Verträge gemachtKarnevalisten halten Entscheidung über Verschiebung für zu früh
- Wie viele andere Feierlichkeiten, wird auch darüber gesprochen, die Karnevalssession 2020/21 abzusagen.
- In Euskirchen wurden bereits Sitzungen des Festausschusses abgesagt.
- Die Entscheidung über eine Verschiebung steht, aber noch aus.
Rhein-Berg – Während der Festausschuss Euskirchener Karneval bereits Sitzungen, Tollitäten und Zug für die Session 2020/21 abgesagt hat, will man mit einer Entscheidung in der rheinisch-bergischen Kreisstadt noch abwarten. „Es ist noch nichts entschieden“, sagt Martin Gerstlauer von der Vereinigung zur Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums, macht aber zugleich deutlich: „Eine komplette Absage wäre wirklich der schlechteste Fall.“
Was nicht heißt, dass derzeit unterschiedliche Varianten für die kommende Session durchgedacht werden: von der kompletten Verschiebung der Proklamation des Dreigestirns, der großen Sitzungen und Züge aufs Folgejahr bis hin zum Feiern unter hohen Abstandsauflagen und ganz neuen Formaten.
Zurzeit „ganz normal“ geplant
„Auch eine Übertragung von Veranstaltungen wäre ja möglich“, nennt der Vorsitzende der Großen Gladbacher Karnevalsgesellschaft, Frank Haag, ein Beispiel. Auch in seiner Gesellschaft, die traditionell das Gladbacher Dreigestirn präsentiert, den Prinzenführer stellt und es mit ihrer Prinzengarde durch die Session begleitet, sei allerdings noch keine Entscheidung gefallen. „Ich sehe da aber auch noch keinen Zeitdruck“, so Haag, „die Programme sind ohnehin längst gebucht, die Verträge mit den Künstlern schon vor Jahren gemacht, da können wir jetzt auch noch etwas die Entwicklung der kommenden Wochen abwarten.“
In jedem Fall, so Haag, wolle man sich mit den anderen Karnevalsgesellschaften und -vereinen in der Kreisstadt abstimmen und dann im Schulterschluss entscheiden. „Es betrifft uns ja alle.“
Hindernisse der Corona-Auflagen
Gerade Sitzungsveranstaltungen mit teurem Programm wären bei Corona-Abstandsregeln kaum vorstellbar. „Wie soll eine Proklamation oder Sitzung stattfinden, wenn nur die Hälfte der Besucher in den Saal darf?“, fragt Martin Gerstlauer: „Das ist finanziell nicht zu stemmen.“ Und Sitzungspreise erhöhen könne man auch nicht beliebig „Wer ginge denn dann da noch hin?“
Auch den Präsidenten des Regionalverbands im Bund Deutscher Karneval (BDK), Rolf Woschei, treiben Sorgen um, wie ein Karneval mit Corona-Auflagen aussehen könnte. Wenn man – wie bei anderen Verbänden bereits geschehen – Tanzen, Umzüge und Saalveranstaltungen weitgehend ausschließe: „Was bleibt dann noch?“, fragt Woschei. „Vielleicht Fernsehübertragungen . . .“ Bevor man sich aber selbst auch gegenüber den 80 Mitgliedsvereinen des Regionalverbands positioniere, wolle man in jedem Fall die geplante Videokonferenz mit dem BDK-Verbandspräsidenten am 6. Juni abwarten, so Woschei. „Da müssen wir in jedem Fall eine gemeinsame Linie verfolgen.“
Vorgaben zu Karneval noch zu früh
Vom Pech verfolgt sind die Jecken in der Kreisstadt zurzeit allemal: Nachdem der Zug am Karnevalssonntag wegen einer Sturmwarnung abgesagt wurde, fiel der Nachholtermin den ersten Corona-Einschränkungen zum Opfer. Als nächstes droht der weiter verschobene Termin für die Auskleidung des Dreigestirns, der eigentlich im Rahmen des Sommerfests der Brauchtumsvereinigung stattfinden sollte, zu kippen. „Am regulären Termin im August, können wir das Fest schon wegen der Veranstaltungseinschränkungen in keinem Fall machen“, sagt Martin Gerstlauer. Derzeit werde über einen Nachholtermin nachgedacht. „Aber im Herbst geht auch kein Sommerfest mehr.“
Vorstellung des Dreigestirns, Sitzungen oder gar Karnevalszüge im nächsten Jahr? Bei der Stadtverwaltung plant man derzeit mit Vorgaben noch nicht so weit. „Wir haben ja gerade erst das Stadtfest im September abgesagt“, sagt Stadtsprecher Martin Rölen auf Anfrage. Für Vorgaben zu Karneval sei es derzeit noch zu früh.
Auch 1991 fiel der Karneval weitgehend aus
Schon einmal wurden in einer Session kurzfristig zahlreiche Karnevalsveranstaltungen abgesagt: 1991 während des Golfkriegs. Gladbachs Brauchtumsvereinigungsvorsitzender Martin Gerstlauer war damals noch Vorsitzender der KG Alt-Paffrath. „Mit den Künstlern haben wir uns damals fast komplett darauf einigen können, die Verträge im Folgejahr nachzuholen“, erinnert er sich. Nur eine Band habe auf Ausbezahlung der Gage auch ohne Auftritt geklagt. „Den Prozess aber haben wir damals gewonnen“, sagt Gerstlauer. (wg)
Und was machen die, die bereits länger, als das Coronavirus in der Welt ist, auf die kommende Session hinfiebern – die designierten Tollitäten? „Die bereiten derzeit alles ganz normal weiter vor, als würde alles stattfinden“, heißt es aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen.
„Ganz normal“ bedeutet aber auch für Karnevalsvereine und Gesellschaften etwa bei der Ordensgestaltung, die jetzt anläuft, flexibel zu sein – oder neue Wege zu gehen. Sessionsorden jetzt mit Jahreszahl und Motto zu bestellen, wenn sie gegebenenfalls erst ein Jahr später verliehen werden können, birgt immerhin ein gewisses Risiko. Da bergische Jecke aber auch sonst kreativ sind, werden sie dieses Problem sicher am leichtesten lösen.