„Krisenzeiten sind Kirchenzeiten“Kirche findet neue Wege, um für Menschen da zu sein
Bergheim/Bedburg – Das öffentliche Leben steht weitgehend still, es gelten strenge Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Das Coronavirus stellt nicht nur Unternehmen, Vereine und Privatpersonen vor nie möglich gehaltene Herausforderungen. Auch die Kirchen müssen einen Weg finden, mit der angespannten Situation umzugehen.
„Die Situation ist dramatisch“, sagt Pfarrer Thorsten Schmitt, der die evangelischen Kirchengemeinde Bedburg, Niederaußem und Glessen betreut. „Eigentlich müsste die Kirche jetzt offen und für die Menschen da sein“, meint er. Aber das gehe derzeit natürlich nicht. Denn Kontakte müssen möglichst vermieden werden.
Kirche geht neue Wege
Die Lage rufe absurde Situationen hervor. Zum Beispiel auf Beerdigungen, wenn Enkel nicht dabei sein dürfen, um sich von ihren Großeltern zu verabschieden. „Absurd, aber nötig“, sieht der Pfarrer ein. Die aktuelle Situation sieht Schmitt als beispiellos an. Die Kirche könne es nicht einmal verantworten, den Andachtsraum offen zu halten. „Denn auch dann begegnen sich die Menschen“, weiß er.
Andererseits, so der Pfarrer, seien Krisenzeiten auch immer Kirchenzeiten gewesen. Deshalb gehe die Kirche neue Wege, um „Möglichkeiten zu schaffen, wie wir als Gemeinde dennoch für Menschen da sein können“, sagt Schmitt. So hat sich das Gemeindeteam das Konzept der Hausgottesdienste ausgedacht.
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Jeden Sonntag läuten zu festen Zeiten für zehn Minuten die Kirchenglocken (10.30 Uhr Friedenskirche Bedburg, 10.15 Uhr Erlöserkirche Niederaußem, 10.15 Uhr Friedrich-von-Bodelschwingh-Gemeindezentrum Glessen). Anstatt den Gottesdienst im gemeinsamen Kirchraum zu feiern, kann das jeder von zu Hause aus tun. Dafür gibt es eine kleine Liturgie, die sich die Menschen auf der Internetseite der Kirchengemeinde herunterladen können.
Gemeindemitglieder sind sehr kreativ
Außerdem soll es auf den jeweiligen Seiten der beiden Gemeindebezirken (Bedburg, Niederaußem/Glessen) einen Impulstext geben. Und jeden Abend von 19.30 bis 19.45 Uhr läuten alle Kirchenglocken für alle mit dem Coronavirus infizierten Menschen, so wie in den katholischen Kirchen auch.
„Das ist alles noch im Entstehen“, berichtet der Pfarrer. Die Gemeindemitglieder seien in dieser Situation sehr kreativ, zeigt er sich erfreut. „Wir müssen die Kanäle nutzen, die möglich sind.“Auch die seelsorgerische Arbeit, die zurzeit am Telefon stattfindet, sei von Sorgen rund um Corona geprägt, teilweise geht es um Existenzängste.
Zuversicht vermitteln
Besonders die Risikogruppen wie Senioren hätten manchmal Angst um ihre Grundversorgung, zum Beispiel wenn sie nicht wüssten, wer für sei einkaufen gehe, berichtet der Pfarrer. „Grundsätzlich ist das Bedürfnis zu erzählen einfach groß“, so Schmitt.
Denn Kontakte fielen aktuell weg. „Es geht darum, die Situation auszuhalten.“ Er als Seelsorger versuche, sich der Ängste der Menschen anzunehmen, gleichzeitig aber auch eine gewisse Zuversicht zu vermitteln. „Ich habe das Vertrauen, dass wir geborgen sind“, erklärt er seinen persönlichen Kraftquell.