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Schnaps aus BrühlWie der Waldmeister-Likör „Flimm“ zur Erfolgsstory wurde

Lesezeit 4 Minuten

Leuchtend grün und äußerst beliebt ist der Waldmeisterlikör, den der Hersteller Flimm in Brühl produziert.

  1. DIe Erfolgsgeschichte begann vor 10 Jahren: Im November 2008 verkaufte das Unternehmen gerade einmal 30 Liter von dem Getränk auf Wodka-Basis
  2. Inzwischen entwickelte Geschäftsführer Carl Flimm weitere beliebte Liköre wie „Bärbelchen“ oder den „Glitter-Pitter“
  3. Vor allem die regionale Verbundenheit wissen Kunden zu schätzen – auch die zum Karneval

Brühl – Die entscheidende Hürde auf dem Weg zum Durchbruch nahm „Waldmeister 11“ an einem Wochenende in der Küche von Carl Flimm. „Meine Frau war eigentlich kein großer Anhänger dieser Geschmacksrichtung, aber trotzdem sofort überzeugt“, erinnert sich der Geschäftsführer der Brühler Flimm GmbH. Dass an diesem Abend in den eigenen vier Wänden eine Erfolgsstory begann und ein Getränk den ersten Test bestand, das einmal den halben Absatz seines Unternehmens ausmachen würde, ahnte er nicht.

Flimm, der den Spirituosen-Hersteller in dritter Generation führt, war zuvor auf der Suche nach Ideen für neue Rezepturen über eine alte Vorliebe gestolpert: Waldmeister. „Ich mochte immer schon grünen Wackelpudding, und in Norddeutschland gab es auch schon Liköre mit diesem Geschmack“, sagt er. Das Muster, das sein Destillateur gemischt hatte, hob sich dennoch offenbar von den bekannten Getränken ab.

Schnapsverkauf lief anfangs noch bescheiden

Nicht nur seine Frau Christiane war von dem süßen, grünen Drink mit 17 Prozent Alkohol überzeugt, auch die Außendienst-Mitarbeiter des Unternehmens berichteten einige Zeit später von uneingeschränkt positiver Resonanz in Kneipen und Clubs. „Es war relativ schnell klar, dass wir die Idee durchziehen und auf den Markt bringen würden“, sagt Flimm.

Gewissermaßen die kleine Schwester des Waldmeister-Likörs ist das Wodka-Maracuja-Getränk Bärbelchen.

Der Anfang war jedoch bescheiden. Im November 2008 verkaufte sein Unternehmen gerade einmal 30 Liter von dem Getränk auf Wodka-Basis. Einen Monat später waren es bereits 1.600. Und die Kurve zeigte weiter nach oben. „Getragen wurde der Erfolg von Mundpropaganda. Wir haben uns gefragt, was ist denn jetzt los?“, erinnert sich Flimm. Heute, rund zehn Jahre später, füllen seine Mitarbeiter rund 250.000 der Liter-Flaschen im Retrolook ab.

Das alles geschieht im Brühler Osten, hinter einer eher unscheinbaren Fassade. Seit das Unternehmen den Sitz an der Roonstraße unweit des Kölner Barbarossaplatzes Ende der 70er-Jahre verließ, ist es dort im einstigen Zentrallager einer Supermarktkette zu Hause. Für den Hersteller eines Drinks, der in Kölner Szenebars und Clubs angesagt ist, geht es überraschend bodenständig zu.

Zutaten für das „Schnäpsle“ kommen aus der Region

Trotz des Erfolgs von „Waldmeister 11“, der in der Region unter dem Namen „Flimm“ bekannt ist, wachsen die Bäume nicht in den Himmel. „Unsere Produkte verkaufen wir zum allergrößten Teil im Umkreis von 50 Kilometern“, sagt der 55-jährige Geschäftsführer, darüber hinaus werde es äußerst schwierig. Denn um die Bars in anderen Teilen der Republik und – noch viel wichtiger – um, die Regale der Supermärkte zu erobern, seien ganz andere Maßnahmen in Sachen Außendienst und Marketing nötig, die die 20-Mitarbeiter-Firma nicht stemmen könne. „Wir haben nicht viel Geld für Werbung“, sagt Flimm.

Geschäftsführer Carl Flimm leitet den Brühler Spirituosen-Hersteller in dritter Generation.

Doch das stört ihn nicht. Man sei immer ein regional tätiges Unternehmen gewesen. Auch in den Zeiten, als der Kräuterlikör Kabänes noch das große Zugpferd war. Lange bevor Geschäfte und Produzenten Regionalität zum Trend erhoben hätten, habe man die Zutaten in der Umgebung eingekauft und seine Liköre und Schnäpse eben auch rund um Köln verkauft.

„Die Verbundenheit zum Rheinland und zum Karneval gehören bei uns schon immer dazu“, sagt der Sohn des langjährigen ADAC-Präsidenten Otto Flimm. Die Tradition seines Unternehmens und die Kenntnisse über die Branche verpflichten zudem zu Bescheidenheit. „Man weiß nie, wie lange so ein Trend anhält. Außerdem bewegen wir uns in einem schrumpfenden Markt“, sagt Flimm. Er hat andere „In“-Getränke wie Apfelkorn und Persiko kommen, aber eben auch gehen sehen.

Bärbelchen und Glitter-Pitter

Deshalb will er sich nicht verheben, aber natürlich dennoch die guten Zeiten nutzen. „Der Erfolg von »Waldmeister 11« hat bei uns für neuen Schwung und Nachfrage bei jüngerer Klientel gesorgt. Das hat dem Unternehmen sehr gut getan“, sagt der Betriebswirt.

Inzwischen hat er nachgezogen. Weitere Liköre kreiert. Das Wodka-Maracuja-Getränk Bärbelchen etwa oder den Glitter-Pitter, einem Blaubeer-Schwarzbeer-Likör mit kleinen Glitzerteilchen. „Wir sind bei den Innovationen nicht immer Pioniere, aber laufen eben mit offenen Augen durch die Welt“, sagt Flimm. Man müsse sich auch stets etwas Neues einfallen lassen, um das Unternehmen auf Kurs zu halten und die Arbeitsplätze zu sichern.

Angst vor Nachahmern bei seinem Volltreffer hat er nicht. Natürlich gebe es inzwischen Konkurrenz-Produkte. „Aber die Leute wissen, dass wir alles in der Region herstellen und nehmen uns als das Original bei den Waldmeister-Likören wahr“, sagt Flimm. Mit anderen Worten: Er wird sich noch eine Weile auf den Erfolgsdrink verlassen können, der einst in der heimischen Küche seinen ersten Härtetest bestand.