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Nach Tod eines AngehörigenHospiz in Rhein-Erft hilft Jugendlichen zu trauern

Lesezeit 4 Minuten
Maria Riederer (r.) mit ihren Kolleginnen Sophie Rosenberger und Helena Gerl.

Maria Riederer (r.) mit ihren Kolleginnen Sophie Rosenberger und Helena Gerl. Sie besetzen die Geschäftsstelle des Hospizes Bedburg/Bergheim/Elsdorf.

Maria Riederer koordiniert den Trauerchat des Hospizvereins Bedburg/Bergheim/Elsdorf. Im Interviews sagt sie, worauf es dabei ankommt.

Der Verein Hospiz Bedburg/Bergheim/Elsdorf bietet neben einer ambulanten Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen auch verschiedene Angebote für Hinterbliebene zur Bewältigung und Verarbeitung eines Todesfalls. Speziell für Jugendliche und junge Erwachsene gibt es jeden Montag zwischen 20 und 22 Uhr den anonymen Trauerchat „Doch etwas bleibt“, der von ebenfalls jungen Ehrenamtlichen moderiert wird. Christina Jürgensen sprach mit Maria Riederer über den Umgang Jugendlicher mit dem Tod, Hemmschwellen und der Notwendigkeit, zuhören zu können. Sie ist Koordinatorin für Sterbebegleitung und Projektleiterin.

Frau Riederer, seit wann gibt es den Trauerchat des Hospizvereins und wie entstand das Angebot?

Maria Riederer: Der Chat entstand vor gut 15 Jahren auf Initiative meiner Vorgängerin Romy Kohler. Als ihr Sohn mit 15 Jahren starb, bemerkte sie, dass seine Freunde nach Wegen suchten, den Verlust auf ihre Weise zu verarbeiten. Gemeinsam mit Anna Raisch organisierte sie das Angebot. Dabei legten beide fest, dass das Begleiterteam ebenfalls aus jungen Leuten mit eigener Trauererfahrung bestehen sollte.

Trauern Jugendliche anders als Erwachsene?

Meiner Erfahrung nach trauert jede Altersgruppe unterschiedlich. Besonders bei Jugendlichen ist, dass sie der Tod eines Verwandten oder Freundes in einer Phase des Wandels trifft, in der sie sich selber sehr stark verändern. Der Verlust kann Jugendliche in ihrer Entwicklung zurückwerfen, oder sie meinen, bestimmte Rollen einnehmen zu müssen, zum Beispiel beim Verlust eines Elternteils. Oft verschließen die Jungen und Mädchen sich gegenüber Erwachsenen, fühlen sich unverstanden und suchen noch mehr als ohnehin schon in der Pubertät den Kontakt zu Gleichaltrigen.

Das ändert sich mit dem Alter?

Junge Erwachsene öffnen sich gegenüber Älteren schon leichter, da sie über den Auszug aus dem Elternhaus, Ausbildung oder Studium ohnehin die gewohnten Strukturen verlassen. Aber auch sie trifft der Verlust gerade der Eltern besonders hart, da diese als Orientierung und Ratgeber noch sehr gebraucht werden.

Wie viele User haben Sie pro Woche? Und wie viele Chatbegleiter moderieren die Gespräche?

Das ist sehr unterschiedlich. Durchschnittlich loggen sich pro Termin zwei bis drei User ein, es können aber auch mehr sein. Pro Jahr betreuen wir etwa 55 bis 60 Jugendliche und junge Erwachsene. Manche nehmen nur einmal teil, andere über Wochen und Monate immer wieder. Moderiert werden die Chats jeweils von drei Ehrenamtlichen aus unserem Team, die von zu Hause aus tätig sind und abwechselnd die Gespräche begleiten, aber auch untereinander in Kontakt sind.

Was ist die genaue Aufgabe der ehrenamtlichen Chatbegleiter?

Ähnlich wie bei anderen Trauerbegleitern auch, geht es vor allem darum, genau zuzuhören – oder in diesem Fall genau zu lesen, sich ein Bild von dem jeweiligen Trauernden und seiner Situation zu machen. Das passiert unter anderem über gezielte Nachfragen. Ziel dabei ist, dass die Teilnehmer auch untereinander ins Gespräch kommen und ihre Erfahrungen teilen. Wo es nötig ist, geben die Moderatoren aber auch Adressen und Tipps für mehr Hilfe weiter.

Welche Voraussetzungen sollten sie erfüllen?

Wer bei uns Teil des Teams werden möchte, sollte zwischen 18 und etwa Ende 20 Jahre alt sein. Die eigene Trauererfahrung ist für unsere Chatbegleiter zwar eine Voraussetzung, aber das alleine reicht nicht. Wichtig ist, dass derjenige den Verlust ausreichend verarbeitet hat. Er benötigt ein gewisses Maß an Selbstreflexion, sollte auch die eigenen Grenzen der Belastbarkeit kennen. In unseren Trainings und Vorbereitungskursen spielt diese Selbstreflexion deshalb eine große Rolle. Außerdem kommt das Team des Trauerchats einmal im Monat zu einer „Supervision“ zusammen, um sich auszutauschen.

Welchen Vorteil bietet es für Jugendliche, sich in einem Chat auszutauschen und nicht in einer Trauergruppe mit einem Psychologen oder professionellen Trauerbegleiter?

Über den anonymen Chat von zu Hause aus, ohne sich registrieren zu müssen, fallen direkt einige Hemmschwellen weg, beispielsweise Erstgespräche mit Erwachsenen. Wer teilnehmen möchte, ist völlig frei, kann sich auch einloggen und nur still mitlesen. Gleichzeitig wissen die jungen Trauernden, dass sie mit den Moderatoren fast auf Augenhöhe reden, da sie etwa im gleichen Alter sind und ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die Chatbegleiter wissen, wovon sie reden, sind in ihrer Bewältigung nur schon weiter als die User. Außerdem ist der Chat das vertraute Medium der Jugendlichen und jungen Erwachsenen.


Wer sich ehrenamtlich als Chatbegleiter engagieren oder mehr über das Angebot erfahren möchte, findet Informationen auf der Internetseite zum Trauerchat.