In der Sommer-Serie "Ein Tag in ..." macht unser Autor einen Streifzug durch Rösrath.
SerieEin Tag in Rösrath mit vielen Begegnungen und sommerlichen Eindrücken
Es ist einer der bisher seltenen Tage in diesem Sommer, an denen man nicht die Sonne, sondern einen Platz im Schatten sucht. So ist das schon am späten Vormittag, als ich auf dem Rathausplatz in Hoffnungsthal meine Rösrath-Tour beginne. Der offene Bücherschrank ist dort ein Anziehungspunkt. Ein Bücherfreund, der einfach Raymond genannt werden will, schaut den Lesestoff dort sehr gründlich an und sucht sich immerhin vier Bände aus. Ich bewundere seine Ausdauer, denn der Bücherschrank steht in der Sonne. „Ich lese viel“, erzählt Raymond anschließend, natürlich im Schatten.
Wir kommen ins Gespräch über einen privaten „Männer-Kochclub“, in dem er mitmacht, und über Spanien, wo er längere Zeit gelebt und seine Frau kennen gelernt hat. Unter den von ihm ausgewählten Büchern ist der Roman „Fifty Shades of Grey“ von Autorin E. L. James, der durch erotische Inhalte bekannt wurde. Das macht auch Raymond neugierig: „Da kann man mal mitreden“, sagt er über die Lektüre.
Nach einem neuen Buch sucht auch Hans-Georg Wittmann. Er lese meist zwei Bücher parallel, erzählt er. Im Moment vertiefe er sich in „Der Idiot“ von Fjodor Dostojewski, als Zweit-Lektüre findet er im Bücherschrank einen Krimi: „Die Ewigkeit in einem Glas“ von Jess Kidd. Wittmann lebt noch nicht sehr lange in Hoffnungsthal, wie er berichtet: „Vor drei Jahren sind wir von Iserlohn hier hingezogen, zu unserem Sohn und Enkelkind.“ Von dem neuen Wohnort ist er begeistert, auch vom kulturellen Angebot: „Die bieten schon sehr viel in dem kleinen Ort.“
Als Viel-Leser kommt er regelmäßig zum offenen Bücherschrank und hat von Anfang an den Trinkwasserbrunnen, den die Stadtwerke Rösrath vor kurzem auf dem Rathausplatz installiert haben, genutzt. Leider habe er nur wenige Tage funktioniert, berichtet er. Tatsächlich: Auf Knopfdruck kommt kein Wasser heraus. Er habe Beschäftigte der Stadt auf den Defekt hingewiesen, sagt Wittmann – womöglich haben sie das nicht an die Stadtwerke weitergegeben.
Den neuen Trinkwasserbrunnen habe ich also ausprobiert, wenn auch erfolglos, nun schaue ich nach dem Stand beim Neubau der nahen Kita Volberg. Da sind Bauarbeiter eifrig dabei, den Untergrund des Gebäudes vorzubereiten. Aus dem benachbarten Baumhofshaus kommt Katharina Wulzinger, Kirchenmusikerin der Evangelischen Gemeinde, die dort ein Büro hat. Der Baustellenlärm störe sie nicht, erklärt sie. „Ich bin froh, dass es gemacht wird“, sagt sie zu dem Kita-Neubau. Auch das heiße Wetter ist bei ihr willkommen: „Ich bin auch froh, dass ich nicht an der Orgel frieren muss.“ Normalerweise sei es dort kühl.
Ich setze mich aufs Fahrrad, um auch im Ortsteil Rösrath Eindrücke zu sammeln, unterwegs mache ich einen Stopp beim Verwaltungsgebäude der Stadtwerke. Denn auch dort gibt es etwas Neues: Der Eingang ist nun mit einer Glastür gestaltet, die sich automatisch öffnet, und einem Bildschirm mit Informationen. Das wirkt moderner und offener als zuvor, als eine schwere Tür von Hand zu öffnen war. Nach dem kurzen Stopp bietet es sich an, in Sülznähe, im Landschaftspark, weiterzuradeln. Das ist eine traumhafte Strecke, die teilweise auch Schatten bietet. Viel Betrieb ist auch nicht.
Am Sülztalplatz dagegen ist der Schatten rar, da mag sich niemand lange aufhalten – außer am Schattenplatz im Café. Immerhin ist auch dort ein Trinkwasserbrunnen – und er funktioniert. Ich freue mich, dass ich meine Trinkflasche doch nicht umsonst nach Rösrath mitgebracht habe. Gesprächspartner finde ich schließlich auch, aber auf der Schattenseite der Hauptstraße: Dort kommt Frank Kuratle, zweiter Vorsitzender im Verein „Gemeinsam für Rösrath“ (GfR), mit Lebensgefährtin Kerstin Vogel vorbei.
Sie machen einen kleinen Einkaufsbummel in der Ortsmitte und haben Zeit, sich ein wenig zu unterhalten. Kleidung, aber auch Blumen will das Paar besorgen, vielleicht im Café sitzen und abends Fußball-EM gucken: Das ist das Programm für einen entspannten Tag. „Wir gucken mit den Nachbarn Fußball“, erzählt Kuratle. „Denn Nachbarschaft muss auch gepflegt werden.“ Das Ausscheiden der deutschen Fußballer schmerzt ihn wenig: „Es wäre interessanter, wenn die Deutschen noch dabei wären. Aber sie haben sich ja mit einem grandiosen Spiel verabschiedet.“
Nach dem Gespräch wird es Zeit für eine Portion Eis. Dafür muss ich ein wenig anstehen. Und beim Eis-Lecken merke ich schnell, dass ich aus der Sonne weg muss: Denn so schnell, wie das Eis schmilzt, kann ich nicht lecken. Das spricht für einen Abstecher zum Freibad Hoffnungsthal. Unterwegs stoppe ich noch einmal am Rathausplatz.
Da sitzt Marion Bartnik im Schatten, auch sie freut sich an einem Eis, bevor sie per E-Bike nach Hause fährt, auf die Hoffnungsthaler Höhen. „Bis vor fünf Jahren bin ich noch ohne E-Bike die Berge hochgefahren“, erzählt sie. Inzwischen sei sie überzeugt von der Unterstützung ihrer Muskelkraft. „Es sträuben sich viele dagegen, aber es ist so schön“, stellt sie fest. „Man kann auch im Urlaub lange Strecken fahren, was man mit dem normalen Fahrrad nicht schafft.“ Auch rund um Rösrath gebe es noch viel zu entdecken. Ein Wermutstropfen sei der Kfz-Verkehr auf den Hauptverkehrsstraßen: „Es ist schon schade, dass durch Hoffnungsthal so viele Autos fahren, auch so viele Lkw.“
Dann läuft mir noch Dieter von Niessen in die Arme, der von einem Termin bei der Stadtverwaltung kommt. Der Kleineichener, der über zwei Jahrzehnte im Stadtrat saß, engagiert sich immer noch für Anliegen im Ortsteil. Ein aktuelles Problem sei die Verlegung der Schulbus-Haltestelle an den Birkenweg – wegen Bauarbeiten in der Kirchstraße. Die „einzige Begründung“ dafür sei, dass die Fahrt wegen der Arbeiten ein wenig länger dauern würde. Das wäre hinnehmbar, finden er und viele Eltern, die ihn um Hilfe baten. Denn der neue Haltepunkt sei völlig ungeeignet, weil es an Platz für 40 bis 50 Kinder fehle. „Die sind wie ein Sack Flöhe“, sagt von Niessen. Ohne ausreichenden Platz sei das sehr gefährlich. So bemüht er sich im Namen der Eltern, die Haltestelle an den bisherigen Platz an der Kirche Heilige Familie zurückzuverlegen.
Kritik an Einlassregelung der Stadtverwaltung
Bei seinem Termin bei der Stadt – in anderer Sache – war von Niessen überrascht: Anders als jahrzehntelang gewohnt, konnte er nicht einfach zu dem Ansprechpartner gehen, bei dem er einen Termin hatte: Ohne sich am Empfang zu melden, kommt niemand mehr ins Bürgerforum. Laut Bürgermeisterin Bondina Schulze (Grüne) dient das der Sicherheit. Von Niessen kann es nicht verstehen. „Das ist ein Witz, das soll bürgerfreundlich sein!“, ärgert er sich. Er habe nie gehört, dass Beschäftigte der Stadt von ungebetenen Gästen belästigt wurden.
Dann gehe ich endlich zum Freibad, wo der Andrang enorm ist. Das Becken ist aber nicht so voll wie die Liegewiesen, so kann ich schwimmen und mich herrlich abkühlen.
Drei Fragen an Frank Kuratle vom Verein "Gemeinsam für Rösrath"
Was wünschen Sie sich für Rösrath in der zweiten Jahreshälfte?
Frank Kuratle: Man müsste das Radwegekonzept endlich sicher und verständlich machen. Da müsste die Stadt eine Initiative ergreifen.
Das Thema Verkehr brennt vielen auf den Nägeln?
Ja. Durch die Baustellen um Rösrath herum haben wir eine höhere Belastung in der Stadt. Es kommt aber auch dadurch, dass Projekte im Radverkehr stückweise durchgeführt werden – ohne erkennbares Gesamtkonzept.
Was gefällt Ihnen an den Sommerferien in Rösrath?
Natürlich ist das Freibad eine gute Anlaufstelle. Da gibt es auch ein Volleyballfeld, das sehr schön ist. Spazierengehen im Kupfersiefer Tal oder im Königsforst ist bei warmem Wetter auch eine gute Idee. Wir setzen uns auch gern in den Biergarten oder in Cafés.
Die Serie "Ein Tag in..."
Ohne feste Termine ganz nah an die Menschen kommen – dafür machen sich unsere Redakteurinnen und Redakteure auf den Weg. Meist betreuen sie die jeweilige Kommune schon seit Jahren. Vor Ort treffen sie Bekannte und bekannte Themen. Aber eben auch ganz Neues und neue Gesichter. Gesucht ist auch der andere Blick, die andere Meinung. Jeder „Tag in...“ ist eine Wundertüte.