Die Karfreitagsprozession machte an fünf alltäglichen Orten in der Brühler Innenstadt Station
KarfreitagRund 70 Christen trugen das Kreuz durch Brühl
Das Kreuz wog schwer. Schreiner Winfried Hannrath hat es vor Jahren geschaffen. „Es ist massiv, aus Eschenholz, etwa zwölf Kilogramm schwer und hat die Proportionen eines etwa 180 Zentimeter großen Menschen“, sagt Hannrath. Abwechselnd, immer zu zweit, trugen es die Christen am Freitag auf ihren Schultern durch die Brühler Innenstadt.
Es ist ein besonderer Kreuzweg, zu dem Peter Berger und sein Team seit 2012 jedes Jahr (mit Ausnahme während der Pandemie) einladen. Denn die insgesamt fünf Stationen plus Vorstation sind nicht speziell für den Kreuzweg gefertigt, sie befinden sich im alltäglichen Leben – mitten in Brühl. „In einem kleinen Arbeitskreis haben wir sie ausgearbeitet“, berichtete Peter Berger. Dabei sei auch immer die Polizei.
Bewusst führe der Kreuzweg mitten durch das öffentliche Leben, über Straßen, vorbei an Wohnhäusern, Geschäften und Cafés. Dabei gehe es nicht nur darum, als Christen sichtbar zu sein. Jeder Mensch solle sich auch spontan und unabhängig von seiner Konfession der Gruppe anschließen dürfen. Ein Kreuz hätten schließlich nicht nur Christen in ihrem Leben zu schleppen.
Treffpunkt war das Kuckuckstor am Eingang zum Brühler Schlosspark
In seiner Begrüßung wies Berger auch auf das Begleitheft mit Liedertexten und abstrakten Bildern hin. „Mit ihnen stellen wir diesen Tag unter den Begriff Zumutung“, sagte er. Und dann erinnerte er an die Zumutung, die gerade überall diskutiert werde, dass sogar der Karfreitag, „durch seine Stille im öffentlichen Raum eine Zumutung“ sei. Eine Zumutung sei auch „das Kreuz, als Bekenntniszeichen der Christen“.
Mehr als 70 Christen waren am Vormittag zum Treffpunkt Kuckuckstor am Eingang zum Brühler Schlosspark gekommen. Nebenan im Jardin Secret – symbolisch der Garten Getsemani – schuf Winfried Hannrath in seinem Text den Bezug zum 21. Jahrhundert. Jesus habe in dieser letzten Nacht vor seinem Tod nicht schlafen können und habe Ruhe im Garten Getsemani gesucht.
Auch heute hätten Menschen etwa bei Krankheit, aber auch im Krieg Angst vor dem, was sie erwarte. Die nächste Station war das Amtsgericht, wo täglich Urteile gesprochen werden. André Vieren berichtete dort, wie Jesus vor Pilatus stand, der ihn hätte begnadigen können, ihn aber zum Tode verurteilte, weil das Volk schrie: „Ans Kreuz mit ihm!“. „Wo haben wir Macht über andere und wie gebrauchen wir sie?“, fragte Vieren.
Weiter ging es zum Krankenhaus – das Sebastian Schmidt als Ort der Hilfe, aber auch als Ort des Leidens vorstellte. An der nächsten Station am Treffpunkt für Menschen in Not berichtete Stefan Witwicki von Veronika, die Jesus das Schweißtuch reichte. Von dort ging es zum Mahnmal der Synagoge.
Das Mahnmal spricht für sich. Jesus wurde seiner Kleider geraubt und seiner Würde. „Nackt, entblößt, öffentlich ausgeliefert“, erklärte Reiner Besse vom Diözesanvorstand. Und bestimmt und energisch betonte er: „Nie wieder wollen wir uns fremdes Eigentum aneignen, nie wieder Unrecht geschehen lassen und tatenlos zusehen, nie wieder schweigen, wenn andere missachtet und verhöhnt werden – nie wieder ist jetzt.“ Die letzte Station war der alte Friedhof, die Kreuzigungsgruppe – Jesus stirbt am Kreuz.