Die Sindorferin, die im April 62 Jahre alt wird, geht gesundheitsbedingt etwas früher in ihren Ruhestand.
Lehrerin aus ÜberzeugungBedburger Schulleiterin Tanja Claßen geht in den Ruhestand
„Ich will Reklame machen. Das ist der schönste Job der Welt. Man trägt viel Verantwortung, aber man hat auch viel Freude.“ Wenn man Tanja Claßen zuhört, dann hat man gar nicht den Eindruck, dass es derzeit für sie die letzten Tage als Grundschullehrerin sind.
Ende dieser Woche aber gibt die Rektorin der Bedburger Wilhelm-Busch-Schule ihren Ausstand. Am Freitag (27. Januar) findet um 10 Uhr ein Gottesdienst in St. Lambertus statt, anschließend eine kleine Feier im Bedburger Schloss.
Danach geht die Sindorferin, die im April 62 Jahre alt wird, gesundheitsbedingt etwas früher in ihren Ruhestand. Aber in ihr brennt noch das Feuer einer leidenschaftlichen Pädagogin. Nicht einverstanden ist sie mit der Ausbildung der Grundschullehrer und -lehrerinnen: „Die Landesregierung startet Maßnahmen, die absolut nicht das Übel an der Wurzel packen.“
Ihrer Meinung nach gehört der Lehrernachwuchs viel früher an die Schule: „Pädagogisch ist unser Beruf sehr, sehr anspruchsvoll. Deshalb bin ich dafür, den wichtigen theoretischen Unterricht bis zum Bachelor zu konzentrieren. Das Masterstudium aber soll ein duales Studium werden. Und auch bezahlt. Die Studenten sollen an die Schulen. Sie sollen erkennen: Da geht es hin.“ Die Reformierung der Ausbildung ist ihrer Meinung nach ein Muss.
Außerdem brauche es viel mehr Studienplätze, um den personellen Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Sie ist auch eine eifrige Verfechterin von Teilzeitstellen. Das praktiziert sie auch in Bedburg so: „Ich habe lieber 16 Lehrer in Teilzeit als acht in Vollzeit. Dann habe ich 16 Köpfe, die mitdenken und 16 Menschen, die zufrieden sind mit ihrem Beruf.
Der damalige Konrektor Josef Weitere ist ihr Vorbild gewesen
Nach ihrem Studium in Münster und Köln hat die aus dem Ruhrpott stammende Pädagogin 1990 ihre erste Lehrerstelle in Bedburg bekommen. Besonders der damalige Konrektor Josef Weitere, der später sehr erfolgreich die Rathausschule in Horrem leitete, sei ihr Vorbild gewesen,erläutert Claßen.
Wie Weitere bindet auch sie ehrenamtliche Kräfte gerne in den Schulalltag mit ein, derzeit sind es 13 Freiwillige, etwa um den Kindern den Spracherwerb zu erleichtern. „Jedes Kind hat hier ein Zuhause. Die Schule ist ein geschützter Raum. Manche Kinder haben Tränen in den Augen, wenn die Ferien beginnen.“
Kinder müssten an der Grundschule nicht nur Lesen und Schreiben lernen
Dass die Gesellschaft die Erziehung der Kinder von den Familien auf die Schulen verlagert, bewertet sie nicht. Claßen nimmt die Tatsache als Herausforderung an: „Wenn wir das nicht tun, wer tut es dann?“ Kinder müssten an der Grundschule alles lernen, nicht nur Lesen und Schreiben, weiß die Sindorferin: „Hier findet entweder der Einstieg in ein lebenslanges Lernen statt oder nicht.“
Die Schüler mögen Tanja Claßen, auch weil sich alle mit ihr einig sind, „dass Blödsinn dazugehört“. Eine goldene Regel gilt an der Wilhelm-Busch-Schule: „Petzen gilt nicht.“ Einen Wunsch hat sie an ihre 200 Kinder, 17 Kollegen, Schulsozialarbeiter, Ehrenamtler und Eltern: „Rituale sind ganz wichtig hier. Zur Einschulung singen wir immer „Morning has broken“. Das wünsche ich mir jetzt auch.“
Und dann werde sie erst einmal ausruhen und die Stille genießen, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen. Vielleicht mal ins Konzert gehen, aber dann im Sommer wieder mit ihrem Mann auf die Motorräder steigen. Dann geht’s in die Alpen oder mal nach Riga.