Mit Verspätung übernahmen die Wiever in Bedburg die Macht über die Stadt. Um 11.11 Uhr waren noch nicht alle Jecken auf dem Marktplatz.
StraßenkarnevalBedburgs Bürgermeister verlor Schlips und Schlüssel an die Wiever

Sascha Solbach verliert den Schlips und damit die Macht über die Stadt: Barbara Sieger (r.), Präsidentin der KFG-Spielschar, schneidet Bedburgs Bürgermeister die Krawatte ab.
Copyright: Dennis Vlaminck
Da konnte er sich so halbherzig wehren, wie er wollte: Erst verlor Bedburgs Bürgermeister die Krawatte und dann auch noch die Schlüssel fürs Rathaus. Beides nahm unter dem Jubel und Applaus sowie etlichen Alaaf-Rufen Barbara Sieger in ihre Gewalt. Sie ist die neue Präsidentin der Spielschar in der Katholischen Frauengemeinschaft und damit traditionell an Wieverfastelovend damit betraut, die Macht für die Wiever zu übernehmen.
„Hück is der Daach der jecken Wiever, elf Mol im Johr wör uns dat liever“, rief Barbara Sieger auf der Treppe des alten Rathauses, das einmal mehr als Kulisse für die Machtübernahme der Frauen diente. Auf dem Marktplatz vor der Treppe sahen Hunderte Jecken zu, darunter in großer Aufstellung die Bedburger Narrenzunft (BNZ) und die KG Ritter Em Ulk, die mit ihren Musikzügen dem Bürgermeister den Marsch bliesen.
Bedburg: Dem Bürgermeister fehlte zunächst die Krawatte
Dabei hatte der Tag unter gar nicht so guten Vorzeichen begonnen. Früh am Morgen vermisste Solbach die für den Tag zwingend erforderlichen Krawatten. „Da hab ich schon kurz Panik bekommen“, sagte Solbach. Schließlich fanden sie sich aber doch im Schrank. Die Schlipse stammen aus dem Fundus seines Schwiegervaters.
Doch um 10.45 Uhr, kurz vor Eröffnung des Straßenkarnevals, stellte der an diesem Tag bereits einmal „beschnittene“ Solbach auf dem Marktplatz mit Erschrecken fest, dass er lediglich einen Schlipsschnipsel um den Hals trug. Eine nun benötigte intakte Krawatte befand sich noch im Dienstwagen, wo sie eiligst geholt wurde.
Und weiter ging es mit den ungeplanten Ereignissen: Auf dem Marktplatz hatten sich pünktlich für 11.11 Uhr die Jecken aufgestellt, die Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft hatten sich bereitgestellt, der Bürgermeister hatte sich den Schlips umgebunden, und der Musikzug der Ritter spielte „Rut sin die Ruse“ von den Boore, jedoch in Endlosschleife, weil die Abordnung der BNZ irgendwo in der Innenstadt hängen geblieben war und minutenlang auf sich warten ließ.
So konnte die Eröffnung des Straßenkarnevals denn auch erst mit Verspätung erfolgen. Um 11.18 Uhr dann griff Solbach zum Mikrofon und begrüßte die zahlreichen Narren auf dem Platz. Spielschar-Präsidentin Barbara Sieger nutzte die Übernahme der Macht durch die Wiever für ein närrisch politisches Statement: „Bedburg ist bunt, wir leben Vielfalt, Menschlichkeit und Demokratie.“

Strahlende Gesichter bei strahlendem Sonnenschein: In Kaster zogen Hunderte Kinder der Martinusgrundschule und mehrerer Kindergärten mit ihren Eltern durch die Straßen und warfen Kamelle.
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Die Haltung gab es auch in Textilform: Barbara Sieger heftete Bürgermeister Solbach eine Stoffblume in Grün an die Narrenkappe, damit auch die richtig bunt ist. „Bisher hat er immer nur die Farben der KGs in Rot und Blau getragen, jetzt passt es“, sagte Sieger.
Kamelle flogen auch schon an Weiberfastnacht. Durch Kaster zog der Karnevalszug der Martinusgrundschule und mehrerer Kindergärten. Hunderte Kinder mit ihren Eltern in bunten Kostümen brachten Süßigkeiten, Spielzeug und Konfetti unter das närrische Volk, das in großer Zahl den Zugweg säumte.