Anfang Januar 2025 ereilte die 160 Beschäftigten die Hiobsbotschaft. Am Freitagabend kamen sie ein letztes Mal in Bedburg zusammen.
Rettungsplan gescheitertBelegschaft verabschiedet sich unter Tränen vom Krankenhaus Bedburg
![Die Belegschaft des St. Hubertus-Stifts sagt „Danke“ und „Tschüss“.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/02/3ce7b85e-7158-4ec8-b09f-6f279d9ec195.jpeg?q=75&q=70&rect=0,562,4000,2250&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=dbb9a9f9a6c2aabee7e66381a8d14db3)
Die Belegschaft des St. Hubertus-Stifts sagt „Danke“ und „Tschüss“.
Copyright: Margret Klose
Es wird vermutlich noch eine Weile dauern, bis alle begriffen haben, dass es das Krankenhaus in Bedburg nicht mehr gibt. Die Frau, die am Freitagabend (31. Januar) in die Abschiedsfeier der Belegschaft von ihrem St. Hubertus-Stift hineinplatzte, ist ein Sinnbild dafür, dass sich die Menschen ihre Stadt ohne ihre Klinik nicht vorstellen können.
Mit einem Hobel hatte sie sich tief in die Hand geschnitten. Das Blut sickerte bereits durch den provisorisch angelegten Verband. Helfen konnte man der Frau im Krankenhaus in Bedburg nicht mehr, sondern verwies auf das Krankenhaus im benachbarten Bergheim. „Das ist ab jetzt die Zukunft“, sagte einer der Krankenpfleger, der sich um die Frau gekümmert hatte.
Ich bin nach 27 Jahren unendlich traurig – ihr wart für mich wie meine Familie
Es war ein trauriger Abschied am Freitagabend (31. Januar) im St. Hubertus-Stift Bedburg. Ein letztes Mal waren alle Ärzte, Schwestern, Pfleger, Techniker und Sekretärinnen in die Klinik an der Klosterstraße gekommen. Diesmal hieß es endgültig Abschied zu nehmen. 160 Frauen und Männer waren hier bis Ende Januar beschäftigt.
Alle Eingänge waren mit Absperrbändern verklebt. Sämtliche Gerätschaften und Instrumente, mit denen die Ärzte, Schwestern und Pfleger noch bis vor wenigen Tagen täglich gearbeitet haben, waren verschwunden – weggesperrt und verschlossen hinter mit neuen Schlössern versehenen Türen.
![Alle Eingänge sind versperrt. Das Krankenhaus ist nun für immer geschlossen.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/02/7bcd8c67-5f03-45ab-985d-cbef145ebc24.jpeg?q=75&q=70&rect=0,415,3984,2241&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=1503f61057acd499197868c738e60f39)
Alle Eingänge sind versperrt. Das Krankenhaus ist nun für immer geschlossen.
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Das einzig Tröstliche: Für die meisten ehemaligen Krankenhaus-Mitarbeitenden beginnt mit dem neuen Monat auch der Neuanfang an einem neuen Arbeitsplatz. Dabei wären sie alle viel lieber geblieben. So gerne hätten sie sich auch weiterhin um ihre Patienten und um ihr kleines Krankenhaus gekümmert und es mit Herzlichkeit und Leben geflutet. Die familiäre Atmosphäre und den Zusammenhalt im Kollegium vermissen sie schon jetzt.
Ein letztes Mal trat Chefarzt Dr. Anton Rausch am Freitagabend vor seine langjährigen Kolleginnen und Kollegen, um „Tschüss“ und „Danke“ zu sagen. Tränen standen ihm in den Augen. Mehrmals musste er während seiner Ansprache heftig schlucken. „Ich bin nach 27 Jahren unendlich traurig – ihr wart für mich wie meine Familie“, sagte er. Wichtig sei ihm immer gewesen, seine Kollegen wie Freunde zu behandeln. „Ich hoffe, ihr habt das gemerkt.“
Handwerker haben repariert, was es zu reparieren galt
Nicht nur der Chefarzt rang um Fassung. Auch seine Zuhörer kämpften mit den Tränen. Rausch hatte sich auf einen Stuhl vor sie gestellt, um so auch allen Kollegen ins Gesicht sehen zu können. Dann erzählte er ihnen von der hingebungsvollen und tollen Pflege und der guten Versorgung der Patienten auf den Stationen. Er lobte die gute Küche, das schnelle Labor, das moderne Röntgen, die gut funktionierende Intensivstation und die moderne Chirurgie mit ihren exzellenten Operateuren und fantastischen OP-Schwestern.
Die Anästhesie habe immer geholfen, wo es nur ging, ebenso die Sekretärinnen. „Und unsere Handwerker haben das repariert, was zu reparieren war“, so Rausch. Last but not least bedankte er sich auch bei der Ambulanz, wo die Menschen immer sehr schnell und vernünftig behandelt wurden.
„Ich werde euch immer in meinem Herzen bei mir haben“, versprach er. Nur schwer gelang es anschließend der Leiterin des Labors, Claire Friedrich, und der Leiterin der Ambulanz, Schwerster Lisa Erltl, ihre Tränen zurückzuhalten, als auch sie sich bei all ihren Kollegen für die tolle Zusammenarbeit und das Miteinander bedankten.
![Auf einem Kalender hat Chefarzt Dr. Andreas Kramer die letzten Tage dokumentiert.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/02/cf0689e3-11b9-4c20-9ae3-1d66adaf8543.jpeg?q=75&q=70&rect=0,805,2656,1494&w=2000&h=3000&fm=jpeg&s=168414eeb0c8473dc86f048f73bd6a98)
Auf einem Kalender hat Chefarzt Dr. Andreas Kramer die letzten Tage dokumentiert.
Copyright: Margret Klose
„Ich fühle eine unendliche Hilflosigkeit in mir, dass man so gar nichts mehr daran ändern kann“, sagte Chefarzt Dr. Andreas Kramer. Ihm komme es so vor, als habe man sie alle einfach fallenlassen. Immer noch hallen ihm auch die Sätze des Insolvenzverwalters im Ohr, als er ihnen zu Jahresbeginn bei der Betriebsversammlung erklärte, dass ihr Krankenhaus zum Monatsende geschlossen wird: „Einen sterbenden Patienten hält man nicht immer weiter am Leben – den lässt man dann auch sterben.“ Gemeint war der Patient Krankenhaus.
„Der Insolvenzverwalter mag ja recht damit haben. Aber jeder sterbende Patient und auch seine Angehörigen wurden von uns hier um ein Vielfaches besser begleitet und betreut, als es der Insolvenzverwalter mit uns gemacht hat“, kritisierte Kramer. Es waren sein Kollege Dr. Rausch und er, die sich um die Belegschaft gekümmert und ihr bei der Vermittlung zu neuen Arbeitsplätzen geholfen haben. „Ich selber werde mich nun am Montag erst einmal arbeitslos melden“, sagte Kramer.
Hier war einer für den anderen da
Viele der Mitarbeitenden arbeiteten länger als zwei, etliche sogar schon mehr als drei Jahrzehnte im Krankenhaus. Für die meisten war es ein Stück Heimat und Familie. „Hier war einer für den anderen da“, sagte Schwester Monika Emunds, die fast 36 Jahre in Bedburg im Krankenhaus gearbeitet hat. Gerüchte von einer möglichen Schließung hat sie schon vor 30 Jahren mitbekommen. „Aber wir haben immer wieder die Kurve gekriegt.“
Zuletzt nicht mehr.