Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Rathausschlüssel abgeluchstJecken in Brühl erleben Bürokratieabbau der schönsten Art

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen ist Bürgermeister Dieter Freytag bei der Übergabe des Schlüssels.

Prinz Fabian I. (Brück), Bauer Marcel (Müller) und Jungfrau Angelina (Andreas Brilatus) aus den Reihen der KG Brühl-West von 1972 haben Bürgermeister Dieter Freytag den Rathaus-Schlüssel abgeknöpft. 

Beim Rathaussturm in Brühl beweist das Dreigestirn seine Schlagfertigkeit und lässt sich auch von Aktenschnipseln nicht stoppen.

Nach all den Jahren als Bürgermeister und zahlreichen Rathauserstürmungen hätte sich Dieter Freytag eigentlich denken können, dass Widerstand gegen die jecke Übermacht zwecklos ist. Aber das Stadtoberhaupt mühte sich am Weiberfastnachtsvormittag tapfer, das Sagen im Rathaus zu verteidigen.

„Hück kanns De leider nit erinn!“, konterte er das Ansinnen von Prinz Fabian I. (Brück), ihm den goldenen Schlüssel zu entreißen. Man brauche im Rathaus auch mal seine Ruhe. Der Schreibtisch bleibe abgedunkelt und in den Amtsstuben werde nicht geschunkelt.

In Brühl wird der Bürgermeister auf den Arm genommen

Das Trifolium um Fabian I., Bauer Marcel (Müller) und Jungfrau Angelina (Andreas Brilatus) aus den Reihen der KG Brühl-West hatte zuvor siegessicher verkündet: „Leev Jecke, leev Pänz he op dem Maat – jetz es he Stimmung anjesaat!“ Und den Bürgermeister dann noch das ein oder andere Mal in bestem Kölsch auf den Arm genommen.

Die Übersetzung ins Hochdeutsche war nicht minder humorvoll: Brühl, das sei eine schöne Stadt, warum die bloß alles doppelt hat? Zwei Schlösser, Rathäuser und dann noch eine doppelte Feuerwache irgendwann, so der Prinz über das geplante Millionen-Projekt, das in der Stadt seit Monaten die Gemüter erhitzt. Schließlich rief er: „Attacke, Marsch un Bröhl Alaaf“ und schickte damit die Karnevalisten über die Leiter hinauf zum Rathausfenster, um endlich Fakten zu schaffen und Freytag den begehrten Schlüssel abzuknöpfen.

Der Bürgermeister und seine Getreuen warfen den anstürmenden Karnevalisten haufenweise Aktenschnipsel entgegen. Doch auch diese pragmatische Art des Bürokratieabbaus half ihm nicht. Um 11.22 Uhr war er den Schlüssel quitt.

Von da an wurde noch ausgelassener auf und vor der Bühne auf der Uhlstraße gesungen und geschunkelt. Schließlich übergaben die Moderatoren Roland Mohlberg und Georg Müller das Mikrofon an das Kinderdreigestirn mit Prinz Ben I. (Prickartz), Jungfrau Amelie (Goldschmidt) und Bauer Benjamin (Scheid) von den Fidelen Bröhler Falkenjägern. Das Trio verlas die Gebote für die tollen Tage, forderte die Siebentagewoche mit null Hausaufgaben, Plätze in der ersten Reihe für die Pänz bei allen Zügen und eine Tariferhöhung beim Taschengeld.

Ich konnte mir das vorher nicht vorstellen, es ist alles so schön
Der Brühler Prinz Fabian I. (Brück)

Das große Dreigestirn stand ihnen in nichts nach, rief dazu auf, beim Feiern aufeinander zu achten und kündigte an, während der jecken Tage nur fröhliche Gesichter zu akzeptieren. Andernfalls drohe die Verbannung nach Düsseldorf.

Prinz Fabian gab ein gutes Vorbild ab. „Ich konnte mir das vorher nicht vorstellen, es ist alles so schön“, sagte er mit einem Strahlen im Gesicht. Dann machte er sich auf zu den vielen Terminen — im Gepäck, gut verstaut, den Schlüssel, den er Freytag vorerst abgeknöpft hat.