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Altes HandwerkMühlen in Rhein-Erft geöffnet – nur der Wind fehlte

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Die Grottenhertener Mühle mit Besucherinnen und Besuchern am Deutschen Mühlentag.

Die Grottenhertener Mühle mit Besucherinnen und Besuchern am Deutschen Mühlentag.

Glanzstück der noch funktionstüchtigen Mühlen in Rhein-Erft ist die Grottenhertener Windmühle. Vom Verzehr des Mehls rät der Eigentümer ab.

Der Andrang war groß: In Oberaußem, Paffendorf und Bedburg-Grottenherten strömten unzählige Besucherinnen und Besucher zu den noch recht gut erhaltenen Mühlen. Glanzstück ist die Grottenhertener Windmühle – warum? Sie ist noch voll funktionstüchtig, kann mit ihren Flügeln, ihren Zahnrädern und Mühlsteinen auch heute noch Getreide zu Mehl verarbeiten. Könnte, muss man sagen, denn natürlich: Es braucht Wind.

Den gab es leider am Besichtigungstag nicht, sehr zum Leidwesen der Interessenten. Heinz-Willi Bickendorf, Besitzer der Mühle, beschwichtigte: Selbst wenn wir heute mahlen könnten, würde er nicht empfehlen, das Mehl auch zu verköstigen. Wenn nicht regelmäßig gemahlen wird, finden sich nicht nur Mehlwürmer ein, vor allem aber beginnt sich an den Mühlsteinen Schimmel zu entwickeln, das wäre natürlich nicht gerade gesund.

Die Steine haben ein beeindruckendes Gewicht

Bickendorf zeigte bei einem Rundgang die Funktionsweise der Mühle sehr anschaulich. Die bis zu 100 Kilogramm schweren Getreidesäcke werden per Seilzug in die Mahlwerk-Etage befördert, dort in einen Trichter gefüllt, durch den die Körner über eine Schüttelrutsche ins Mahlwerk gelangen. Das Mahlwerk besteht aus zwei Steinen, dem Bodenstein und dem Läuferstein.

Die Steine haben ein beeindruckendes Gewicht: Bis zu 1,5 Tonnen bringen sie auf die Waage, also etwa so viel wie ein Mittelklasse-Pkw. Ihr Abstand voneinander muss je nach Windgeschwindigkeit vom Müller verändert werden. Man muss das als Kunst verstehen: Der Müller hört am Ton der sich drehenden Steine, wie er sie verstellen muss.

Besitzer Heinz-Willi Bickendorf zeigte den Besucherinnen und Besuchern das Innenleben der Mühle.

Besitzer Heinz-Willi Bickendorf zeigte den Besucherinnen und Besuchern das Innenleben der Mühle.

Die Windmühlenflügel scheinen, von weitem betrachtet, eine gemütliche Bewegung zu vollziehen, Tatsache ist aber, dass sie an ihren jeweiligen Enden eine Geschwindigkeit von bis zu 100 km/Stunde erreichen – da sollte man nicht im Weg stehen! Sie erbringen dabei eine Leistung von bis zu 35 KW, immerhin fast 48 PS!

Die Grottenhertener Mühle wurde 1831 von Anton Iven erbaut. Um 1930 herum wurde die Mühle elektrifiziert, d.h., man war nicht mehr vom Wind abhängig. Der Vater des heutigen Besitzers, Josef Bickendorf, betrieb die Mühle noch bis 1964 im Haupterwerb.

Die Mühle ist an jedem ersten Samstag im Monat geöffnet

Sein Sohn Heinz-Willi, geboren 1965, spielte als Kind begeistert in den geheimnisvollen Räumen und sagt heute auf die Frage nach seiner Motivation, die Mühle zu erhalten: „Es steckt natürlich viel Herzblut darin, die Erinnerungen an die Kindheit wachzuhalten!“ Mit einem Förderverein steckt man seit 1995 viel Arbeit und Geld in die Mühle, und der begeisterte Applaus der Besucherinnen und Besucher zeigte: Es hat sich gelohnt! Die Mühle ist jeden ersten Samstag im Monat von 11 bis 13 Uhr geöffnet.