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EntkriminalisierungWieso in Rhein-Berg noch kein legales Cannabis angebaut wird

Lesezeit 3 Minuten
Eine Hand hält einen Joint.

In Rhein-Berg gibt es noch keine Cannabis Social Clubs.

Konsumentinnen und Konsumenten in Rhein-Berg gehen es bei der Gründung von Cannabis Social Club besonders entspannt an.

Irgendwie wachsen doch nicht an jeder Ecke Cannabis-Pflanzen und es wabern auch nicht unendliche, nach Gras riechende Rauchschwaden durch Fußgängerzonen.

Die Teillegalisierung von Cannabis wurde von vielen Seiten scharf kritisiert, unter anderem, weil Fachleute eine steigende Suchtgefahr für junge Menschen befürchten. Doch trotz Legalisierung hat sich für Konsumentinnen und Konsumenten so viel gar nicht geändert. Zumindest in den Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises. Denn hier gibt es auch fast ein Jahr nach der Teillegalisierung keine Cannabis Social Clubs (CSC).

Auch in Rhein-Berg: Kaum Zugang zu legalem Gras

Der Plan der Bundesregierung: Über CSCs können sich Menschen, die regelmäßig kiffen, zusammentun, um legal Gras anzubauen und eine begrenzte Menge an Mitglieder zu verteilen. Diese sollten Beiträge zahlen, an der Verbreitung des Krauts solle aber niemand Geldverdienen. Auf diese Weise sollte auch der Schwarzmarkt ausgehebelt werden.

Doch: „Leider wurde Cannabis entkriminalisiert, ohne dass es einen Zugang zu legalem Cannabis gab. Und das hat sich bis heute an vielen Orten nicht geändert, da es immense Hürden für CSCs gibt“, berichtet Jan-Henrik Ipsen vom Mariana Cannabis Gesamtverein. Trotzdem habe die Legalisierung für alle Menschen, die Cannabis konsumieren den Vorteil gebracht, dass sie nicht mehr ständig Angst vor Polizeikontrollen haben müssen.

Erfolg von CSCs hängt an Mitgliedern

Über den Verein Mariana Cannabis können sich lokale CSCs gründen, bis die aber Genehmigung zum Anbauen einholen können, dauere es. So auch in Bergisch Gladbach. Der Club habe noch keinen Vorstand und sei nicht handlungsfähig. „Wie schnell CSCs vorankommen, hängt auch vom Engagement der Mitglieder ab“, sagt Ipsen.

Und die müssten sich mit viel herumschlagen: zum Beispiel Anforderungen der Behörden, die Suche nach passenden Immobilien oder die hohen Investitionskosten. „So sind viele CSCs auf der Strecke geblieben - und viele Konsumentinnen und Konsumenten haben keinen Zugang zu legalem Cannabis“, schildert der Experte.

Wie versorgen sich die Konsumentinnen und Konsumenten nun? Viele hätten sich daran versucht, selbst Cannabis anzubauen. Das funktioniere während des Sommers draußen oder mithilfe von Lampen auch drinnen. „Sicherlich wurde da auch mal etwas untereinander getauscht oder an Freunde abgegeben, die selbst nicht anbauen dürfen. Auch wenn das natürlich eigentlich nicht erlaubt ist“, sagt er.

Cannabis selbst anzubauen, bringe auch Probleme

Die Pflanzen gibt es in üblichen Gartencentern zwar nicht, Samen oder Stecklinge könnten aber im Internet oder über den Freundeskreis bezogen werden. Dazu gebe es eine ganze Industrie, die sich um den Eigenanbau gebildet habe – „auch schon lange vor der Legalisierung“, berichtet Ipsen.

Aber auch da gebe es ein Problem: Die realistischen Erträge des Eigenanbaus überstiegen die erlaubten Mengen Cannabis, die man zu Hause haben darf, deutlich. „Das muss dringend angepasst werden“, findet er.

Allerdings sei es einfacher geworden, ein Rezept für medizinisches Cannabis zu bekommen. Konsumenten mit Schlafproblemen besorgten sich Cannabis also über die Apotheken. „Das geht aber mittlerweile so einfach, dass auch viele Genusskonsumenten ihr Cannabis so holen“, verrät Ipsen.

Cannabis-Schwarzmarkt existiert weiterhin

Entgegen den Plänen der Regierung habe sich der Schwarzmarkt „leider nicht in Luft aufgelöst“. Die Dealer scheinen also nicht arbeitslos geworden zu sein. Wie es ihnen tatsächlich ergehe, könne Ipsen nicht sagen. Er habe aber festgestellt, dass das Gras auf dem Schwarzmarkt günstiger und qualitativ hochwertiger geworden sei.

Vor allem kleinere Dealer dürften von der Legalisierung profitieren, weil die Gefahr für sie sinke, während die organisierte Kriminalität ihr Monopol verloren habe, vermutet Ipsen. „Und jeder Euro der nicht an diese hochkriminellen und gewalttätigen Gruppen geht, sollte als Erfolg verbucht werden“, findet er. Dazu würden sie ihr „qualitativ minderwertiges“ Gras nicht mehr los.

Was ebenso als Erfolg verbucht werden sollte: Auch die Justiz und die Polizei würden durch die Legalisierung entlastet, da keine Mittel mehr für Cannabisverfahren aufgebracht werden müssten.