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Votum für BürgerräteAusgeloste Einwohner sollen in Brühl der Politik bald Ratschläge geben

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Zu sehen ist das Brühler Rathaus.

Bürgerräte könnten künftig Empfehlungen für die Entscheidungen im Rathaus geben.

Die rot-grüne Mehrheit lässt die Einführung der Gremien trotz intensiver Widerrede prüfen. Bürgerräte sollen herausragende Themen in den Blick nehmen.

In Brühl könnten in Zukunft zufällig ausgeloste Gruppen von Bürgern Empfehlungen für Verwaltung und Politik zu bestimmten Themen ausarbeiten. Einem Antrag von SPD und Grünen folgend, beauftragte der Rat die Verwaltung mit der Prüfung einer Implementierung sogenannter Bürgerräte.

Es gehe darum, mehr Demokratie zu wagen, wurde Marcus Venghaus, Fraktionschef der SPD, nicht müde zu betonen. Es sei wichtig, die Bürger bei weitreichenden Vorhaben zur Mitbestimmung ins Boot zu holen und Menschen die Chance zu eröffnen, sich mit Verwaltung und Fachleuten, etwa Architekten, auszutauschen, um zu einem Vorschlag zu kommen, den die Politik dann bewerten müsse. Dies erzeuge zudem ein besseres Verständnis der Abläufe. Klar sei aber auch: „Der Bürgerrat übernimmt nicht die Entscheidungen des Rates“, so Venghaus.

CDU hält bestehende Formate für ausreichend

Die Idee fand nicht nur Zustimmung. Holger Köllejan, CDU-Fraktionsvorsitzender, monierte, man habe „andere Probleme, als Bürgerräte zu schaffen“. Die derzeitigen Formen der Bürgerbeteiligung funktionierten gut und seien ausreichend. Zudem könne ein Bürgerrat mit vielleicht 50 Teilnehmer nicht repräsentativ und dessen Empfehlungen kaum bindend sein, „sonst wäre das Minderheitendiktat“.

Er sehe auch die Beschäftigung von zufällig ausgelosten Bürgern mit „hochkomplexen Themen“ kritisch. Auch würde die Betreuung der Gremien viel Personal der Verwaltung binden und Steuergeld kosten.

Daniel Buncic, stellvertretender Grünen-Fraktionschef, betonte, es gehe um Mitbestimmung bei Millionen-Projekten, da sei es sinnvoll, ein paar Tausend Euro auszugeben, „damit alle Perspektiven berücksichtigt sind“. Grünen-Vorsitzende Simone Holderried findet, die Bürgerräte böten die Möglichkeit, „diejenigen zur Sprache kommen zu lassen, die nicht durch Fraktionen abgebildet sind“. Es brauche aber mehr als ein Dafür oder Dagegen. „Wir brauchen die Zwischentöne“, erklärte sie. Keineswegs sei beabsichtigt, bei jedem x-beliebigen Thema einen Bürgerrat einzusetzen.

Eine immensen Aufwand für die Stadt sieht Jochem Pitz, FDP-Fraktionschef. Zudem befürchte er eine Schwächung der Demokratie. „Die Leute werden sich fragen, ob die gewählten Ratsleute es nicht können oder nicht wollen.“ Wenn Beschlüsse des Bürgerrates nicht umgesetzt würden, weil politischer Wille oder Geld fehle, sorge das für Frust, so Pitz.

Der Verein „Mehr Demokratie“ aus Köln begrüßt die Einführung von Bürgerräten. Sie seien ein weltweit immer mehr gefragtes und genutztes Demokratie-Instrument. Deutschland sei zusammen mit Australien und Japan Vorreiter. Geloste Bürgerbeteiligungen gebe es „schon seit 1972, als in Schwelm die ersten gelosten Planungszellen stattfanden“.