Neu in der RegionDer Versuch, nach dem Umzug in Rösrath Fuß zu fassen
Zwei Dinge vorneweg, was Umzüge angeht.Erstens: Ziehen Sie nicht inmitten einer Pandemie um.Zweitens: Ziehen Sie nicht im Herbst um. Wir sind im letzten Oktober nach Rösrath gezogen. Draußen war es kalt, verregnet und leer, Rösrath sah grau und ziemlich schrecklich aus – der Herbst, Sie erinnern sich. Die Inzidenzen stiegen gerade wieder und wir kannten keine Menschenseele vor Ort.
Umzüge lösen wohl bei jedem eine andere Reaktion aus. Mein Vater strahlte bei unserem Einzug den kompletten chaotischen, anstrengenden Tag hindurch wie ein Honigkuchenpferd, weil er Neuanfänge so spannend findet. Gut, war ja auch nicht sein eigener. Ich habe eigentlich auch nichts gegen Neuanfänge, aber den letzten hatte ich in einer Unistadt inmitten Hunderter anderer verwirrter Studierender versucht, da sitzt man zwangsläufig in einem Boot und muss nur kurz den Arm ausstrecken, damit wer dran hängen bleibt.
Neuanfang in Rösrath
Jetzt, das ist mir im letzten Oktober klar geworden, ist das nicht mehr so leicht. Ich habe einen Job (auch neu), es gibt keine Einführungsveranstaltungen mehr, die man gemeinsam doof finden kann, ehe man sich wenigstens drei Gläser Sekt pro Kopf klaut, und es wirft einem auch niemand mehr Flyer für Sportkurse zu, für die man die Sportart nicht mal können muss.
Ich musste also selbst irgendetwas tun, um anzudocken. Rösrath ist nicht Köln, und in kleineren Städten wirken viele Dinge erst einmal viel mehr in sich geschlossen als in großen. Man hat das Gefühl, es kennen sich alle schon seit Jahrzehnten, und man kommt nicht dazwischen.
Folgendes sind die Erkenntnisse, die ich nach einem dreiviertel Jahr gewonnen habe. Vielleicht helfen sie denen weiter, denen es ähnlich geht.
Landschaft
Rösrath ist viel, viel mehr als nur eine lange Durchfahrtsstraße, an deren Ende man dann Möbel kaufen kann.
Tatsächlich liegt Rösrath ziemlich toll, auf der einen Seite gibt’s den Königsforst, da kann man prima rumspazieren oder joggen, weil es nur wenig bergauf und bergab geht. Auf der anderen liegt das Naturschutzgebiet Kupfersiefer Tal. Eine meiner ersten Erkundungstouren verlief wahllos rund um Schloss Eulenbroich, was auch ein prima Tipp für Hundehalter und -halterinnen ist: Wiese und Wege und viel Platz. Unweit des Schlosses liegt auch mein persönlicher Lieblingsplatz, unten an der Sülz, da, wo sich an der alten Eiche das Wasser in Stufen aufstaut.
Vereine
Von Karneval über Sport bis zu Kunst und Kultur: In Rösrath gibt es wirklich viele Vereine. Man kann Theater spielen, Judo machen (kommen Sie vorbei, einsteigen geht immer und ich kann aus Erfahrung sagen, die Leute da sind bei Weitem nicht so brutal, wie man denkt! Und sie sind auch nicht sauer, wenn man beim Aufwärm-Basketballspiel keinen einzigen Korb trifft), singen und sich über Schäferhunde austauschen. Falls man das will. Ich bin nirgends so schnell und so herzlich aufgenommen worden wie im Sportverein, aus dem sich später auch meine Doppelkopf-Runde entwickelt hat. (Ich bin übrigens 26, auch wenn das jetzt anders klingt.)
Schauen Sie sich doch mal an, was es an ausgefallenen Sportarten sonst noch so gibt.
Freizeit
Wer denkt, man muss für jede Freizeitgestaltung nach Köln fahren, kennt die Region noch zu schlecht. In Sachen Freibädern ist Rösrath zum Beispiel super ausgestattet. Generell hat die Region in der Hinsicht einiges zu bieten.
Man kann hier auch sehr gut essen gehen, ich empfehle gerne das Fachwerk, wo man sich aus Hunderten kleiner Tapas-artiger Gerichte etwas zusammenstellt, bis man bequem nach Hause rollen kann. Oder die Margarethenhöh mit ihrem schönen Biergarten, bei der man direkt beim Reinkommen vom Kellner geduzt wird und sich verblüfft fragt, woher man denn den netten Menschen kennen sollte.
Rösrath hat sogar inhaberinnengeführte Buchläden, zum Beispiel den wunderschönen Junimond und den niedlichen Eulenspiegel. Der Junimond hat mir sogar mal Bücher vor die Tür geliefert, als ich wegen der Quarantäne nicht raus durfte. Wer sowas mag: Es gibt auch eine gut ausgestattete Bibliothek mit sehr netten Betreuenden. Mit denen kann man sehr gut reden und sie sind verständnisvoll, auch wenn man ab und an mal Ausleihfristen überzieht. Hab ich mir sagen lassen. Und wenn es regnet, muss man sich auch nicht gleich in der Wohnung verbuddeln. Auch da haben die Kollegen und Kolleginnen einiges zusammengesammelt, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt.
Nachtleben
Sowas wie ein Nachtleben gibt es in Rösrath übrigens auch manchmal. Wirklich zu empfehlen sind zum Beispiel die Freiluft-Events auf Schloss Eulenbroich. Zwei Kulturverliebte aus der Redaktion fassen einmal die Woche zusammen, was sich an Ausstellungen, Theater, Freiluftkino und Musik in der Region lohnt. Lesen Sie doch mal rein.
Bräuche und Feste
Für jemanden wie mich, der aus der Mainzer Region hier aufgeschlagen ist (jaja, das Land, in dem man „Fastnacht“ sagt...), wirkt vieles ganz schön komisch. Uns hat erst vor Kurzem jemand vermutlich mit einem Luftgewehr das Küchenfenster eingeschossen – wohl nicht das beste Argument für Rösrath. Aber das Luftgewehr bringt mich zu etwas, an das ich mich hier auf jeden Fall gewöhnen musste: Schützenfeste. Die gibt es gerade im Sommer quasi ununterbrochen und überall, und da trifft man auf jeden Fall sehr viele Menschen, wenn man das Bedürfnis danach hat. Sich auf die Bräuche in der neuen Region einlassen kann wirklich auch Spaß machen. Vielleicht probieren Sie ja auch mal kulinarisch was aus. Einen Tipp gibt’s schon mal hier.
Lokalredaktion
Übrigens ist die Redaktion selbst auch ziemlich kontaktfreudig. Es gibt immer mal wieder Aktionen für Leser und Leserinnen, Rätsel, Wettbewerbe und Events wie die Sommertour.