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Serie „Wasser ist Leben“So kontrolliert in Bergheim eine Kamera die Kanäle

Lesezeit 4 Minuten

Mit Hochdruck aus Düsen, die vom Spülfahrzeug mit Wasser versorgt werden, reinigt Pepe Busse die Kanäle.

  1. In der Serie „Wasser ist Leben“ gehen unsere Autoren dem Trinkwasser im Rhein-Erft-Kreis auf die Spur.
  2. In dieser Folge erklären wir, was mit dem Wasser passiert, nachdem der Stöpsel gezogen und die Klospülung betätigt ist.
  3. Um das Kanalnetz unter der Stadt Bergheim sauber zu halten, braucht es Technik und schwere Geräte.

Bergheim – Für die Verbraucher ist das Wasser einfach weg, nachdem der Stöpsel aus Waschbecken oder Badewanne gezogen ist oder der Brausekopf nach beendeter Dusche aufgehört hat zu sprudeln. Für die Stadtwerke und Bauhöfe fängt die Arbeit dann erst an. Über weit verzweigte Kanalsysteme wird das Wasser zur Kläranlage transportiert.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Wasser da entsorgt, wo es gebraucht worden war. Aus Haus- oder Dorfbrunnen entnommen, wurde es an Ort und Stelle dem Boden zurückgegeben und gelangte nach Bodenfilterung an seinen Ursprungsort zurück. In gepflasterten Ortslagen wurde es über offene Rinnen vor die Tore befördert. In Gossen und Sammelbecken war das Abwasser ein Eldorado für Krankheitserreger. Ruhr, Cholera, Typhus, Gelbsucht und andere hochansteckende Krankheiten dezimierten die Bevölkerung.

Kanalnetz in Bergheim seit etwa 1900

Schon 2000 Jahre vor Christi Geburt kannte man gemauerte Abwasserkanäle, wie sie am Indus, am Euphrat und später bei den Römern anzutreffen waren. Im derben Mittelalter geriet nicht nur diese Errungenschaft in Vergessenheit. Nachdem die Besiedlung dichter wurde und größere Ortschaften entstanden waren, bedurfte es der oft verheerenden Seuchen, um erneut auf Abhilfe zu sinnen. In Bergheim wurde mit dem Aufbau eines Kanalnetzes um die vorletzte Jahrhundertwende begonnen.

Heute sind die Häuser nahezu flächendeckend und gezwungen an das öffentliche kommunale Kanalnetz angeschlossen. Ausnahmen gelten nur für wenige größere Firmen, die ihr Abwasser selbst aufbereiten. „Die Städte stehen in der Abwasserbeseitigungspflicht“, sagt Jürgen Heering. Als stellvertretender Leiter der Abteilung Tiefbau bei den Bergheimer Stadtwerken kümmert er sich mit seinem Team darum, dass das unterirdische Rohrnetz seinen Aufgaben gewachsen ist und bleibt.

Wasser soll weder zu schnell noch zu langsam fließen

Das Netz fängt klein an. Vor dem Haus in der Einfamilienhaussiedlung nehmen Rohre von rund 30 Zentimetern Durchmesser das Wasser über den Hausanschluss, der bis zur Grundstücksgrenze privat ist, auf. An der Kreuzung werden mehrere Stränge in ein Rohr mit 80 Zentimetern Durchmesser zusammengeführt.

Die Bilder der ferngesteuerten Kamera werden im Kanal-TV-Fahrzeug live auf Monitore übertragen.

Bis zur Kläranlage steigt der Durchmesser auf stattliche 2,60 Meter an. Auf dem gesamten Weg soll das Rohrsystem möglichst ein Gefälle von 0,5 Prozent haben. „Zu langsamer Durchfluss führt ebenso zu Ablagerungen, wie zu schneller“, sagt Umweltingenieur Heering.

Die Serie

Wasser ist Leben. Die alte Weisheit bekommt in den vergangenen Jahren neues Gewicht. Dass Wasser aus der Leitung kommt, nehmen wir als ebenso selbstverständlich hin wie die Tatsache, dass wir im See baden können oder unsere Blumen gießen.

Wir folgen der Spur des Wassers im Rhein-Erft-Kreis, der ja gleich zwei Flüsse im Namen trägt. Wo kommt unser Trinkwasser her, und wie sicher ist, dass es in 50 Jahren immer noch aus dem Hahn fließt? Wie leben Menschen am Rheinufer? Wie viel Wasser wird die Landwirtschaft künftig verbrauchen? Und nicht zuletzt: Welche Rolle spielt das Wasser bei unserer Freizeitgestaltung? Solchen Fragen gehen wir nach.  (uj)

In Bergheim liegen unter den Straßen 338 Kilometer Kanalrohre. Mehr als einen Quadratmeter groß ist der Plan, auf dem das Netz verzeichnet ist, beispielsweise für die Oberaußemer Waldsiedlung. Er gibt auch Auskunft über Grundstücksgröße und versiegelte Flächen. So kann Heering einschätzen, ob es Kapazität für weitere Wohngebiete gibt. Auch die Wartungen und Befahrungen werden anhand des Kartenwerks geplant.

Zwei Spülwagen mit 200 Bar Wasserdruck

Zwei Spülwagen, die das Kanalnetz mit 200 Bar Wasserdruck sauber halten, sind pausenlos im Einsatz, dazu zwei Kanal-TV-Fahrzeuge. Sie haben Kameras an Bord, die auf einem ferngesteuerten kleinen Wagen durch das Rohrnetz fahren und Livebilder auf Monitore ins Fahrzeug senden.

Jürgen Heering plant Wartung und Sanierung der Kanalisation.

„Manche Abschnitte kontrollieren wir nur alle paar Jahre, manche deutlich öfter. Das beruht auf jahrelangen Erfahrungen“, sagt Heering. Mittels der Kamerabilder werden Schäden entdeckt und die beste Abhilfe ersonnen. Das letzte Mittel ist der Neubau. Beton- und Steinzeugrohre hielten. sagt Heering, oft keine 70 Jahre.

Ein maroder Kanal (l.) und ein sanierter Kanal.

Heute werden Kunststoffrohre verbaut, die glatter sind, besser eingeschlämmt werden und dadurch viel länger halten. Günstiger kann oft beim raueren Beton eine Reparatur sein.

Ein sanierter Kanal.

Dazu wird ein mit Harz getränkter, geschrumpfter Kunststoffschlauch aus Polyesternadelfilz in den Kanal eingezogen und dann mit Druck aufgeblasen, damit er sich an das alte Rohr anschmiegt. Inline-Verfahren nennt der Fachmann das.

Essensreste nicht in der Toilette entsorgen

Probleme bereitet der sinkende Grundwasserspiegel. „Das Gelände sinkt ab und das Wasser fließt dann in die falsche Richtung“, sagt Heering. Zur Behebung solcher Fehlentwicklungen werde der Tagebaubetreiber herangezogen. „Wie sich das entwickelt, wenn das Grundwasser in vielen Jahren wieder zurückkommt, weiß niemand.“

Ständig im Auge behalten müssen die Abwassertechniker auch die Ratten. „Die kommen vor allem, wenn zu viel Essensreste über die Toilette in den Kanal geleitet werden“, sagt Heering und appelliert an die Bevölkerung, Reste über die Müllabfuhr zu entsorgen.

Bei den Stadtwerken sind 35 Mitarbeiter im Tiefbau tätig, die Hälfte im Abwasserbereich, wozu auch die Reinigung der Gullys gehört. Auch dafür gibt es ein die Arbeit erleichterndes Spezialfahrzeug mit Kran fürs Anheben der Gullydeckel. Für Sanierung und Instandhaltung des Kanalnetzes geben die Stadtwerke acht Millionen Euro jährlich aus.