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Anders als 2021Warum die jüngste Starkregenflut in Rhein-Berg glimpflich verlief

Lesezeit 4 Minuten
Feuerwehrleute Pumpen Wasser an einem Haus ab.

In der Nacht zum Ersten Weihnachtsfeiertag drückte teilweise Grundwasser in Keller wie hier in Overath.

Der Rheinisch-Bergische Kreis hat das Weihnachtshochwasser analysiert – Die Erkenntnisse freuten nicht nur die beteiligten Retter.

Warum der Starkregen über die Weihnachtsfeiertage vergleichsweise glimpflich für Rhein-Berg verlaufen ist? Kreis-Umweltamtsleiter Lars Helmerichs hat die Wetterlage analysiert und gleich mehrere Faktoren ausgemacht, die anders waren als bei der Starkregenkatastrophe von 2021, und manche Sicherheitseinrichtungen, die es damals noch gar nicht gab. . .

Bereits am Mittwoch vor den Feiertagen nach dem Wochenende habe es erste Meldungen des Deutschen Wetterdienstes über „verbreitet 30 bis 50 Millimeter, gebietsweise 70 bis 90 Millimeter, im Bergland teils auf über 100 Millimeter“, gegeben, berichtete Helmerichs im Umweltausschuss des Kreises. Letztere Menge hätte angesichts der vorausgegangenen Niederschläge schon Anlass zu Sorge geben können.

Gegenüber 2021 gibt es jetzt einen deutlich verbesserten Austausch der Beteiligten und viel mehr Informationen über die Entwicklungen.
Lars Helmerichs, Leiter des Umweltschutzamts beim Kreis

Allerdings, so Helmerichs, seien die Niederschläge „sehr günstig“ gefallen: „Viel Regen, aber immer mal wieder auch eine Pause.“ Und: „Zum Rhein hin eher weniger als Richtung Oberberg“, wie das angesichts von West kommender Wetterlagen aufgrund des Steigungsregens im Bergischen Land auch sonst üblich sei. So seien in Rösrath-Lehmbach vom Morgen des 21. Dezember bis zum Mittag des 26. Dezember 61,8 Millimeter Niederschlag gemessen worden, in Kürten-Sülze 112,5 Millimeter und 143,5 in Kürten Rothe Furth. An der oberbergischen Bevertalsperre seien unterdessen 180 Millimeter gemessen worden.

Habe es sich in Rösrath um ein zwei- bis fünfjährliches Ereignis gehandelt, sei es in Rothe Furth bereits ein 30 bis 50-jährliches Hochwasserereignis gewesen, so Lars Helmerichs.


Die Pegelstände

3,07 Meter erreichte der Pegel der Agger in Overath als Höchststand am Morgen des Ersten Weihnachtstags. 2,58 Meter waren es am Sülzpegel in Hoffnungsthal.

Das mittlere Hochwasser am Pegel Overath liegt bei 2,76 Meter, am Pegel Hoffnungsthal wird es mit 2,62 Meter angegeben, war also an Weihnachten 2023 nicht überschritten. (wg)


Zusätzlich entspannt worden sei das Niederschlagsereignis dadurch,   dass es eine aktive Steuerung der Talsperren durch die Wasserverbände gegeben habe. So seien Regenspitzen in den Talsperren gepuffert worden.

So seien rund sechs Millionen Kubikmeter in der Großen Dhünn-Talsperre vom Talsperrenbetreiber Wupperverband gepuffert worden, in der (kleineren) Aggertalsperre des Aggerverbands seien es ebenfalls gute drei Millionen Kubikmeter gewesen.

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz meldete sich

Neu sei gewesen, dass sich das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, kurz: Lanuv, am 20. Dezember initiativ gemeldet und abgefragt habe, wie die Bereitschaften besetzt seien. „Das fand ich prima“, so Helmerichs. Überhaupt werde in solchen Lagen heute deutlich mehr miteinander kommuniziert als dies bei der Flutkatastrophe von 2021 der Fall gewesen sei.

Am Abend des 20. Dezember habe der Wupperverband seinen Hydrologen vom Dienst aktiv gesetzt, am Folgetag habe dieser zudem in einem Videokanal zum Austausch mit Kommunen, Feuerwehren, Wasserbehörden und anderen Beteiligten zur Verfügung gestanden.

Kommunen und Feuerwehren sind für die Gefahrenabwehr zuständig

„Eine tolle Einrichtung des Wupperverbands“, so Helmerichs. Auch die eigene Rufbereitschaft Hochwasser des Amtes für Umweltschutz sei am 21. Dezember in Dienst gesetzt worden, wobei der Hochwasserschutz und die Gefahrenabwehr Aufgaben der Kommunen seien. Das Umweltamt des Kreises sei lediglich für die Überwachung zuständig.

Sonne strahlt über eine Pfütze in einem Regenrückhaltebecken der Sülz in Rösrath-Venauen.

Am Zweiten Weihnachtstag war viel Wasser bereits wieder abgeflossen wie hier am Rückhaltebecken Venauen.

Hilfreich sind laut Helmerichs auch die komplett neu aufgestellten hydrologischen Lageberichte des Lanuv, die es mindestens zweimal täglich gebe. Über Weihnachten habe es insgesamt 39 Lageberichte gegeben.

Der Höchststand des Hochwassers sei an der Sülz in Hoffnungsthal am Ersten Weihnachtstag um 5.30 Uhr mit 258,2 Zentimeter erreicht gewesen, an der Agger in Overath am selben Morgen mit 307 Zentimeter.

Lediglich einzelne Einsätze von Feuerwehren waren nötig

Außer einzelnen Einsätzen der örtlichen Feuerwehren, insbesondere wegen in Untergeschosse drückenden Grundwassers (wir berichteten), seien in Rhein-Berg keine größeren Maßnahmen notwendig gewesen, so Lars Helmerichs. Am 27. Dezember, dem Tag nach den Feiertagen, habe auch sein Amt die Rufbereitschaft Hochwasser wieder deaktiviert. „Insofern ist nicht nichts, aber doch nichts Schlimmes passiert“, zog Helmerichs im Ausschuss Bilanz und freute sich über den gegenüber 2021 deutlich verbesserten Austausch der beteiligten Instanzen und Organisationen in solchen Situationen.

Auf durchweg positive Resonanz stieß diese Verbesserung auch bei den Vertretern der politischen Fraktionen im Ausschuss.

„Toll, wie sich das Zusammenspiel gegenüber 2021 verbessert hat“, sagte Peter Lautz (CDU). Der Fall habe gezeigt, so Arne Meinhardt (Grüne): „Behörden funktionieren, der Staat funktioniert.“ Es sei gut, dass sich das an einem im Hinblick auf die Folgen für die Öffentlichkeit leichteren Fall habe durchspielen lassen, fand Ausschussvorsitzender Marcel Kreutz (SPD) und dankte für die Auswertung.