Landrat Santelmann im Interview„Zanders-Gelände wäre für Polizei eine gute Option“
- Mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie hat 2020 eine Aufgabe begonnen, die für den Rheinisch Bergischen Kreis noch lange nicht gelöst ist.
- Über die Herausforderungen, die Pläne für 2021, aber auch die Kritik aus den Kommunen hat Guido Wagner mit Landrat Stephan Santelmann (55) gesprochen.
Nach einem für Kommunen wie Kreis herausfordernden Jahr gibt es in der kommunalen Familie lautstarken Unmut, weil der Kreis plant, die Kreisumlage in diesem Jahr anzuheben. Ist es vorbei mit der Solidarität der vergangenen Jahre?Santelmann: Nein. Die Haushaltsberatungen beginnen doch erst. Mir ist auch eine faire Lastenverteilung mit den Kommunen wichtig. Das strukturelle Defizit des Kreises wird aber angesichts steigender Herausforderungen und notwendiger Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, Öffentlichen Personennahverkehr und Bildung nicht kleiner. Da müssen wir dringend Maßnahmen ergreifen. Und die können wir nicht in die Zukunft verschieben.
Und die kommen nicht ohne eine Erhöhung der Kreisumlage aus?
Das werden wir in den Haushaltsberatungen sehen. Wollen wir weiter und stärker investieren in mehr Gesundheitsschutz, verlässliches Rettungswesen; emissionsärmere Antriebe und Breitbandausbau oder nicht?
Als Sie vor gut drei Jahren das Amt als Landrat übernahmen, gab es auch eine besonders lautstarke Kritik an der Haushaltspolitik des Kreises. Damals haben Sie verbesserte Kommunikation mit den Kommunen angekündigt und auch umgesetzt. Hat das jetzt nicht mehr gereicht?
Landrat und Bürgermeister haben noch nie so viel miteinander kommuniziert wie in dieser Corona-Zeit – in Präsenz, über Videokonferenzen und auch über soziale Medien. Häufig wöchentlich. Mir ist das sehr wichtig. Beim Haushalt gibt es Streit. Ich frage mich, ob das in dieser Form zielführend ist.
Ist denn noch Spielraum drin, um den Kommunen entgegen zu kommen?
Wir sind ja schon ein Stück entgegengekommen. Das reicht den Kommunen nicht. Jetzt müssen wir das im Kreistag diskutieren. Und da gehört aus meiner Sicht die Diskussion auch hin.
Gerade die Personalpolitik war ja auch immer ein Kritikpunkt der Kommunen . . .
Aus meiner Sicht „war“ das die Diskussion. Da haben wir vor drei Jahren reagiert, ein strategisches Aufgabenmanagement eingeführt und eine Personalkostendeckelung, eine Obergrenze draufgesetzt. Und planen in diesem Jahr weniger ein, als bisher im Haushalt vorgesehen!
Jetzt kann man die Pandemiekosten ja noch haushalterisch in dieser besonderen Situation anders verbuchen.
Ja, aber das ändert an der strukturell defizitären Finanzsituation ja nichts, die immer schwieriger wird. Außerdem werden die Probleme nur in die Zukunft verlagert.
Erschwert die Pandemie auch den weiteren Fortgang des ÖPNV-Ausbaus, wie der Kreis ihn in den vergangenen Jahren vorangetrieben hat, etwa mit dem Ausbau des Busangebots und alternativer Antriebstechniken wie dem Wasserstoff?
Trotz absoluter Priorität bei der Pandemie-Bewältigung arbeitet die Kreisverwaltung sehr engagiert an den wichtigen Zukunftsprojekten wie Verbesserung des ÖPNV, Mobilität, Regionalentwicklung, Digitale Bildung, um ein paar Beispiele zu nennen. Wir hoffen natürlich, dass wir auch irgendwann wieder durch die Krise hindurch sind. Und dann ist es wichtig, dass man weitergemacht hat, etwa mit den Mobilstationen, die wir im vergangenen Jahr mit dem E-Bike-Verleihsystem gestartet haben . . .
Das kam im Corona-Sommer mit der gestiegenen Fahrradbegeisterung natürlich zum passenden Zeitpunkt.
Ja, und auch die weiteren Bausteine wie das E-Carsharing, das dieses Jahr folgen soll, werden weiter dazu beitragen, die verschiedenen Verkehre besser zu verzahnen und die Verkehrssituation im Kreis zu entlasten.
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Was sind die großen Herausforderungen im Jahr 2021?
Der Start des Impfzentrums, bei dem wir sehr gut vorbereitet sind. Auch die Arbeit im Bereich des Krisenzentrums, des Lagezentrums wird sicher noch eine große Herausforderung bleiben. Aber auch die Klimawandelvorsorgestrategie werden wir weiter voranbringen müssen, zum Beispiel die Folgen von Starkregen auf die einzelnen Kommunen herunterzubrechen und zu schauen, wie man konkret den Schutz vor Unwetterfolgen verbessern kann.
Welche Rolle wird die Regionale 2025 in diesem Jahr spielen?
Wir haben 45 Projekte in der Qualifizierung, allein 14 bei uns im Rheinisch-Bergischen Kreis. Und Projekte wie der Grüne Mobilhof am Technologiepark mit Wasserstofftankstelle oder die Mobilstationen werden Modellcharakter für die gesamte Region bekommen. Die Radschnellwege werden Rhein-Berg zudem über neue Verkehrswege mit der Rheinschiene verbinden. Da ist einiges in Bewegung – auch in diesem Jahr.
Welches Projekt wollen Sie bis Ende dieses Jahres abgeschlossen haben?
Da gibt es einige. Die Schnellbusse von Oberberg durch Rhein-Berg nach Leichlingen und von Much nach Overath sollen ebenso eingerichtet wie die Starkregenkarte für das Kreisgebiet fertiggestellt werden. Und auch die Mobilstationen sollen fertig werden. Klimaschutz und Verkehr – zwei Themen, die eng ineinandergreifen.
Und wann wird die Kreishauserweiterung und -sanierung abgeschlossen?
Da wollen wir auch in diesem Herbst fertig werden, so dass wir 2022 beide Kreishäuser in Heidkamp zusammenfassen können.
Und wie sieht’s mit den Neubauplänen für die Kreispolizeibehörde aus?
Da bereiten wir die Ausschreibung vor, auf die sich dann Investoren oder aber auch beispielsweise die Stadt Bergisch Gladbach bewerben können. Das Land erwartet eine zentrale Lage für den neuen Standort. Klar, wäre da das Zanders-Gelände eine gute Option.