Katja Diehl, Bestsellerautorin, war im Oktober in Rösrath zu Gast. Das hat eine verkehrspolitische Debatte ausgelöst.
VerkehrAuftritt von Bestsellerautorin Katja Diehl löst hitzige Debatte in Rösrath aus
Eine ungewohnt hitzige verkehrspolitische Debatte hat eine Veranstaltung der Initiative „Rösrath Velo-City“ im Oktober ausgelöst. Zu Gast war die bundesweit beachtete Autorin Katja Diehl, die mit ihrem Buch „Autokorrektur“ unter anderem den Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises gewann.
Bei der Lesung aus dem Buch und im Gespräch mit rund 50 Interessierten im Juze setzte sie sich ein für eine Mobilität, in der das Auto nicht die zentrale Rolle spielt und für eine „inklusive und klimagerechte Verkehrswende“. Moderator Johannes Thies von „Rösrath Velo-City“ bemühte sich, die allgemeinen Ideen Diehls auch für Rösrath fruchtbar zu machen.
Rösrath: Auf Auftritt folgte harsche Kritik
Doch es folgte harsche Kritik an der Autorin, die wiederum entgeisterte Reaktionen von Befürworterinnen ihrer Aussagen auslöste. In einem Rückblick auf 2022 auf der Webseite von „Rösrath Velo-City“ zeichnet Thies nun die Debatte nach und nimmt aus Sicht der Initiative Stellung.
So blickt er zunächst auf eine Besprechung von Diehls Buch, die der ADFC Rhein-Berg/Oberberg im November in seinem Online-Newsletter veröffentlichte, darin kritisierte Johannes Schweinem von der Rösrather ADFC-Gruppe das Fehlen „pragmatischer Lösungsansätze“ in Diehls Buch, vor allem aber ihren Blick auf das Geschlechterverhältnis.
„Es wird der Eindruck erweckt, die autogerechte Stadt sei für Männer da, Frauen sind die Opfer“, schreibt Schweinem. Das werde der Situation aber nicht gerecht, er habe auch mit seiner Frau und seinen erwachsenen Töchtern gesprochen, die ein Abschieben der Verantwortung für die autogerechte Verkehrsgestaltung an „alte weiße Männer“ ablehnten.
Leser: Verhältnisse in Rösrath falsch dargestellt
Aus Sicht von „Rösrath Velo-City“ wiederum kritisiert Thies, die Buchbesprechung sei „reichlich mit Hörensagen gespickt“ und die „Generalkritik“ an der Autorin erfolge ohne einen Besuch der Veranstaltung im Juze. Tatsächlich waren Diehls im Buch anzutreffende Ausführungen zu den „weißen Männern“ an dem Abend mit wenigen Bemerkungen abgehakt.
Als weitere Reaktion auf Diehl führt Thies einen Leserbrief zu dem Bericht dieser Zeitung über die Veranstaltung an, Leser Egon Albach erhebt darin den Vorwurf, Diehls Buch strotze von „planerischem Irrsinn“. Es sei „unglaublich, mit welcher Dreistigkeit die örtlichen Verhältnisse in Rösrath völlig falsch dargestellt werden“.
Für die Menschen in entlegenen Ortsteilen wie Bleifeld sei Rösrath keine „Stadt der kurzen Wege“, eine Mobilität ohne Auto sei für alte Menschen dort unrealistisch, bei Kaufpreisen von mehreren Tausend Euro sei das Thema E-Bikes und Lastenräder „für uns Alte tot“, meint Albach, der dem Seniorenbeirat angehört.
Für „Rösrath Velo-City“ stellt Thies dazu fest, Diehls Aussagen seien offenbar provozierend. Mit Blick auf Schweinem und Albach meint er, „etwas ruhiger betrachtet würden die beiden Herren selbst einsehen, dass dem Automobil auch in Rösrath deutlich zu viel Platz eingeräumt wird“. Sie würden „wohl eingestehen, dass Rösrath vor 30 bis 40 Jahren deutlich lebenswerter war“, als die Ortszentren „noch nicht zugeparkt“ gewesen seien.
Eine Verkehrswende sei „ebenso dringend notwendig wie leider weiterhin nicht absehbar“. Thies gibt auch weitere Reaktionen auf Albachs Leserbrief wieder. So widerspricht Lena Müllhäuser von der Gruppe „Rösrath for Future“ der Behauptung, eine Verkehrswende würde mobilitätseingeschränkte Alte und Kranke nicht berücksichtigen: Das sei „einfach nur falsch“, es gehe um einen „massiven Ausbau“ des öffentlichen Nahverkehrs, „damit sich alle Menschen in unserer Stadt selbstständig fortbewegen können“.
Auch Albachs Verweis auf die Kosten von E-Bikes und Lastenrädern führe in die Irre – ein Lastenrad sei bei Anschaffung und Verbrauch wesentlich preisgünstiger als ein Auto. Auch Veranstaltungsbesucherin Anja Knigge meldete sich mit einem Kommentar zu Wort und lobte das von Diehl vorgestellte „beeindruckende Portfolio an Möglichkeiten“. Ihr „Ahnungslosigkeit“ vorzuwerfen wie Albach, sei „schlicht grotesk“. Thies verwies zudem darauf, neben Alten müssten auch Kinder zu ihrem Recht kommen und selbstständig ihre Umgebung entdecken können. Ein autogerechte Stadt behindere sie dabei.