Vor 30 Jahren wurde die fünfstellige Postleitzahl eingeführt. Ein Glosse von Ulla Jürgensonn.
Glosse zur PostleitzahlWer verschickt denn eigentlich noch Ansichtskarten?

Auf der CeBIT in Hannover (Niedersachsen) wirbt die Post am 29. März 1993 mit der gelben Fingerfigur ´Rolf» für die neuen fünfstelligen Postleitzahlen.
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Erinnern Sie sich? An diese seltsame Hand, die ausgerechnet Rolf hieß? Und an den sprachlich eher bedenklichen Slogan „Fünf ist Trümpf“? Wenn nicht, sind Sie entweder ziemlich jung oder in dem Alter, wo man langsam vergesslich wird. Oder, dritte Möglichkeit: Sie haben auch 1993 schon selten Briefe geschrieben. 30 Jahre ist es jetzt her, dass die fünfstellige Postleitzahl eingeführt wurde.
Vorher war sie vierstellig, wenn die letzte Ziffer eine Null war, konnte man sie weglassen, dann genügte die dreistellige Variante. Nach der Wiedervereinigung musste neu sortiert werden, denn manche Nummern waren doppelt vergeben.
Die Umstrukturierung war nicht nur logistisch herausfordernd, sondern wurde auch kontrovers diskutiert. Vor allem, dass seitdem in einem Bereich die Ziffernfolge mit der Null beginnt – „führende Null“ nennt das der Fachmann – wurde als diskriminierend empfunden.
1993 wurde die fünfstellige Postleitzahl eingeführt
Worüber man sich damals aufregen konnte! Mittlerweile überwiegt der Eindruck, dass die Nullen auf vielen Gebieten die Führung übernommen haben. Wie schön wäre es, man könnte es da so handhaben wie mit der Null am Ende der vierstelligen Postleitzahl: einfach weglassen.
Immerhin weckt der Geburtstag der fünfstelligen Postleitzahl Erinnerungen an nette Bräuche. Zur Kommunion oder Konfirmation schenkten Tanten gern Briefpapier.
Briefpapier als Geschenk aus der Mode gekommen
Vor allem Mädchen bekamen liebevoll gestaltete Schachteln mit mehr oder weniger hübsch bedruckten Umschlägen und Briefbögen. Mittlerweile ist dieser Geschenk-Anlass fast so sehr aus der Mode gekommen wie das Briefeschreiben.
Ähnlich geht es wohl der Ansichtskarte. Zumindest in Städten, die nicht unbedingt viele Touristen anziehen. Wer in Frechen eine Karte kaufen will, wird nicht im Schreibwarengeschäft, sondern im Stadtarchiv fündig. Die Erfahrung hat kürzlich eine Bekannte gemacht.
Ansichtskarten sind heute Mangelware
Dafür sind die Ansichtskarten dort antiquarische Stücke aus den 90er-Jahren. Welche Sehenswürdigkeiten aus der Klüttenstadt fotografisch gewürdigt sind, hat die Bekannte leider nicht berichtet. Doch die junge Generation gibt Anlass zur Hoffnung. Von wegen nur noch Kurznachrichten auf dem Smartphone! Das ist offensichtlich nur ein Vorurteil. Ausgerechnet unsere junge Kollegin verkündete, sie schreibe gern und viel Briefe.
Und so eine Schachtel mit individuellem Briefpapier habe sie tatsächlich. Auch so ein Geschenk aus Teenager-Tagen. Allerdings, gestand sie, sei das Kästchen noch fast voll. Nicht etwa, weil sie doch schreibfaul wäre. Das Briefpapier ist schlicht zu schön, um es zu benutzen und einfach wegzuschicken. Ganz bestimmt war das auch der Grund, warum die Frechener Ansichtskarten im Stadtarchiv statt im Briefkasten gelandet sind.