Zwei Ortschaften verschwindenAls ein Schloss für einen Kohle-Tagebau gesprengt wurde
- 50 Jahre ist es her, dass die Ortschaften Morken und Harff dem Tagebau Frimmersdorf weichen mussten.
- Reinhard Köpp war damals ein junger Mann von 18 Jahren, der seine gesamte Kindheit in Morken-Harff verbracht hatte und auch einige Male im Schloss der Grafen von Mirbach weilte.
- Heute ist er Brudermeister und General der St.-Sebastianus-Bürger-SchützenbruderschaftMorken-Harff, die das Andenken an die alten Ortschaften lebendig hält und zur Erinnerung einige Denkmäler pflegt.
- Wir haben uns mit ihm unterhalten – und blicken mit Bildern und Erinnerungen zurück.
Bedburg-Kaster – „Mein Vater Hans war im Krieg Meldereiter und hat den Grafen von Mirbach Pferde zugeritten. Deshalb war ich als Kind und Jugendlicher öfter im Schloss“, erzählt Reinhard Köpp. Das prächtige Anwesen war das Wahrzeichen des Umsiedlungsortes. 1972 wurde es gesprengt, um dem Tagebau Frimmersdorf Platz zu machen.
Bescheidene Häuser in Morken
Ansonsten habe es in Morken eher bescheidene Häuser gegeben, berichtet Köpp. Die meisten seien aus Lehm gebaut und mit einem Plumpsklo auf dem Hof ausgestattet gewesen. „Ein Badezimmer hatte damals kaum einer.“ Insofern sei die Umsiedlung für die meisten letztlich ein Gewinn gewesen, sofern sie sich nicht durch zu hohe Ansprüche und zu große Neubauten zu sehr verschuldet hätten.
„Proteste wie bei heutigen Umsiedlungen gab es damals nicht“, erzählt Köpp. Die Leute aus Morken-Harff hätten es allerdings nicht geschafft, geschlossen umzusiedeln. „Während die Königshovener straßenweise umgezogen sind und im neuen Ort wieder ihre alten Nachbarn wie gewohnt an ihrer Seite hatten, haben bei uns viele einzeln verhandelt und teilweise auf Zeit gespielt.“
So sei damals nur gut die Hälfte der etwa 1950 Einwohner nach Kaster umgezogen. Als geschäftstüchtig erwiesen sich allerdings auch die Morken-Harffer: „Rheinbraun hat damals für Spargelbeete besondere Entschädigungen gezahlt“, erinnert sich Köpp. „Plötzlich gab es in jedem Garten ein Spargelbeet.“
Schwieriger Neustart
Für die Vereine sei es nach der Umsiedlung ein schwieriger Neustart gewesen, sagt Köpp. „Es gab einen Bürgerverein und die Schützenbruderschaft. Schon im ersten Jahr am neuen Ort haben wir uns zusammengeschlossen, weil wir gemerkt haben, dass wir alleine kaum noch tragfähig waren.“
Am 28. Dezember 1969 fand die Fusion statt. Sie ist zum einen heute noch im Namen „Bürger-Schützenbruderschaft“ verankert, zum anderen noch bei jedem Schützenfest beim Montagsumzug zu sehen und zu hören: Die Schützen tragen, einer Tradition des alten Bürgervereins Harff folgend, Klompen.
Beim ersten Schützenfest in Kaster gingen 1969 gerade mal 40 Schützen auf die Straße. Heute sind die 350 aktiven Schützen in Begleitung ihrer Frauen und von Musikkapellen beim Festzug mit einer Teilnehmerzahl von rund 1000 Menschen unterwegs.
27 Abteilungen vom Jäger- bis zum Marinezug, von den weißen über grünen, roten, blauen bis zu den schwarzen Husaren, Ulanen, Dragoner und Sappeure gehören der Gesellschaft unter anderem an.
Was erinnert in Kaster noch an Morken-Harff? Nun, ein paar Dinge haben engagierte Bürger, meistens Schützen, gerettet: Die Kreuzigungsgruppe, die heute an der Martinuskirche angebracht ist, oder die Marienkapelle aus dem alten Dorf, die an der Harffer Schlossallee wieder aufgebaut worden ist. Auf der Kasterer Höhe thront das Schlosskreuz, und ein aus Steinen gelegter verkleinerter Grundriss erinnert an den Standort von Schloss Harff. Im Wohngebiet „Im Spless“ in Kaster hat das Mirbacher Kreuz einen neuen Platz gefunden.
Sieben Denkmäler pflegen die Schützen, unter anderem auch das Kasterer Ehrenmal für die Gefallenen der Weltkriege. Und sie engagieren sich auf sozialem Gebiet. In diesem Jahr beispielsweise spendeten sie den Erlös eines Kronkorkenverkaufs in Höhe von 2400 Euro an die vier Kitas in Kaster.
Historie
Der Doppelort Morken-Harff bestand einerseits aus dem Harffer Schloss, der Mühle und einigen kleinen Höfen in Schlossnähe sowie andererseits dem Dorf Morken und dem Weiler Omagen. Morken lag an der Bahnstrecke Düren–Neuss und hatte einen eigenen Bahnhof. Ab Mitte der 1960er-Jahre musste der Doppelort dem Tagebau Frimmersdorf weichen.
1968 feierte die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Morken das letzte Schützenfest im alten Ort. Schützenkönig war damals laut Vereinschronik
Reiner Oberzier, der das Amt zum zweiten Mal inne hatte.
1969 feierten die Schützen im August zum ersten Mal auf Kasterer Boden. Willi und Gertrud Schiffer waren das erste Königspaar. Anlässlich des 50. Jahrestags hat die Bürger-Schützenbruderschaft Morken-Harff eine neue Königskette anfertigen lassen. (fun)