Druck aufs KreishausUnternehmer aus Rhein-Berg äußert sich zu Santelmann-Kontroverse
Rhein-Berg – In der nicht enden wollenden Kontroverse zwischen dem 2017 von den Bürgern gewählten Landrat Stephan Santelmann (CDU) und der augenscheinlich ganz überwiegenden Mehrheit der restlichen Kreisverwaltung hat sich mit dem Bergisch Gladbacher Unternehmer Fred Busen eine völlig unbeteiligte Stimme aus der Wirtschaft zu Wort gemeldet. „Die Beteiligten sollen sich endlich einigen und ihre Arbeit machen. Corona ist noch lange nicht vorbei“, sagt der Chef des Kunststoffherstellers Polytron Kunststofftechnik im Gespräch mit dieser Zeitung.
Busen vermeidet einseitige Schuldzuweisungen: „Es gibt immer zwei Seiten.“ Von außen sei nicht zu beurteilen, ob jemand, der etwas verändern wolle, falsch liege oder der, der sich gegen Veränderungen wehre. Für die Wirtschaft sei vor allem wichtig, dass die Verwaltung funktioniere, vor allem in schwierigen Zeiten wie den gegenwärtigen.
CDU-Kreistagsfraktion fordert Veränderung von Santelmann
Dass sich endlich etwas bewegen müsse, fordert auch der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Johannes Dünner. Allerdings geht sein Appell vor allem in Richtung des amtierenden Landrates. Nachdem sich Santelmann in einem moderierten Prozess mit seinen Dezernenten auf eine veränderte Aufgabenverteilung geeinigt habe, müsse diese nun auch umgesetzt werden. Dünner: „Ich gehe davon aus, dass die Vereinbarung nun auch in eine Organisationsverfügung des Landrates gegossen wird.“ Nachschärfungen könne es auch später noch geben.
Das verwaltungsinterne Reformverfahren hatte wie berichtet unter anderem vorgesehen, dass sich Landrat Santelmann auf die Vertretung nach außen und die Repräsentation konzentriert, während sein Vertreter, Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (ebenfalls CDU), die innere Führung übernehmen sollte. Zu Wochenbeginn rief Landrat Santelmann die Vereinbarung plötzlich zurück und verwies darauf, dass sich die Kölner Bezirksregierung in das Verfahren eingeschaltet und eine „Stellungnahme zur Verwaltungsorganisation“ gefordert habe.
Keine inhaltliche Auskunft von Bezirksregierung aus Köln
Am Freitagmittag erklärte Santelmann auf Anfrage dieser Zeitung, dass er seine Stellungnahme fristgerecht bis 13 Uhr abgeschickt habe. Er bat um Verständnis dafür, dass er sich zum Inhalt zunächst nicht äußern wolle: „Die Bezirksregierung wird das nun prüfen. Sobald ich von dort eine Rückmeldung habe, nehme ich Stellung.“
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Ebenfalls keine inhaltlichen Auskünfte gab es von Seiten der Kölner Bezirksregierung. Die Stellungnahme sei „fristgerecht bei uns eingegangen. Eine inhaltliche Einschätzung wird nächste Woche erfolgen“, teilte Pressereferent Dennis Heidel lediglich mit. Auch auf Nachfrage äußerte sich der Sprecher nicht einmal zu der Frage, ob der neue Kommunalaufseher der Bezirksregierung, der frühere Bergisch Gladbacher Bürgermeister Lutz Urbach (CDU), weiterhin mit dem Verfahren befasst sei oder ob er als früherer Kollege, Parteifreund und Förderer von Santelmann als „befangen“ gelte.
Abwahlverfahren bleibt als letztes Mittel
Öffentlich geworden war der Konflikt im Kreishaus, als Santelmanns Stellvertreter Werdel Mitte April aus Protest gegen die Entscheidung des Landrates zur Auflösung des Corona-Krisenstabs mitten in einer Pandemie-Hochphase um Entbindung aus seiner Leitungsfunktion im Krisenstab bat. In einem mühsamen Prozess einigten sich die Konfliktbeteiligten danach auf eine neue Aufgabenverteilung im Kreishaus, die aber aktuell wieder in Frage steht.
Sollten sich die hoch bezahlten Spitzenbeamten nicht doch noch einigen können, bliebe als letztes Mittel zur Befriedung ein Abwahlverfahren gegen Landrat Santelmann. Die Hürden sind aber hoch: Erst braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Kreistag, anschließend die Mehrheit der Bürger. Zudem muss diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten Rhein-Berger betragen. (mit wg)