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Interview mit Samuel FinziEine musikalische Weihnachtsgeschichte im Bergheimer Medio

Lesezeit 6 Minuten
Knaup trägt einen braunen Mantel und schaut verdutzt, Samuel Finzi trägt eine schwere Eisenkette um den Hals und hat seinen Arm um Knaup gelegt.

Samuel Finzi und Herbert Knaup spielen Charles Dickens Weihnachtsgeschichte im Medio

Samuel Finzi spielt am 6. Dezember im Bergheimer Medio die Weihnachtsgeschichte. Im Gespräch erzählt er, was er aus der Geschichte zieht.

Samuel Finzi, Sie kommen am 6. Dezember nach Bergheim und spielen da die Weihnachtsgeschichte nach Charles Dickens. Haben Sie einen persönlichen Bezug zum Rheinland?

In Bergheim war ich bisher noch nie, aber meine erste große Rolle auf einer Staatstheaterbühne hatte ich in Köln im Jahre 1993. Dimiter Gotscheff hat dort „Die Möwe“ von Anton Tschechow inszeniert. Davor habe ich auch in Düsseldorf gespielt, aber seitdem ist schon sehr viel Zeit vergangen.

In Bergheim werden sie neben Herbert Knaup auf der Bühne spielen, der die Rolle des Scrooge übernimmt. Wie ist das für Sie?

Ich kenne ihn schon ewig. In der besagten Inszenierung von „Die Möwe“ hat er Trigorin gespielt und ich Kostja. Wir standen also schon damals zusammen auf der Bühne – haben seitdem aber nie wieder zusammengespielt. Der Kreis schließt sich jetzt also mit der Weihnachtsgeschichte. Es macht viel Spaß, ich mag ihn sehr gerne, als Kollegen und als Menschen.

Sie selbst spielen alle anderen Rollen im Stück, von Scrooges Angestellten bis zu den vier Geistern. Ist das herausfordernd für Sie?

Mir macht es Spaß, ständig zu wechseln und eine kleine Charakteristik für jede Figur zu finden, für junge Damen, ältere Damen, Herren, Jungs - und Geister natürlich. Man deutet die Figuren mit ein paar Strichen an. Aber sie dürfen nicht vergessen, dass es sich um szenische Lesung handelt, begleitet von dieser wunderbaren Musik in diesem Streich-Quintett, extra komponiert für diese Aufführung.

Bergheim: Szenische Lesung der Weihnachtsgeschichte im Medio

Was gibt die Musik dem Stück?

Die fügt sich der Dramaturgie des Werks. Man muss sich das vorstellen wie im Film, wo die Musik immer eine eigene Rolle spielt, aber trotzdem das Geschehen unterstreicht. Musik wirkt ja ganz intuitiv und hilft dabei, die richtigen Bilder im Kopf des Zuschauers entstehen zu lassen. Sie gibt dem Werk noch eine Interpretationsebene.

Erinnern Sie sich noch, wann Sie zum ersten Mal mit der Weihnachtsgeschichte in Kontakt kamen?

Da muss ich erstmal überlegen. Wann liest man den Dickens, mit zwölf, dreizehn Jahren? Wenn nicht sogar früher. Das sind Bücher, die man in einem gewissen Alter liest – die britische Romantik sozusagen. Man gruselt sich vor den Bettlern und den Dieben und leidet mit Oliver Twist. Ich habe viel gelesen als Kind. Zu meiner Generation hat das einfach dazugehört, dass man als Kind Bücher liest und nicht ins Telefon glotzt. Das ist jetzt ja leider etwas anders.

Sie sind im sozialistischen Bulgarien der 70er und 80er aufgewachsen, bevor Sie nach Deutschland kamen. Wie war denn ihre Kindheit dort?

Das kann ich nicht in zwei Sätzen zusammenfassen. Eigentlich war sie ganz normal, meine Kindheit war gar nicht schlecht. Und irgendwann, in einem gewissen Alter, fängt man an, die Diskrepanzen zu bemerken: Was man darf, was man nicht darf. Was darf man in der Gesellschaft tun, was darf man sagen, was darf man nicht sagen. Kann man sich jemandem öffnen oder nicht? Wird er dich verraten oder nicht? Man wächst mit solchen Regeln auf, mit Vorsicht. Man darf sich nicht über alles kritisch äußern. Das kennt man ja auch aus der Geschichte der DDR. Aber ich kann trotzdem sagen, ich hatte eine glückliche Kindheit.

Samuel Finzi zieht seine Lehren aus Charles Dickens Geschichte

Welche Rolle hat denn Weihnachten in ihrer Kindheit gespielt?

Wir hatten keine riesigen Weihnachtsmärkte, das entspricht auch nicht der griechisch-orthodoxen Tradition in Bulgarien. Da wird Weihnachten an einem Abend gefeiert, das Land macht nicht drei Tage lang zu wie in Deutschland. Ich komme ja aus einer jüdischen Familie. Es ist trotzdem ein Familienfest. Jetzt wird es groß gefeiert, mit Weihnachtsmärkten und dem ganzen Brimborium. Alle fallen dem Konsum zum Opfer, es müssen Geschenke zu Tausenden gekauft werden. Weihnachten ist also, so schön es auch ist, ein Anlass, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Schenken kann doch auch etwas Schönes sein.

Wenn sich das alles organisch ergibt, ist es schön, dass es ein paar Tage gibt, wo sich die Leute zusammentun und versuchen gut zueinander zu sein. Was mich ein bisschen stört, ist dieser Druck, Weihnachten feiern zu müssen. Man wird so früh damit bombardiert, wem was geschenkt wird und wieviel Geschenke es werden sollen. Ich habe kein Rezept dafür, wie man das vermeiden kann. Wahrscheinlich ist das Beste, man geht ins Theater (lacht).

In dem Sinne wirkt die Weihnachtsgeschichte geradezu modern, auch wenn die Geschichte schon etwas älter ist.

Es ist eine romantische Geschichte, wenn Sie so wollen, es sind darin sehr schöne, lebendige Figuren beschrieben. Heutzutage würde Scrooge vielleicht zu einem Psychoanalytiker gehen, der ihm erzählt, was er selbst verändern kann, damit er besser durchs Leben kommt. Damals gab es eben die Geister, die das erledigt haben. Vielleicht besinnt man sich ein bisschen zurück darauf, wofür dieses Fest eigentlich da ist: Dass man sich in die Augen schaut und versucht, gut zueinander zu sein. Eine kleine Pause einlegt in dem ganzen Tumult, das brauchen wir heutzutage. Und sich gute Vorsätze als Aufgabe fürs nächste Jahr stellt, die man hoffentlich erfüllt.

Was ziehen Sie aus der Geschichte?

Dass die Hoffnung besteht, dass die Menschen sich verändern können. Das Leben ist ein Fluss und wenn man etwas sensibel ist und Fehler gemacht hat, dann kann man immer etwas verändern und sich zu einem besseren Menschen entwickeln. Wenn man bereit ist, sich zu öffnen und sich seine Fehler einzugestehen, dann ist es nie zu spät. Eigentlich ist es die Geschichte von einem Menschen, dem die Augen geöffnet werden.

Zur Person

Samuel Finzi ist eine Größe in der deutschen Film- und Theaterlandschaft. Der in Bulgarien geborene Schauspieler stand bereits in den renommiertesten deutschsprachigen Schauspielhäusern auf der Bühne, ist aber auch aus dem Tatort oder aus Filmen wie „Kokowäh“ und „Honig im Kopf“ bekannt. Am 6. Dezember tritt er zusammen mit Herbert Knaup im Medio Rhein Erft in Bergheim auf, für eine szenische Lesung von Charles Dickens „Eine Weihnachtsgeschichte.“

Ticket-Verlosung

Wir verlosen fünfmal zwei Karten für „Eine Weihnachtsgeschichte“ nach Charles Dickens mit Samuel Finzi und Herbert Knaup am Freitag, 6. Dezember in Bergheim unter allen, die uns bis Dienstag, 3. Dezember, um 24 Uhr eine E-Mail mit dem Betreff „Weihnachtsgeschichte“ und ihrer Telefonnummer schicken. Die Gewinner werden am Mittwoch, 4. Dezember, telefonisch benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Veranstalter des Gewinnspiels ist die M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co. KG. Bei einer Teilnahme an der Verlosung gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als akzeptiert. Diese AGB finden Sie online unter: www.ksta.de/gewinnspiel-agb