen Naturschutz zu schulen und Jahresprogramme frühzeitig abzustimmen, damit etwa der Artenschutz „nochmal draufschauen“ könne, wie Dezernent Wölwer es formulierte. Zudem sollen Wandervereine den Naturschutzbehörden künftig Probleme wie etwa Verunreinigungen in Naturschutzgebieten melden.
„Ich war sehr positv überrascht, dass wir auf Augenhöhe mit Verwaltung und Naturschutz sprechen konnten“, sagte gestern Dirk Zimmermann vom Sauerländischen Gebirgsverein (SGV). Dabei räumte der Leiter der SGV-Wanderakademie und des Naturschutzzentrums ein, dass er anfangs etwas Bauchschmerzen gehabt habe. „Wäre die vorherige Regelung geblieben, wäre das das Ende der Wanderarbeit gewesen“, so Zimmermann, weil dann die meisten Wanderführer wegen der bürokratischen Antragsformalitäten gestreikt hätten.
„Vernünftige Regelung“
Als „vernünftige, flexible und etwas liberalere Regelung, mit der alle zurechtkommen können“ lobte Naturschutzbeiratsvorsitzender Mark vom Hofe den gefundenen Kompromiss. Dass die Beantragungsgrenze für das Gros der Wandergruppen auf 50 Personen heraufgesetzt wurde, entspreche auch der Vorgabe des Landesforstgesetzes, erläuterten die Beteiligten auf Nachfrage. „Die Größe einer Gruppe sei aber auch nicht entscheidend“, so vom Hofe, „wir legen Wert darauf, dass die Gruppen jemanden dabei haben, der Ahnung hat.“
Aus diesem Grund sollen nun gemeinsam mit der Biologischen Station Schulungsmodule entwickelt werden. Zwei Jahre soll die neue Regelung ausprobiert und überprüft werden, ob sie noch nachzubessern ist. Dann sollen auch die Verbotsregelungen in den Landschaftsplänen des Kreises entsprechend angepasst werden. Abgestimmt sei das Vorgehen auch mit den Nachbarkreisen Rhein-Sieg und Oberberg, so Wölwer.
Das Faltblatt für Wanderer zum richtigen Verhalten in Naturschutzgebieten kann von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen beim Kreis per E-Mail angefordert werden: landschaft@rbk-online.de