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Arbeitsmarkt für Menschen mit BehinderungArbeitgeber im Kreis tun sich schwer

Lesezeit 3 Minuten

Die Agentur für Arbeit in Brühl.

Rhein-Erft-Kreis – Menschen mit einer Schwerbehinderung die Tür zum Arbeitsmarkt zu öffnen, ist eines der Anliegen der Agentur für Arbeit Brühl. Anlässlich des Tages der Menschen mit einer Behinderung rückt man dieses Thema dort am 3. Dezember besonders in den Blickpunkt. Die Agentur weist darauf hin, selbst mit gutem Beispiel voran zu gehen.

Mit dem 25-jährigen Phillip Fragkopoulos und der 19-jährigen Areeba Zahid gehören laut den Verantwortlichen zwei junge Menschen mit Handicap zu den fünf Azubis ihres Jahrgangs. Philip hat Glasknochen und sitzt seit seiner Geburt im Rollstuhl. Areeba hat eine starke Sehschwäche. Neben ihrer Brille ist sie bei der Bildschirmarbeit auf eine Vergrößerungs-Software angewiesen.

Rainer Imkamp (Mitte), der Chef der Arbeitsagentur in Brühl, und seine beiden Auszubildenden Phillip Fragkopoulos (l.) und Areeba Zahid.

Die beiden Nachwuchskräfte sind sich einig, dass es in der täglichen Arbeit keine wirklich auffälligen Unterscheidungen gibt. Während Phillip beim Schreiben vielleicht manchmal etwas länger braucht, weil er bei längeren Texten auf seinen Laptop angewiesen ist, benötigt Zahid mehr Zeit beim Lesen. Aber das gleiche man auf andere Weise wieder aus, sind sich die zwei einig. Areeba beispielsweise fällt es sehr leicht, aus langen Texten schnell das Wesentliche herauszufiltern, und Phillip hat ein gutes technisches Verständnis und kann sich schnell in Computerprogramme einfinden.

Weniger Vorurteile

„Menschen mit einem Handicap wissen sehr genau, was sie sich zutrauen können und in welchem Beruf ihre Schwächen keine Rolle spielen. Auch ich habe mich bewusst bei der Bundesagentur für Arbeit beworben, weil ich weiß, dass ich gut mit Menschen umgehen kann und meine körperliche Einschränkung in der Beratung, Vermittlung oder anderen Bereichen der Arbeitsverwaltung keine Rolle spielt“, so der 25-jährige Auszubildende, der sich mehr Offenheit und weniger Vorurteile von den Arbeitgebern wünscht.

Arbeitslosigkeit

Ende 2017 besaßen im Rhein-Erft-Kreis rund 45.762 Einwohnerinnen und Einwohner einen anerkannten Grad der Behinderung. Dies entspricht einem Anteil von 9,8 Prozent. Die Anteile der schwerbehinderten Menschen steigen mit zunehmenden Alter. Mehr als die Hälfte aller schwerbehinderten Bürgerinnen und Bürger hatte das 65. Lebensjahr bereits vollendet.

Schwerbehinderte Menschen sind überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Um die Beschäftigungschancen dieser Menschen zu erhöhen, sind Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent der Stellen mit Menschen zu besetzen, die eine Behinderung haben.

2018 gab es im Rhein-Erft-Kreis 678 Betriebe, die die „Fünf-Prozent-Klausel“ erfüllen mussten. Von insgesamt 4565 Pflichtarbeitsplätzen blieben aber 1112 unbesetzt. „Das zeigt, dass es bei manchen Unternehmen noch immer Vorbehalte gibt, die es abzubauen gilt. Wir haben festgestellt, dass die beidseitige Zufriedenheit und Loyalität überdurchschnittlich hoch ist“, erklärt Rainer Imkamp, Chef der Arbeitsagentur Brühl. Man berate Betrieben für die Einstellung schwerbehinderter Menschen unter 0800/4555520. (wok)

Dies unterstreicht auch Rainer Imkamp, der Chef der Agentur für Arbeit in Brühl, die für den gesamten Rhein-Erft-Kreis zuständig ist. Inklusion bedeute im eigenen Haus mehr als ein barrierefreier Zugang. Nämlich vorurteilsfrei und offen für die besonderen Stärken zu sein, die die Menschen mitbringen, die sich bewerben.

Bedarf an Fachkräften

Imkamp belegt dies mit Zahlen: Von den 234 Beschäftigten der Agentur hätten 22 Menschen einen Grad der Behinderung oder seien diesen gleichgestellt, erläutert er. So sehe es allerdings längst nicht in jedem Unternehmen aus.

Dabei lasse man eine Chance liegen. „Für viele gute Fachkräfte ist der Weg in den Job wegen ihrer Einschränkung nicht leicht, weil sie mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Das können wir uns nicht leisten. Viele Branchen und Betriebe brauchen Fachkräfte, und dieser Bedarf nimmt weiter zu. Deshalb sollte sich der Blick auch auf dieses Potenzial richten“, so Imkamp. Handicaps, davon ist er überzeugt, könnten fast immer organisatorisch oder durch moderne Technik ausgeglichen werden. Am passenden Arbeitsplatz seien behinderte Menschen genau so leistungsfähig wie Menschen ohne Einschränkungen.