Wohnzimmer statt GerichtssaalBergheimer Kanzlei bietet erstmals Online-Scheidungen an

In der Anwaltskanzlei Vaeßen/Drexler (rechts Dominik Vaeßen) fand erstmals eine Scheidung per Videokonferenz statt.
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Bergheim – Ehescheidungen gehören für Dominik Vaeßen zum Arbeitsalltag. Vaeßen ist Anwalt in der Kanzlei Drexler an der Hauptstraße in Bergheim. Mehrere Scheidungen pro Woche wickele die Kanzlei ab, sagt er. Kürzlich erlebte aber auch Vaeßen etwas, das er noch nicht kannte: eine Scheidung per Videokonferenz.
Was nach einer Erfindung aus der Corona-Zeit klingt, ist allerdings schon länger möglich. Paragraf 182a der Zivilprozessordnung erlaube so ein Vorgehen bereits seit 2013, sagt Vaeßen. Umgesetzt wird die Videoscheidung dennoch höchst selten, zumindest bislang. „Möglicherweise haben die Richter Berührungsängste“, mutmaßt Vaeßen.
Bergheimer Anwalt: Stimmung bei Gericht nicht so gelöst
Er selbst findet das Format super. Ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen erspare das viel Zeit. Manchmal müssten sie für teilweise zehnminütige Gesprächstermine quer durch die Republik fahren, Übernachtungen inklusive. Das koste den jeweiligen Mandanten natürlich auch mehr Geld. Deshalb hofft Vaeßen, dass sich das Format durchsetzt.
Offenbar keine Berührungsängste hatte der Richter des Amtsgerichts Jülich bei der ersten Onlinescheidung der Kanzlei. „Die Atmosphäre war aufgelockert“, berichtet Vaeßen. Der Mann saß in seiner Kanzlei, die Frau wurde aus ihrem Wohnzimmer zugeschaltet. Bei Gericht sei die Stimmung meistens nicht so gelöst: „Da sind die Mandanten oft eher eingeschüchtert, sie stehen ja meistens eher selten vor Gericht“, sagt er. Allerdings, schränkt Vaeßen ein, eigne sich das Format nicht für komplizierte Verfahren, sondern nur, „wenn die Lage zwischen den Beteiligten unstreitig ist“.
„Vor Gericht hätte es komisch werden können“
So war es auch bei besagter Onlinescheidung. „Meine Exfrau und ich verstehen uns gut, alles war vollständig einvernehmlich“, sagt der nun geschiedene Mann, der anonym bleiben will. Für ihn sei das Videoformat nicht schlecht gewesen. Er glaube, es hätte komisch werden können, wenn sich beide Parteien nach dem Scheidungstermin vor dem Gericht begegnet wären. Denn auch wenn er und seine Exfrau friedlich auseinander gegangen seien: „Was sagt man sich am Ende? Ein schönes Leben noch?“
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Eine Onlinescheidung spare Zeit und Geld, sagt er. Und die Umsetzung sei simpel. Das Gericht habe ihm einen Link geschickt, dann habe er lediglich seinen Namen eingeben müssen und der Konferenz beitreten können. Abgewickelt werde das Ganze über ein Portal, das das Land zur Verfügung gestellt habe, erklärt die Anwaltskanzlei.