Sommertour der RedaktionKirchbau und Blütenrausch – Altenberg bis Bergisch Gladbach
Rhein-Berg – Absperrband wohin das Auge sieht rund um den Altenberger Dom, an dem unsere heutige Sommertour-Etappe beginnt. Auch die Wege rund um die ehemalige Zisterzienserkirche sind zurzeit nicht zu begehen, teils komplett weggespült und bis zu einem halben Meter ausgehöhlt. Mit dafür verantwortlich ist auch der Pfengstbach, der aus dem Seitental hinter der Kirche ins Dhünntal mündet und den die Mönche einst am Hang entlang umleiteten, um auf dem ehemaligen Schwemmfächer des Bachs einen festen Baugrund für ihr Kloster und dessen Kirche trockenzulegen. Beim jüngsten Unwetter allerdings hat sich der Pfengstbach aus dem historischen Umleitungsbett befreit und strömte wieder geradewegs ins Dhünntal und um den dortigen Bergischen Dom. Mit den Folgen auch des zeitgleichen Dhünnhochwassers wird man in Altenberg wohl noch lange zu tun haben.
Am Wanderparkplatz treffen wir Dagmar Steinweg, Anja Dörner und Claudia Freimuth mit ihren Hunden. Regelmäßig treffen sich die drei Leverkusenerinnen zu Touren. Gerne auch in Altenberg. „Das liegt doch nahe“, sagen sie und brechen vom Hotel Restaurant Wißkirchen auf. Drinnen richten Anna-Christine Zutz und ihre Tochter Lisa-Marie die Tische im Frühstücksraum des Hotels. Viel Deko darf nicht auf den Tisch. Schließlich ist auch in der Gastronomie Corona längst nicht Geschichte. Während draußen auf der Terrasse bereits die ersten Gäste unter den nach dem Lockdown-Ende aufgestellten Pagoden Platz nehmen, geht’s für uns talabwärts. Der Wanderweg, der am Talrand entlangführt ist schön, wenn nur das permanente Rauschen der Straße ein paar hundert Meter weiter nicht wäre.
Malerische Alleen führen zum Schloss Strauweiler im Morgennebel. Wir wechseln auf den Dhünnweg, der zum Weiler Stein führt, der zurzeit leider in einer Sackgasse liegt, weil der weitere Weg in die Odenthaler Ortsmitte von einem Erdrutsch beschädigt wurde. Günter Blömer hält trotzdem die Stellung in Stein. Schließlich liegt hier auch das Wind- und Mühlenmuseum, das der frühere Malermeister über Jahrzehnte mit viel Engagement aufgebaut hat. Gerade hat er die russischen Holzkirchen von Kischi Pogost in Miniatur nachgebaut. „Bis zum Original muss man drei Tage übers Wasser anreisen“, erzählt er und setzt augenzwinkernd hinzu: „Russland ist ja viel weitläufiger als der Rheinisch-Bergische Kreis.“
Die Etappe
Start: Odenthal-Altenberg
Ziel: Stadtmitte von Bergisch Gladbach
Länge: 15 km, ca. 4,5 Std.
Profil: Von Altenberg geht es durchs Dhünntal flussabwärts (Dhünnweg zwischen Weiler Stein und Ortsmitte zurzeit wegen Hochwasserschaden gesperrt) und dann über Voiswinkel auf Höhenwegen nach Bergisch Gladbach, wo von Rommerscheid der „Abstieg“ in die Stadtmitte erfolgt, Gesamtsteigung/-gefälle ca. 200 Höhenmeter.
Rückfahrt: Vom Busbahnhof am Gladbacher S-Bahnhof mit Bus 434 bis Odenthal Schule, weiter mit Bus 212 Rtg.Leverkusen Mitte Bf bis Altenberg (www.vrs.de).
GPS-Daten: https://out.ac/I3JhiV
Wie eng es in Rhein-Berg zugehen kann, merkt man einige Meter weiter im Odenthaler Ortskern. Unweit des malerisch-fachwerkreichen Zentrums stehen Autos Stoßstange an Stoßstange im Stau. Vor allem wenn das Kreuz Leverkusen mal wieder verstopft ist, ächzt Odenthal unter dem Transitverkehr über Landstraßen zwischen A1 und A3. Direkt neben der Dhünnbrücke ist man dem Verkehrsgewühl auf der Altenberger-Dom-Straße rasch wieder entkommen. Der Dhünnweg führt hier wieder direkt am Fluss entlang durch den Wald, am Schulzentrum entlang – herrlich. Am anderen Ufer kommt das Dhünntalstadion in Sicht, eine vielseitig ausgebaute Sportstätte, die aber jetzt verlassen daliegt. Abgestorbene Nadelbäume säumen den Weg hinauf nach Küchenberg. Oben angekommen, sehen wir, dass der Weg für die bevorstehenden Fällarbeiten bereits gesperrt ist. Demnächst wird man von hier oben vermutlich freie Sicht auf den Odenthaler Ortskern haben. Vom geschäftigen Treiben unten im Tal ist hier oben nichts zu hören. Idyllisch wirkt die Wohnsiedlung, die gleichwohl im Stundentakt per Linienbus an die „große Welt“angeschlossen ist – via Bergisch Gladbach. Mohn blüht am Gerstenfeld neben der Straße, ein paar Meter weiter steht ein Pony, das – wie ein Schild am Zaun besagt – wegen eines Defekts an der Speiseröhre keinesfalls gefüttert werden darf, weil es nur spezielles Breifutter verträgt.
Plötzlich: Blaulicht. Ein Rettungswagen rückt aus der Wache am neuen Feuerwehrhaus aus. Auch Okan Üstün sieht ihn. Er ist noch einmal in Voiswinkel, wo er elf Jahre den Kiosk betrieben hat. „14 Stunden täglich geöffnet – das ist kein Job für jemanden mit Familie“, sagt er. Im Herbst eröffnet er die Postfiliale mit Lotto in Blecher wieder. „Dann sehe ich auch meine Kinder häufiger“, freut sich der junge Familienvater schon.
„Wandern Sie oder wandern Sie aus?“, fragt ein schneller Läufer am Berg hinauf nach Oberborsbach ob des großen Fotorucksacks. Dann ist er auch schon vorbei. „Ich laufe jeden Tag 10 000 Schritte“, erklärt er noch und erreicht die Milchtankstelle am Hof Büchel unweit des grandiosen Panoramablicks auf Köln noch vor der kleinen Wandergruppe, die „mal eben rüber nach Bergisch Gladbach ist“. Gute Idee. Der Höhenweg ist zwar asphaltiert, aber für den Durchgangsverkehr gesperrt und bietet herrliche Ausblicke.
Hinter Oberholz geht’s rechts ab auf einen Wiesenweg. Etwas versteckt liegt die Bank mit dem Gedenkstein für Fritz Wachendorff, einen verdienten Förderer des Gladbacher Verschönerungsvereins. „Friedrichsruh“ heißt das Fleckchen am Waldrand, das Franz-Josef Steffens und seine Familie vom nahen Geflügelhof in Kuckelberg in Schuss hält. Der Senior bringt gerade ein Brett mit noch warmen Roggenbroten aus seiner Backstube in den Hofladen, in dem Schwiegertochter Mareike Steffens ein breites Angebot von Leckerem aus der Region anbietet – und natürlich die Eier vom Hof. Während Mareikes Mann noch mit dem Verkaufswagen auf einem Wochenmarkt unterwegs ist, arbeitet Schwiegermutter Erika im großen Bauerngarten hinter dem Haus. Neben Bohnen, Kartoffeln und Salat wächst hier ein wahrer Blütentraum.
Noch einmal geht’s über eine der pulsierenden Verkehrsadern des Kreises: Die Bundesstraße 506 ist die direkte Route von Köln über Gladbach ins oberbergische Wipperfürth. Den historischen Heerweg auf der teils gleichen Trasse nutzten schon im Mittelalter Kaufleute und andere Reisende ebenso wie Heerführer für ihre Truppen.
In den ehemaligen Kalksteinbrüchen der Schlade ist es ruhiger. Nachdem der Abbau eingestellt wurde, stehen die alten Brüche heute unter Naturschutz. Der Gladbacher Geopfad, der Wanderer in die geologische Vorzeit der Kreisstadt begleitet, führt geradewegs hindurch – und hinauf nach Rommerscheid, wo die selbstbewussten Bergbewohner ihren Ortsnamen kurzerhand selbst auf der gelben Ortstafel nachgetragen haben, die darauf hinweist, dass wir uns eigentlich bereits im Stadtteil Stadtmitte befinden. Nach einem herrlichen Abstieg auf Waldpfaden ins Strundetal sind wir tatsächlich mittendrin im Gewühl und rasch an der Lokalredaktion im Zentrum der pulsierenden Stadt, die sich in den nächsten Jahren im Herzen grundlegend verändern wird. Aber das ist eine andere Geschichte dieser Sommertour . . .
Nächstes Wochenende geht es auf der sechsten Sommertour-Etappe von Bergisch Gladbach zu Rhein-Bergs Südspitze mitten in der Wahner Heide.