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Achterbahn im Brühler FreizeitparkDer Dompteur der „Black Mamba" im Phantasialand

Lesezeit 6 Minuten

Die Black Mamba zählt zu den spektakulärsten Attraktionen im Phantasialand"

Brühl – Wenn Werner Kuhl das Phantasialand betritt, liegen die Fahrgeschäfte noch im Dunkeln. Anstatt der Klänge der Unterhaltungsmusik, Aufrufen zu Shows und dem Jauchzen der Parkgäste ist nur melodisches Vogelzwitschern zu hören. Der Morgen dämmert, die Vögel erwachen, und Werner Kuhl macht sich an die Arbeit. Der 55 Jahre alte Schlosser ist im Wartungsdienst des Freizeitparks tätig. Für ihn beginnt der Tag weit früher, als sich die Tore des Freizeitparks für die Besucher öffnen. Mit 50 weiteren Kollegen ist Kuhl für die Sicherheit der Fahrgeschäfte des Phantasialands zuständig. Und da muss jede Schraube akkurat sitzen, damit die Gaudi beginnen kann.

Beim allmorgendlichen Treffen der Sicherheitsmitarbeiter wird besprochen, welche Kollegen an welchen Attraktionen und Achterbahnen eingesetzt werden. An diesem Morgen ist für Werner Kuhl alles wie gehabt. Er macht sich auf den Weg zur Black Mamba, wie sonst auch. Seine Kollegen werden weiter aufgeteilt.

Für einige geht es heute zur Wildwasserbahn Chiapas, andere treten den Weg in den Themenbereich Wuze Town an. Wieder andere kümmern sich um das große Kettenkarussell Wellenflug, für andere geht’s zu der spektakulären Attraktion Talocan. Jeden Morgen schwärmen die technischen Sicherheitsmitarbeiter zu den Attraktionen aus, um diese auf Herz und Nieren zu prüfen.

Zur besten Achterbahn Europas gekürt

Seit 2006, seitdem die bereits zur besten Achterbahn Europas gekürte Bahn eröffnet wurde, kümmert sich Werner Kuhl um die Kontrolle und Instandhaltung der Black Mamba, die mit fünf Inversionen wie einem Looping, Überschlägen und Schrauben die Parkbesucher in Atem hält. Der Kierberger muss sich heute ranhalten. Es verspricht, ein schöner Sonnentag zu werden, „und wir müssen die Black Mamba um 10 Uhr öffnen“, sagt Kuhl.

Kuhl schaltet die Lichter am Wartungsgleis an. Ein Zug der wilden Achterbahn steht über Nacht immer im Bahnhof. Kuhl wirft einen ersten Blick auf „sein Schätzchen“ und klopft liebevoll auf einen der vielen Sitze: „Na, gut geschlafen?“ Er schmunzelt. Er kennt die Mechanik der Black Mamba wie seine Westentasche.

Ein Zug ist in acht Reihen eingeteilt, jede hat vier Sitze. Also gilt es für Kuhl, jeden Morgen 64 Sitze samt Bügel, Halterungen und Feinmechanik genau unter die Lupe zu nehmen. Hinzu kommen die Schiene und all die Rollen, auf der und mit denen die Black Mamba bei Betrieb in rauschender Geschwindigkeit durch den Freizeitpark saust.

Da gab es gerade einmal den Märchenwald

Der Schlosser nimmt einen Zettel entgegen, quasi ein Übergabeprotokoll, auf dem Probleme notiert sind, die am Vortag bemerkt wurden. „Aha, eine Feder quietscht“, liest der Schlosser. „Kein Problem, das kriegen wir schnell wieder hin.“ Das Metallteil wird ausgetauscht. Auch beim Schließen eines Sicherheitsbügels soll ein knarrendes Geräusch gehört worden sen. „Da gehört sicher Öl dran“, vermutet Kuhl. „Ich schaue mir alles ganz genau an.“ Ölflasche und Taschenlampe sind seit seinem ersten Arbeitsjahr im Phantasialand Werner Kuhls ständige Begleiter. 1980 hat er dort als Schlosser im Wartungsdienst angefangen – gemeinsam mit vier weiteren Kollegen. Da gab es gerade einmal den Märchenwald mit einigen Attraktionen, noch nicht einmal China-Town. „Dafür wurde die Wildwasserbahn gerade neu gebaut“, erinnert sich Kuhl.

Während er redet, überprüft er die Sicherheitsgurte der Black Mamba. Jeder einzelne Gurt wird in das Schloss gesteckt. Dann lässt Kuhl es wieder aufspringen. Er hört genau, ob die Mechanik funktioniert oder ob auch nur ein kleines Detail hakt.

Kuhl erzählt von den Anfängen des Freizeitparks. „Die Wildwasserbahn war damals der Wahnsinn.“ Damit die Fahrgäste dort jeden Tag sicher ihre feucht-fröhlichen Runden drehen konnten, setzten Kuhl und seine Kollegen Ölflaschen und Schraubenschlüssel an.

„Heute ist alles viel schneller“

„Heute ist alles viel schneller, spektakulärer und entsprechend natürlich viel aufwendiger zu warten“, erklärt Kuhl. „Die Anforderungen an die Sicherheit sind enorm gestiegen, und das ist auch richtig so.“ Der Brühler nickt, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. „Heute muss man von allen Seiten gucken.“

Natürlich unterstützt die moderne Technik Kuhl und seine Kollegen. Allein auf der Strecke der Black Mamba sind mehr als 100 Sensoren eingebaut. So wird die Geschwindigkeit der Bahn ständig kontrolliert. Auch technische Mängel – sollte es welche geben – werden sofort bemerkt. Kuhl: „Den Sensoren entgeht nichts.“ Ihm aber auch nicht, denn Kuhl kennt nahezu jedes Geräusch, das die Bahn macht und wie es klingt, wenn etwas nicht stimmt.

Er steigt auf eine Empore am Abstellgleis und kontrolliert die Technik oberhalb der Schiene. Ein Zug hat 16 Radschilder, an jedem befinden sich zwei Laufräder, zwei Fangrollen und zwei Steuerrollen.

Kuhl beugt sich über die mit afrikanischen Mustern bemalten Klappen, öffnet jede einzelne und checkt alle Räder. „Leicht gängig“, murmelt er. „Gummi- und Polyamidräder: nicht verschlissen.“ Er rappelt an den Achsen. Sein Urteil: „Prima“. Auch die Schlepphaken sind in einem einwandfreien Zustand. Kuhl: „Sie rasten perfekt in die Kette ein.“ Und die Bremsbacken? „Bestens!“ Die Bremsanlagen werden jeden Tag kontrolliert. Kuhl weiß: „Wir haben hier Federspeicherzylinder. Die sind immer geschlossen und werden nur durch Luftzufuhr geöffnet.“ Sobald Luft in den Zylinder eingespeist wird, drückt diese die Bremse auseinander. „So funktionieren unsere Sicherheitsbügel auch“, erklärt Kuhl.

Keine Gefahr - auch bei Stromausfall

„Die Grundposition ist immer geschlossen.“ Daher sei der Stromausfall an Ostern in keiner Weise eine Gefahrensituation für die Parkbesucher gewesen. Werner Kuhl: „Ohne Strom konnte die Luft nicht eingespeist werden, also blieben die Bremsen und die Sicherheitsbügel geschlossen. Sicher hat das bei vielen erst einmal für Beklemmungen gesorgt. Gerade wenn ein Sicherheitsbügel nicht aufgeht.“

Einmal im Monat geht Kuhl zusätzlich mit einer Messuhr an die Räder. „Damit arbeiten wir auf Hundertstel“, sagt er. „Das Gerät erkennt einen Höhenschlag und sogar, wenn ein Sandkorn auf einem Rad ist.“ Pro Saison werden an einem Zug rund sieben Räder ausgetauscht.

So langsam erwacht das Leben im Bahnhof der Black Mamba. Die ersten Servicemitarbeiter kommen in afrikanische Trachten gehüllt und begrüßen Werner Kuhl. „Wir sind gleich so weit“, ruft der Brühler. Er lässt jeden einzelnen der 64 Sicherheitsbügel einrasten.

Der Mitarbeiter im Fahrerstand kontrolliert, ob bei jedem Bügel, den Kuhl schließt, auch das zuständige Sicherheitslämpchen am Elektropult grün aufleuchtet. Solange ein Bügel nicht richtig geschlossen ist, kann die Black Mamba nicht fahren.

Kuhl ist zufrieden und gibt den Mitarbeitern ein Zeichen, dass die Achterbahn für die erste Fahrt des Tages bereitsteht. Denn jeden Tag fährt die Black Mamba, frisch inspiziert von Kuhl, ein oder zwei Runden ohne Passagiere. Und jedes Mal schaut Kuhl bis zum letzten Zentimeter. Bevor die Bahn wieder im Bahnhof stoppt, ob „sein Schätzchen“ in einem Top-Zustand ist. „Bis morgen“, verabschiedet sich Werner Kuhl, „in aller Frühe.“