Der 49-Jährige, der seit 2002 in der Marien-Apotheke arbeitet und sie seit 2008 auch führt, verkauft seine beiden Apotheken.
GesundheitWarum Marcel Burghardt aus Bergheim als Apotheker aussteigt

Laura Kleinholdermann übernimmt die Marien- und die Kreis-Apotheke in Bergheim von Marcel Burghardt.
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Marcel Burghardt steigt aus. Der 49-Jährige, der seit 2002 in der Marien-Apotheke arbeitet und sie seit 2008 auch führt, verkauft seine beiden Apotheken. Die 28-jährige Laura Kleinholdermann wird die Marien-Apotheke in der Bergheimer Fußgängerzone und die Kreis-Apotheke im Einkaufszentrum Intro am 1. März übernehmen.
„Nach über 20 Jahren als Apotheker muss ich etwas anderes machen, um zufrieden zu sein“, sagt der Bedburger Burghardt. „Ich will meinem Leben einen anderen Dreh geben.“ Corona habe zu einer Überlastung geführt, die ihn zu dieser Entscheidung gelenkt habe. „Testen, Masken, Desinfektionsmittel herstellen, Personalprobleme, Not- und Nachtdienste – das war zu viel.“
Das ist ein riesiger Aufwand für Dinge, die man in der Praxis gar nicht braucht
Er wolle weg von Bürokratisierung, Digitalisierung und Industrie. „Wenn ich auch nur eine einzige Insulinkanüle verkaufen wollte, musste ich erst ein bürokratisches Monster bezwingen“, sagt Burghardt. Für das nötige Zertifikat müsse ein Apotheker etwa nachweisen, wie die Kühlkette eingehalten werde, dass er eine korrekte Lagerung vorhalten könne oder auch eigene Beratungsräume für Patienten und eine behindertengerechte Toilette. „Das ist ein riesiger Aufwand für Dinge, die man in der Praxis gar nicht braucht.“
Ein Prozess, der nun auf Nachfolgerin Kleinholdermann zukommt, denn bei einem Eigentümerwechsel sind alle Zertifikate zu erneuern.
Die Teekammer soll es ab Sommer als Onlineshop geben
Burghardt und seine Frau Sandra, die als Tee-Sommelière bisher die Teekammer in der Marien-Apotheke betrieben hat, wollen nun von ihrem Zuhause in Bedburg aus mit dem Schwerpunkt Tee weiterarbeiten. „Erst machen wir eine kurze Pause, um den Kopf freizubekommen“, sagt Burghardt. Sie wollten Heilkräuter- und Tee-Anbaugebiete in Europa besuchen, etwa in England, und Kontakte knüpfen. Ab Sommer dann soll es die Teekammer als Onlineshop geben. Auch Teeverkostungen und Seminare seien möglich.
Die Arbeit mit den Kunden werde er vermissen, sagt Burghardt. „In der Apotheke wird jetzt das ein oder andere Tränchen zum Abschied verdrückt.“ Aber die Entscheidung sei wichtig gewesen. „Ich wollte den Beruf in guter Erinnerung behalten. Bei einem Abschied jetzt geht das noch.“
Im Kreis gibt es 92 Apotheken, vor zehn Jahren waren es noch 119
Wichtig sei ihm aber auch gewesen, dass seine Apotheken in gute Hände kommen. So selbstverständlich ist das nicht. Immer mehr Apotheken schließen, weil sich keine Nachfolger finden. Im Kreis waren es 2022 sieben Apotheken, die dichtgemacht haben: je eine in Bergheim, Frechen und Pulheim, je zwei in Kerpen und Erftstadt. Im Kreis gibt es 92 Apotheken – vor zehn Jahren waren es noch 119.
„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt die künftige Chefin Laura Kleinholdermann über ihre erste Begegnung mit der Marien-Apotheke, wo sie seit Anfang des Jahres als Apothekerin angestellt ist. Die Apotheke verbinde Tradition und Moderne, das Team von 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in beiden Apotheken sei hoch motiviert. Die Arbeit schrecke sie nicht. „Ich bin da unerschütterlich.“
Marcel Burghardt wird zumindest gelegentlich noch in der Marien-Apotheke zu sehen sein: Er wird als angestellter Apotheker das Team an einigen Tagen im Monat unterstützen.