BrühlMax-Ernst-Museum funktioniert auch ohne Besucher
Brühl – Das klingt nach einem Traum für Kunstfreunde: allein im Museum. Keiner, der sich breit vor ein Bild stellt. Keiner, der drängelt, weil er rasch einen Blick auf eine Skulptur erhaschen will. Keine Banausen, keine Besserwisser. Robert Senkel ist Tag für Tag in dieser luxuriösen Situation, jetzt, wo das Max-Ernst-Museum geschlossen ist. Dumm nur, dass er kaum Zeit hat, all die Werke zu genießen. Denn Senkel ist zuständig für die gesamte Technik in dem Gebäude. Und die muss funktionieren, mit oder ohne Besucher.
Weniger Arbeit habe er nicht, seit das Museum wegen der Corona-Regeln geschlossen sei, sagt der Techniker. Eher im Gegenteil: „Jetzt kann ich Dinge erledigen, die ich mit Publikumsverkehr nicht machen kann.“ So hat er zum Beispiel die langen Lichtschächte in der Decke aufgemacht, die Scheiben gereinigt und die Leuchtmittel erneuert. „Das Museum ist vor 15 Jahren eröffnet worden, da wurde es jetzt Zeit.“ Durchaus stolz verweist er auf ein Bild in der aktuellen Ausstellung mit Arbeiten von Max Beckmann. Das Gemälde scheint zu strahlen. Er habe es so beleuchtet, dass kein Licht auf den Rahmen falle, obwohl keine Lampe einen viereckigen Schein erzeuge. Senkel: „Aber ich habe es hinbekommen.“
Senkels Reich unter der Erde
Flüssig zählt er auf, was alles nötig ist, um das Museum sicher zu betreiben – sicher für die Besucher, aber auch sicher für die kostbaren Ausstellungsstücke. 16 Lüftungsanlagen gibt es und eine Wasseraufbereitungsanlage. Denn mit dem Brühler Leitungswasser würden die Geräte, die für konstante Luftfeuchtigkeit in den Räumen sorgen, schnell den Geist aufgeben. Im Keller, fast zehn Meter unter der Erde, zeigt Senkel sein Reich. Heizung, Fettabscheider für das Museumsrestaurant, Batterieanlage, Kältemaschine, Entrauchungsanlage. Was für den Laien ein Gewirr aus Kästen und Rohren ist, kennt er wie seine Westentasche. Schließlich arbeitet er seit 2007 hier.
Und dann gibt es noch so Kleinigkeiten wie die Schilder an der Decke, die im Ernstfall den Fluchtweg weisen. Ob sie ordnungsgemäß leuchten, wird jede Woche kontrolliert. Oder die neue Beleuchtung für das Lehrerkollegium der Schule für Totschläger auf dem Vorplatz des Museums: Die Skulpturen sind jetzt von unten angestrahlt.
Eher mehr zu tun
Henkel ist nicht der einzige, der im stillen Museum arbeitet. Und auch nicht der einzige, der durch die Schließung eher mehr als weniger zu tun hat. Einen nicht unerheblichen Teil ihrer Zeit und Energie investieren Museumsdirektor Dr. Achim Sommer und sein Team in das Bemühen, die Beckmann-Ausstellung zu verlängern. Eigentlich sollen die Arbeiten des Malers und Grafikers bis Ende Februar gezeigt werden, jetzt laufen Verhandlungen mit Leihgebern, um wenigstens einen Monat mehr auszuhandeln.
Zwischendurch hat Sommer einen Termin vor der Kamera. Denn das Museumsteam arbeitet daran, auf digitalen Kanälen präsent zu sein. Beim „Team Tuesday“ stellen jeweils dienstags Mitarbeiter ein Werk aus der Ausstellung vor. Digitale Führungen durch die Präsentationen sind schon im Netz zu finden, jetzt ist auch ein Podcast geplant. Außerdem gibt es Kurzvideos auf Instagram.
„Es ist schon schade“
Vera Bornkessel hat als wissenschaftliche Volontärin im Max-Ernst-Museum die Beckmann-Ausstellung mitkuratiert, hat Bilder ausgewählt und überlegt, wie sie wo gehängt werden. „Es ist schon schade“, sagt sie über die Schließung. „Es ist mein erstes großes Projekt, und ich habe es noch nicht einmal all meinen Freunden und meiner Familie zeigen können.“
„Es tut mir in der Seele weh“, klagt auch Irmgard Schifferdecker, die für Kunstvermittlung zuständig ist. Das Fantasielabor liege im Dornröschenschlaf, wo sich sonst Kinder drängen, um sich als kleine Künstler zu betätigen, herrscht gähnende Leere. Schifferdecker selbst arbeitet an neuen Konzepten und Formaten. Und am Museumskoffer, einem „Museum to go“, wie sie sagt. Schulen und Kitas können mit diesem Koffer den Kindern Einblick in die Kunst Max Ernsts bieten, in den Kindergärten spielerisch wie ein Schatzsuche, für die Schulkinder etwas anspruchsvoller. Gerade die Zusammenarbeit mit den Schulen liege ihr sehr am Herzen, sagt Schifferdecker: „Da erreichen wir Kinder, die sonst gar keinen Zugang zur Kunst bekämen.“
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Aber sie bleibt optimistisch, dass die Museumspädagogik bald wieder durchstarten kann. „Das Programm dazu habe ich in der Schublade.“